13.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 60 / Zusatzpunkt 3

Ann-Veruschka JurischFDP - Migrationspolitischen Sonderweg in Europa sofort beenden

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Als ich Ihren Antrag gelesen habe, habe ich gedacht: Wie gut, dass wir als Ampelkoalition in der Migrationspolitik endlich Fortschritt gestalten können.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ja, über die klassischen Fluchtrouten kommen in diesem Jahr deutlich mehr Menschen als in den beiden Coronajahren davor. Dieses Jahr haben bei uns – wie Sie auch gesagt haben – bisher 156 000 Menschen einen Asylantrag gestellt. Das sind 20 Prozent mehr als 2019, dem letzten Vor-Corona-Jahr, im gleichen Zeitraum. Aber das sind bei Weitem nicht die Zahlen wie 2015 und 2016. Also, keine falschen Narrative!

Für die Kommunen ist doch im Moment das Hauptproblem, über 1 Million geflüchtete Menschen aus der Ukraine unterzubringen. Das ist eine riesige Herausforderung für unsere Kommunen.

(Zuruf des Abg. Alexander Throm [CDU/CSU])

Das Hauptproblem, das wir Moment haben, ist Putins Krieg, und es sind nicht die Flüchtlinge auf der Balkanroute. Angstpolitik ist gerade jetzt wirklich komplett verfehlt.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Alexander Throm [CDU/CSU])

Für unsere Kommunen wünsche ich mir von Ministerin Faeser neben den vielen guten Maßnahmen, die sie eingeleitet hat, sehr klare Worte in Richtung ihrer europäischen Kollegen im Rat der Innenminister, der heute und morgen stattfindet. Denn ganz besonders muss im Rat der bisher wirklich nicht funktionierende, freiwillige Solidaritätsmechanismus zur Umverteilung von Flüchtlingen aus der Ukraine ein großes Thema werden. Da geht wirklich mehr; hier brauchen wir kreative Lösungen. Wieso kann zum Beispiel Frankreich nicht ganz pragmatisch aus grenznahen Regionen in Deutschland ukrainische Geflüchtete aufnehmen? So was muss thematisiert werden.

Ich möchte aber trotzdem hier – weil Ihr Antrag das ja auch herausfordert – über die Menschen sprechen, die in diesem Jahr irregulär bei uns eingereist sind – genauso übrigens auch wie in den Jahren unter Herrn Seehofer. Es sind nach wie vor zu viele Menschen, die auf gefährlichen Wegen zu uns gelangen. Viele davon sind Menschen, die in ihrer Heimat keine Perspektive für sich sehen. Wir Freie Demokraten schlagen zusammen mit unseren Koalitionspartnern einen neuen Weg vor. Neben Schutz, Verfahrensbeschleunigung und Rückführungsoffensive gibt es ein weiteres wirksames Mittel gegen irreguläre Migration, über das bisher viel zu wenig gesprochen wurde: Wir brauchen mehr legale Migrationswege zu uns, und zwar in unseren Arbeitsmarkt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dass das funktioniert, zeigt uns die Westbalkanregelung, die Sie in der Großen Koalition ja eingeführt haben: Menschen aus den Westbalkanstaaten, die einen Arbeitsplatz bei uns vorweisen können, können zu uns kommen. Das Ergebnis: Der irreguläre Migrationsdruck aus diesen Ländern hat massiv abgenommen. Die Mehrheit dieser Menschen arbeitet bei uns als Fachkräfte. Die Wirtschaft bittet dringend darum, die Westbalkanregelung zu entfristen und die Kontingentierung aufzuheben. An diesem Erfolgsmodell wollen wir anknüpfen, und wir wollen es ausweiten.

Es bringt den einwandernden Menschen, die einfach bei uns arbeiten wollen, Nutzen, da sie keine Fluchtwege einschlagen müssen. Und es bringt auch unserem Land Nutzen; denn wir brauchen diese Menschen. In Deutschland gibt es einen riesigen Bedarf an Arbeits- und Fachkräften. Boston Consulting prognostiziert in einer aktuellen Studie einen jährlichen Verlust an Wirtschaftsleistung in Höhe von 86 Milliarden Euro in Deutschland pro Jahr wegen Arbeits-und Fachkräftemangel. Wenn wir das gut lösen, haben wir ein riesiges Potenzial.

Als Ampel wollen wir den Arbeitskräftemangel auch durch Arbeitseinwanderung decken. Der gut sichtbare Leuchtturm wird dabei ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild sein. Es bietet Arbeitschancen für die, die bei uns sich engagieren wollen. Daran arbeiten wir in der Ampel: für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Mehr reguläre Migration, weniger Angstland, mehr Chancenland!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner erhält das Wort für die SPD-Fraktion der Kollege Helge Lindh.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546872
Wahlperiode 20
Sitzung 60
Tagesordnungspunkt Migrationspolitischen Sonderweg in Europa sofort beenden
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