Mathias MiddelbergCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Warburg-Steuerskandal
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte, meine Unachtsamkeit zu entschuldigen. – In dieser Woche ist ein Buch veröffentlicht worden von zwei Investigativjournalisten, Oliver Schröm und Oliver Hollenstein. Es heißt „Die Akte Scholz: Der Kanzler, das Geld und die Macht“.
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wird sich die PR sicher freuen!)
So haben wir auch diese Aktuelle Stunde benannt, aber das ist nicht der eigentliche Anlass. Das ist vielleicht der letzte Anlass, um dieses Thema hier in diesem Hohen Hause zu diskutieren. Man könnte auch sagen: Gibt es nicht andere Themen? Aber ich glaube, es hängt schon sehr auch mit den aktuellen Anspannungen zusammen, dass die Frage an den wichtigsten Vertreter dieser Regierung gestellt und seine Glaubwürdigkeit und seine Integrität betreffend hier diskutiert werden muss und in dieses Haus gehört.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der weiter reichende Anlass ist dann eben das Auftreten unseres heutigen Bundeskanzlers und früheren Hamburger Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz vor dem Untersuchungsausschuss in Hamburg, sein Schweigen, seine faktische Aussageverweigerung dort in der bis heute nicht geklärten Steuersache Warburg.
(Zuruf des Abg. Tim Klüssendorf [SPD])
Der Auftritt – ich sage es so deutlich – der wandelnden Erinnerungslücke Olaf Scholz ist wirklich bemerkenswert. Er will sich an nichts erinnern, an keine Details im Zusammenhang mit der Steuersache Warburg. Gleichzeitig will er sich aber sehr präzise daran erinnern, dass er in dieser Sache keinerlei politischen Einfluss genommen hat – ein Widerspruch in sich!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dabei sind die Indizien – und das sage ich sehr deutlich –, die mittlerweile auf dem Tisch liegen und durch dieses neu veröffentlichte Buch erhärtet werden, bemerkenswert. Hamburg war damals das einzige der 16 Bundesländer,
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
das die Cum-ex-Rückforderungen nicht gestellt hat, das die Gelder nicht zurückwollte. Alle anderen 15 Bundesländer haben die Gelder zurückgefordert.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das unter Olaf Scholz!)
Hamburg unter Olaf Scholz hat es nicht getan. Da stellt sich die Frage nach seiner politischen Verantwortung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Malte Kaufmann [AfD])
Wir haben in den letzten Monaten auch erfahren, dass dann im Hause des damaligen Finanzministers Olaf Scholz Unterlagen zusammengetragen werden sollten für den Untersuchungsausschuss in Hamburg und dabei engste Mitarbeiterinnen E‑Mails schrieben mit dem Inhalt: Es sei „mit Olaf zu diskutieren, wie wir die Termine … mit Kahrs, Pawelczyk und Tschentscher ‚einsortierenʼ“. Es ging also offensichtlich darum, dass Beweismittel für einen Untersuchungsausschuss einsortiert werden sollten – ein höchst bemerkenswerter und im Zweifel auch unzulässiger Vorgang.
Kontakte zwischen Herrn Scholz und Herrn Kahrs sind aufzuklären. Wir haben erfahren, dass die zuständige Steuerbeamtin in Hamburg in internen, also ehrlichen Nachrichten von einem „teuflischen Plan“ gesprochen hat, der dort umgesetzt worden sei, indem man auf die Rückforderung der Millionen verzichtete. Das ist für sich allein schon ein bemerkenswerter und höchst aufklärungsbedürftiger Vorgang.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zum Schluss will ich das noch mal ganz plastisch erklären. Herr Scholz verweist ja immer darauf: Ihr könnt mir das noch nicht bis ins Letzte nachweisen. – Aber de facto sind schon die äußeren Umstände aussagekräftig genug. Er sagt: Ich wollte mich nicht einmischen. – Dann führt man vielleicht mit den Beteiligten einmal ein Gespräch und erklärt Ihnen: Ich will, ich kann, ich darf mich nicht einmischen. – Alles in Ordnung! Was aber stattgefunden hat, war, dass er sich dreimal mit den Chefs der Warburg-Bank in seinem Amtszimmer, in seinem Büro, getroffen hat, um ihnen – ich weiß nicht, wie begriffsstutzig diese Bänker waren – angeblich dreimal jeweils eine Stunde lang zu erklären, dass er sich nicht einmischen will. Dem Chefbänker Olearius hat Olaf Scholz dann noch von sich aus hinterhertelefoniert, um ihm wahrscheinlich noch mal zu versichern – möglicherweise hatten es die Bänker nach diesen Gesprächen immer noch nicht verstanden –, dass er sich nicht einmischen will. Dann hat er den einen noch mal angerufen, um ihm noch mal zu versichern: Ich will mich nicht einmischen.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Ziemlich unglaubwürdig!)
Und zur Erhärtung seiner Absicht hat er dann noch die Empfehlung ausgesprochen: Ich kenne noch jemand anderen, der sich nicht einmischen will, nämlich den Herrn Tschentscher, der hier Finanzsenator ist,
(Beifall bei der CDU/CSU)
und weil ich so genau weiß, dass der sich auch nicht einmischen will, gebe ich euch den Tipp: Schickt mal eure Unterlagen an den Herrn Tschentscher, dann könnt ihr sicher sein, dass es keinerlei Einmischung gibt.
Wir wissen genau, wie der Sachverhalt nach diesen Gesprächen ausgegangen ist: dass die Hamburger Behörde, die eigentlich die Gelder zurückfordern wollte, dann plötzlich gesagt hat: Wir machen das doch nicht. – Hier spricht jetzt also alles dafür – das ist unser Anliegen –, dass wir diesen Vorgang ganz intensiv weiter aufklären müssen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Richtig! Das ist überfällig!)
Der nächste Redner ist Michael Schrodi für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Markus Herbrand [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546928 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 60 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Warburg-Steuerskandal |