Annika KloseSPD - Bürgergeld-Gesetz, Sozialer Arbeitsmarkt
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer/-innen! Mehr Respekt, mehr Chancen, mehr Sicherheit, eine sozialere Politik für dieses Land – das bedeutet das neue Bürgergeld, das wir hier heute diskutieren.
Das Bürgergeld ist eine grundlegende Reform unserer sozialen Sicherungssysteme. Gerade deswegen ist es wichtig, dass die Menschen in diesem Land darüber Bescheid wissen, was geplant ist und worauf sie sich dabei einstellen können. Doch auch in dieser Debatte wird von verschiedenen Seiten mal wieder gezielt Desinformation verbreitet. Deswegen möchte ich die Gelegenheit jetzt mal nutzen, um hier mit ein paar Thesen aufzuräumen:
Erstens. Die AfD behauptet, das Bürgergeld sei ein bedingungsloses Grundeinkommen. Das stimmt nicht.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Ich habe das gerade erklärt!)
Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist eine Geldsumme, die ohne Vorbedingung an alle Bewohner/-innen eines Landes ausgezahlt wird. Das Bürgergeld steht zwar grundsätzlich allen Menschen in Deutschland zu, aber es ist an Bedingungen geknüpft.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der SPD: Genau!)
Das Bürgergeld wird an Menschen ausgezahlt, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft bestreiten können, beispielsweise weil sie arbeitslos sind oder weil sie nicht arbeiten können.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: … oder weil sie nur 150 000 Euro Vermögen haben!)
Dafür muss ein Antrag gestellt werden, und der wird überprüft.
Klar ist: Wer Hilfe braucht, soll diese auch bekommen, und zwar möglichst einfach und unbürokratisch. Deswegen vereinfachen wir ja auch den Antrag und führen eine Karenzzeit von zwei Jahren ein,
(Zuruf von der AfD: Aha!)
sodass man nicht direkt auch noch die Wohnung oder die Rücklage fürs Alter verliert, wenn man gerade auch schon seinen Job verloren hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] – Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])
Klar ist aber auch, dass auch Menschen, die das Bürgergeld bekommen, dann mit dem Jobcenter zusammenarbeiten müssen. Gemeinsam wird dann geschaut, dass die Menschen möglichst gut dabei unterstützt werden, wieder auf die eigenen Beine zu kommen. Dabei muss man mitmachen.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Nee, muss man nicht!)
Das heißt „Mitwirkungspflichten“. Es gibt also Bedingungen, die man erfüllen muss, um das Bürgergeld zu bekommen,
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Nee!)
und dementsprechend ist es kein bedingungsloses Grundeinkommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Norbert Kleinwächter [AfD]: Nein! Es entfällt nicht! Es entfällt nie, selbst wenn die Leute gar nicht mitmachen!)
Zweitens. Eine weitere verbreitete Annahme ist, dass das Bürgergeld eine reine Umbenennung von Hartz IV sei, quasi Hartz IV mit neuem Anstrich. Auch das ist nicht richtig.
(Jessica Tatti [DIE LINKE]: Doch, das ist richtig!)
Das Bürgergeld bedeutet einen echten Kulturwandel im Umgang mit den Menschen im Leistungsbezug.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Na ja!)
Mit dem Bürgergeld-Gesetz wollen wir dafür sorgen, dass den Menschen, die Unterstützung brauchen, nachhaltig geholfen wird, wieder auf die eigenen Beine zu kommen. Es geht darum, die Menschen da abzuholen, wo sie sind, und mit guter Beratung, passgenauer Qualifizierung und individuellen Lösungen eine langfristige Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und es ist keineswegs so, wie es die AfD und die Union gerne behaupten, dass die Menschen in der Grundsicherung grundsätzlich nicht arbeiten wollten oder „faul“ seien
(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Das hat keiner gesagt!)
und wenn man die Leistungen bloß genug kürze, plötzlich alle Leute in Arbeit seien. Den Eindruck hat man ja, wenn man Ihnen so zuhört. Das ist nicht nur ein absolut absurdes Menschenbild, das Sie da an den Tag legen, sondern es widerspricht auch völlig der Realität.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Die übergroße Mehrheit der Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, haben zum Beispiel gesundheitliche Einschränkungen und können ihren Beruf nicht mehr ausüben. Die Statistik zeigt außerdem, dass es vor allem für ältere Menschen und zum Beispiel auch für Alleinerziehende sehr schwer ist, wieder in Arbeit zu kommen. Hier geht es doch darum, zu empowern, zu qualifizieren, umzuschulen und neue Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen vermittelt werden können und Kinder auch für Alleinerziehende nicht zur Armutsfalle werden. Und genau dafür schaffen wir mit dem Bürgergeld neue Instrumente und Möglichkeiten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Der Kern der Reform ist, dass wir dafür sorgen wollen, dass Menschen in allen Lebenslagen mit Respekt und auf Augenhöhe begegnet wird, dass sie da abgeholt werden, wo sie stehen, dass neue Wege mit den Menschen gemeinsam erarbeitet werden und nicht gegen sie, dass wir ihnen grundsätzlich mit Vertrauen begegnen und dass wir nicht immer überall erst mal Misstrauen säen.
(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Das ist kein Misstrauen!)
Das ist nicht nur was Neues für Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, sondern auch für unsere Sozialgesetzgebung. Deswegen ist das Bürgergeld wirklich eine grundlegende Reform, mit der wir etwas Neues anstoßen.
Ich freue mich sehr auf das parlamentarische Verfahren, um das wirklich sehr gute Gesetz noch besser zu machen.
(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Och, dann wird es „noch besser“!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Markus Reichel.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546851 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 60 |
Tagesordnungspunkt | Bürgergeld-Gesetz, Sozialer Arbeitsmarkt |