Jörg SchneiderAfD - Änderung des Infektionsschutzgesetzes
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 2020 sahen wir schreckliche Bilder aus Italien und aus Frankreich. Menschen erkrankten schwer an Corona, es gab nicht genug Beatmungsgeräte, Ärzte mussten entscheiden: Wer wird beatmet und wer nicht? Diese Entscheidungssituation nennen wir Triage. In Deutschland hatten vor allen Dingen Behinderte Angst, dass sie in einer solchen Situation, wenn sie denn hier in Deutschland auftreten würde, benachteiligt wären. Das Verfassungsgericht gab ihnen recht. Deswegen diskutieren wir heute eine Änderung, eine Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes um eine Triage-Regelung.
Da stehen jetzt viele Kriterien drin, die bei einer Triage-Entscheidung nicht berücksichtigt werden dürfen. Ich glaube, wir sind uns einig: Die sexuelle Orientierung, die Weltanschauung, die Religion dürfen keine Rolle spielen, wenn es darum geht: Wer kriegt das letzte Beatmungsgerät? – Aber das Alter? Wir wissen doch von Corona, dass gerade jüngere Menschen eine wesentlich bessere Überlebenschance hatten. Das darf ein Arzt jetzt nicht mehr berücksichtigen? Oder eine Behinderung? Ich glaube nicht, dass ein Arzt einen Blinden gegenüber einem nicht Sehbehinderten benachteiligt. Aber wenn eine Behinderung die Atmung beeinträchtigt – und wir sprechen über eine Erkrankung des Atmungsapparates –, dann muss es doch möglich sein, dass ein Arzt so etwas mit bei seiner Entscheidung berücksichtigt, meine Damen und Herren.
Der Generalsekretär der Vereinigung der Intensivmediziner, Herr Professor Janssens, sagte dazu – ich zitiere wörtlich –:
Wenn … Ärzte … gezwungen würden, Kriterien wie das Alter oder die Gebrechlichkeit bei Menschen über 65 bei Triage-Entscheidungen pauschal außer Acht zu lassen, dann werden wir handlungsunfähig!
Unsere Mediziner sind handlungsfähig, Triage findet statt. Stellen Sie sich vor: Es gibt einen Unfall, viele Schwerverletzte, das erste Rettungsteam trifft dort am Ort ein. Dann muss diese traurige Entscheidung getroffen werden: Wen können wir retten?
(Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Eine andere Form der Triage! Keine Ahnung!)
Das machen die heute schon, meine Damen und Herren. Die Frage ist jetzt: Können wir diese Erfahrungen, die dort gesammelt worden sind, in eine pandemiebedingte Triage-Situation transferieren? Ich sage: Nein, Ihr Gesetzentwurf verhindert das, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Auch die Umsetzung, die Sie hier vorschlagen, erscheint mir etwas weltfremd. Zwei Ärzte müssen einvernehmlich entscheiden. Wenn das nicht möglich ist, soll ein dritter dazukommen. Das Ganze soll dokumentiert werden. In einer Triage-Situation sind wir in einem Ausnahmezustand. Dann gibt es vielleicht einen Arzt. Der muss entscheiden, der muss schnell entscheiden, und er hat keine Zeit für eine Dokumentation. Ich glaube, auch in diesem Punkt ist Ihr Gesetzentwurf noch dringend überarbeitungsbedürftig, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Schließlich: Herr Minister, Corona ist vorbei. Das sagt nicht nur die AfD-Fraktion, das sagen die meisten Regierungen auf dieser Welt. Wenn Sie hier weiterhin mit Fallzahlen Panik schüren: Wir wissen doch seit anderthalb Jahren, dass die Inzidenz kein geeignetes Kriterium ist, um eine Notsituation vorherzusagen. Sie versuchen es hier schon wieder.
(Beifall bei der AfD)
Nein, wenn Sie eine Notsituation im Gesundheitssystem vermeiden wollen, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Schaffen Sie endlich die einrichtungsbezogene Impfpflicht ab! Wir wissen: Geimpfte Pfleger können Patienten genauso anstecken wie ungeimpfte. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht wird eh nicht durchgesetzt. Und wenn wir sie durchsetzen würden, ja, dann hätten wir einen Notstand. Deswegen: Weg mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht!
(Beifall bei der AfD – Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt sind wir wieder beim Thema, ne? Aber es ist das falsche!)
Und: Gesunde Pfleger und Ärzte gehören nicht in Quarantäne.
(Lars Lindemann [FDP]: Reden Sie mal zum Thema!)
Gesunde Ärzte und Pfleger gehören zu ihren Patienten.
(Beifall bei der AfD)
Deswegen: Beenden Sie endlich diese vollkommen überzogenen Quarantänevorschriften! Dann, glaube ich, sind wir am ehesten vor einer Notsituation geschützt.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der AfD)
Für die FDP-Fraktion hat das Wort die Kollegin Katrin Helling-Plahr.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546978 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 60 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Infektionsschutzgesetzes |