Bengt BergtSPD - Strom- und Gassperren, Gas- und Strompreisdeckel
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Liebe Linke, Sie haben die ganze Zeit davon gesprochen, dass die Daseinsvorsorge im Mittelpunkt stehen muss. Das tut sie: PCK ist übereignet worden; Rehden ist gekauft worden; die LNG-Ports werden gebaut; Gas ist direkt gekauft worden. Das ist Daseinsvorsorge.
Von der rechten Seite kam nur, der Staat habe nichts gemacht. Wir sind handlungsfähig geworden. Wir hatten vorher keinen Überblick darüber, was überhaupt am Gas- und Strommarkt los war. Heute ist der Gaspreis am Spotmarkt wieder auf unter 100 Euro gefallen. Das ist ein Erfolg dieser Bundesregierung, ein Erfolg der erfolgreichen Einkaufspolitik. Das bringt uns für diesen Winter auf die richtige Spur.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Natürlich soll niemand Sorge haben, dass es in der Wohnung kalt wird oder man im Dunkeln sitzt, auch dann nicht, wenn man mit dem Begleichen der Strom- und Gasrechnung nicht hinterherkommt. Bundeskanzler Scholz hat gesagt: Niemand wird zurückgelassen. – Schon gar nicht in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Deshalb ist es wichtig, dass wir Schutzplanken an verschiedenen Stellen aufbauen. Die erste Schutzplanke ist: Wir bauen die erneuerbaren Energien massiv aus – Strom aus Wind, Strom aus Sonne, Gas aus Biomasse. Schranken, die den Ausbau stören, bauen wir ab, zwar nach und nach, aber mit allerhöchster Geschwindigkeit. Alles, was an grüner Energie ins Netz kann, muss ins Netz. Das Netz muss vor allem erweitert werden.
Darum beschleunigen wir den Ausbau in nie gekanntem Ausmaß. Dieser Ausbau und diese Beschleunigung, das ist soziale Politik. Das verstehen Sie nicht. Aber ich erklärte Ihnen gerne, warum: Zum einen bremsen wir den Klimawandel – das kommt unseren Kindern und Kindeskindern zugute –, damit Fluten und Brände im Sommer nicht zum Standard werden.
Zum anderen schaffen wir Wertschöpfung und Arbeitsplätze hier in Deutschland. Von 2019 bis 2021 hat sich die Zahl der Beschäftigten im Bereich der Erneuerbaren um 30 000 erhöht, und das, obwohl der Bereich der Windenergie leidet und man dort Stellen abbaut. Aber gerade diese Diskrepanz zeigt, was da für eine Dynamik im Markt ist. Mit konkreten Ausschreibungskriterien für die Offshorewindkraft, ganz konkret für den Fachkräftenachwuchs, werden wir die Wertschöpfung in Deutschland weiter stärken. Das haben wir in das Gesetz hineingeschrieben, meine Damen und Herren; das ist eine Voraussetzung, um an den Ausschreibungen teilzunehmen. Und das schafft gut bezahlte Arbeit hier bei uns direkt vor Ort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Karsten Hilse [AfD]: Subventionierte Arbeit!)
Ein weiterer Vorteil der Erneuerbaren: Durch deren Ausbau senken wir den Strom- und Gaspreis. Denn je mehr Wind, Sonne, Biogas im System ist, desto weniger Erdgas brauchen wir, und das heißt: günstige Preise für alle.
Die zweite Schutzplanke ist: Jetzt, wo es hart auf hart kommt, spannen wir natürlich einen Schutzschirm auf. Wer kurzfristig trotz aller Unterstützung nicht in der Lage ist, die Rechnung für Strom und Heizung zu zahlen, soll sich nicht sorgen. Unser Ziel ist: Niemand soll seine Wohnung verlieren oder eine Gas- und Stromsperre fürchten müssen, weil es in der aktuellen Situation etwas eng wird. Wir werden hier die Anpassung vornehmen. Eins ist für uns dabei immer klar: Der Schutz der Mieter/-innen muss immer einhergehen mit einem ausreichenden Schutz von Vermietern, von Genossenschaften und Stadtwerken. Denn die meisten Vermieter sind Kleinvermieter, die ihre Wohnung als Altersvorsorge vermieten, und die Stadtwerke können am allerwenigsten dafür.
Die dritte Schutzplanke ist: Damit es gar nicht erst dazu kommt, dass Strom- und Gasrechnungen nicht gezahlt werden können, müssen wir die Preisbremsen auf den Weg bringen. Es ist gut, dass die Ampel den Weg für die nötigen Mittel für eine Gaspreisbremse freigemacht hat. Damit schaffen wir Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger und auch für die Unternehmen. Besonders Gering- und Mittelverdiener treffen die hohen Preise hart. Eine Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung hat gezeigt, dass die Hälfte der Erwerbstätigen mit einem Haushaltseinkommen von unter 2 000 Euro netto schon jetzt genötigt sind, weniger Lebensmittel einzukaufen. Hungern, um zu heizen, darf es in einem reichen Land wie Deutschland nicht geben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])
Die Preisbremsen für Strom und Gas bedeuten ein Durchatmen für die Bürgerinnen und Bürger, von denen sich viele fragen: Wie soll ich die hohen Kosten stemmen? – Wir verdoppeln das Wohngeld – das haben wir gerade im vorherigen Tagesordnungspunkt gehabt – und steigern die Zahl der Berechtigten von 600 000 auf 2 Millionen. Das ist ein riesengroßer Schritt.
Aber die Senkung des Gaspreises hilft auch den Unternehmen; denn das bedeutet Planungssicherheit und eine Perspektive für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das ist wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, den Erhalt unseres Wirtschaftsstandortes und damit Tausender Arbeitsplätze. Gerade die kleineren Unternehmen haben Direktverträge und finden kaum noch neue Lieferanten für Strom und Gas. Das trifft konkret die Mittelständler besonders in Schleswig-Holstein; denn dort arbeiten 94 von 100 Leuten in den kleinen und mittleren Unternehmen. – Das und die Wirtschaft insgesamt kommt übrigens in Ihrem Antrag gar nicht vor.
Wir müssen sogar noch viel mehr tun, um unsere Wirtschaft zu unterstützen; denn die Wirtschaft bezahlt das Essen und Trinken der Menschen, die in den Wohnungen leben, die Sie jetzt schützen wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Das wissen wir, und darum ist die Gaspreisbremse ein erstes Kernelement, nicht das letzte. Die Expertenkommission hat Anfang der Woche gute Vorschläge gemacht. Das ist aber ein Zwischenbericht, nicht die Forderung der Bundesregierung, wie Sie es hier dargestellt haben. Wir entwerfen jetzt im parlamentarischen Prozess die Lösung dazu.
Meine Damen und Herren, Deutschland ist ein starker Sozialstaat, in dem diskutiert und gerungen wird. Es wird aber nicht immer gleich gestritten. Es kommt im Endeffekt ein Schutzschirm heraus, der die Transformation unserer Wirtschaft schützt und die Folgen dieses Wirtschaftskrieges lindert, der gegen uns geführt wird. Wir finden die Lösung also nicht im Kampf oder per Befehl wie in anderen Ländern, –
Herr Kollege.
– sondern im Dialog. Das passt nicht allen, aber es ist die beste aller Lösungen, und darauf können wir wirklich stolz sein.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Kollegin Dr. Ottilie Klein redet jetzt für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546915 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 60 |
Tagesordnungspunkt | Strom- und Gassperren, Gas- und Strompreisdeckel |