13.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 60 / Tagesordnungspunkt 12

Anja SchulzFDP - Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Frühsommer haben mich tatsächlich viele Nachrichten von Rentnerinnen und Rentnern erreicht mit der Frage, ob wir sie beim Entlastungspaket vergessen haben. Meine Antwort lautete immer: „Nein, das haben wir nicht“;

(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Doch! Habt ihr, leider!)

denn es gab eine Reihe von Entlastungen, die jedem zugutekamen, der sich in irgendeiner Weise motorisiert fortbewegt hat, der Stromrechnungen zu begleichen hatte und der Einkommensteuer zahlen muss. Man wird sehr lange suchen müssen, um jemanden zu finden, der nicht in irgendeiner Form von unseren Entlastungspaketen profitiert hat. Und genau dafür wurden sie auch konzipiert.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Man kann sich die Lage auch schönreden!)

Trotzdem war die Energiepreispauschale omnipräsent; die anderen Maßnahmen sind in ihrem Schatten regelrecht verblasst. Auch die höchste Rentenerhöhung seit Jahrzehnten war da schnell vergessen.

(Stephan Brandner [AfD]: Ja! Bei der höchsten Inflation seit Jahrzehnten kein Wunder!)

Es standen immer nur die 300 Euro im Raum und die Frage, wer sie bekommt und wer nicht. Das kann ich auch niemandem verdenken; denn das Maßnahmenpaket war sehr groß und auch sehr kleinteilig.

(Stephan Brandner [AfD]: 5 Prozent mehr Rente bei 10 Prozent Inflation!)

An die Kollegen rechts von mir:

(Stephan Brandner [AfD]: Ich höre zu!)

Es ist gerade jetzt wichtig, Einheit zu demonstrieren, anstatt den Nährboden für Neid und Missgunst zu schaffen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Fangen Sie damit an!)

Inzwischen wissen wir, dass nicht nur berufsbezogene Ausgaben schwer zu stemmen sind, auch die Erhöhungen der Energiekosten sind für Bezieher durchschnittlicher Einkommen teilweise unzumutbar geworden. Daher ist es richtig, dass wir jetzt auch Rentnerinnen und Rentnern sowie Versorgungsbeziehenden eine Energiepreispauschale zukommen lassen.

Die 300 Euro sind ein passendes und notwendiges Mittel, um den Menschen die nächste Abschlagszahlung ein wenig leichter zu machen. Uns allen ist aber bewusst, dass das nicht reicht. Darum haben wir es auch nicht bei diesen Maßnahmen belassen. Rückwirkend für das Jahr 2022 wurde beispielsweise der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer angehoben. 2023 und 2024 geht das Ganze weiter, und wir landen bei fast 11 000 Euro.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Das ist ganz normale kalte Progression!)

Durch die Abschaffung der kalten Progression passen wir die Eckwerte für die Einkommensteuer ebenfalls an. Entgegen vielen Behauptungen entlastet das nicht nur die Besserverdiener, sondern ebenso Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen; denn in Relation zu ihrer Steuerlast profitieren sie am meisten von der Anpassung.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

Seit Jahren sinkt die Anzahl der Menschen mit mittleren Einkommen. Die kalte Progression war mit schuld daran, dass Einkommensteuerzahler trotz einer Lohnerhöhung im Zusammenspiel mit der Inflation real weniger im Geldbeutel hatten. Umso wichtiger ist es, dass wir das Ganze jetzt abschaffen und die Diskussion in der Zukunft nicht mehr fortführen müssen. Ich will betonen, dass die Abschaffung der kalten Progression nicht nur im Kontext der Entlastungspakete gesehen werden darf, sondern dies die Abschaffung einer Ungerechtigkeit ist, die wir lange hatten.

Außergewöhnliche Zeiten erfordern aber mehr Maßnahmen als nur steuerliche Entlastungen. Mit den drei Entlastungspaketen mit einem Volumen von knapp 90 Milliarden Euro haben wir gezeigt, dass wir bereit dazu sind. All das war notwendig. Dennoch weise ich noch mal darauf hin, dass die einfachste Lösung, um die Bevölkerung zu entlasten, bereits seit Jahrzehnten existiert; der Grundgedanke muss nicht erst von Experten in irgendeiner Form ermittelt werden, sondern ist so simpel wie logisch: Wenn wir den Leuten weniger wegnehmen, dann haben sie auch mehr zur freien Verfügung,

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Sehr gut!)

und dann müssen wir nicht in Robin-Hood-Manier Gelder in irgendeiner Form wieder umverteilen. Lassen wir den Menschen also mehr Netto vom Brutto.

Eine Maßnahme, die diesem Grundgedanken entspricht, verabschieden wir ebenfalls mit diesem Paket, indem wir nämlich die Midijob-Grenze – für die Beschäftigung im Übergangsbereich – ab Januar auf 2 000 Euro anheben.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Die Versicherungsgemeinschaft bezahlt das! Super Entlastung! Linke Tasche, rechte Tasche!)

In diesem Übergangsbereich zahlen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verminderte Sozialversicherungsbeiträge.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Den Gewerbetreibenden wird es aufgelastet!)

Das ist sinnvoll; denn steuerliche Entlastungen kommen gerade den Beschäftigten in diesem Bereich zugute. Es wurde schon von 1,3 Milliarden Euro Entlastung in diesem Bereich gesprochen.

Ich will natürlich nicht unter den Tisch fallen lassen, dass diese 1,3 Milliarden Euro auch von irgendjemandem bezahlt werden müssen.

(Stephan Brandner [AfD]: Ach!)

In diesem Übergangsbereich ist es so, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich die Kosten nicht paritätisch teilen, sondern die Anteile je nach Höhe des Gehalts variieren. Je näher jemand an der Minijob-Grenze ist, desto höher ist der Anteil der Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber. Das soll ab 2023 dann auf 2 000 Euro ausgeweitet werden. Diese Entlastung zahlen am Ende also die Arbeitgeber. Auch die stehen gerade nicht in einer Blütezeit. Die Möglichkeiten für weitere Anpassungen nach oben sind daher sehr ausgereizt.

Wir sollten uns stattdessen mit der Frage beschäftigen, warum unsere Sozialversicherungsbeiträge überhaupt so hoch sind und warum sie kontinuierlich ansteigen. Lassen Sie uns das Problem also an der Wurzel packen und die Symptome bekämpfen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schulz. – Und nun der Kollege Matthias W. Birkwald, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546954
Wahlperiode 20
Sitzung 60
Tagesordnungspunkt Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende
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