Luiza Licina-BodeSPD - Änderung des Tierarzneimittelgesetzes
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Gesetzentwurf zur Änderung des Tierarzneimittelgesetzes implementieren wir Artikel 57 der EU‑Verordnung über Tierarzneimittel aus 2019. Danach sind die Mitgliedstaaten ab 2024 verpflichtet, jährlich Meldungen und umfassende Daten zur Anwendung von Antibiotika bei Tieren an die Europäische Arzneimittel-Agentur zu übermitteln. Damit soll der Einsatz von Antibiotika in landwirtschaftlichen Betrieben zentral erfasst, beobachtet und weiter reduziert werden.
Ich darf als Reaktion auf die Beiträge, in denen das kritisch gesehen wird, sagen: Ich verstehe gar nicht, wo das Problem liegt. Wenn es um die Gesundheit der Menschen hier im Land geht, brauchen wir doch gar nicht so ein Theater um ein wenig mehr Bürokratie zu machen. Bauen wir sie doch lieber in anderen Bereichen ab!
(Dieter Stier [CDU/CSU]: Hä? Was war denn das?)
Gestartet wird 2023 mit der Erfassung bei den Nutztierarten Rind, Schwein, Huhn und Pute. Auf nationaler Ebene – das ist richtig – hat das BMEL bereits eine Evaluierung des eigenen Antibiotikaminimierungskonzepts durchführen lassen. Der Bericht dazu lag im Juni 2019 vor, und zwar mit dem Ergebnis, dass die Maßnahmen richtig und zielführend waren. Der Antibiotikaeinsatz konnte reduziert und das Resistenzrisiko gesenkt werden.
Weiter sollen die Tierhalter nach dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf verpflichtet werden, den Einsatz sogar halbjährlich zu melden. Da kann man vielleicht am Ende über Anpassungen nachdenken. Aber ich würde mir, wie gesagt, in dem Bereich nicht so viele Gedanken um Bürokratie machen; denn sie dient letztlich der Transparenz und der besseren Auswertung der Daten, die dadurch erfasst werden.
Daneben ändern wir mit diesem Gesetzentwurf § 32 Absatz 2 Nummer 8 des Tiergesundheitsgesetzes, welcher in der jetzigen Form § 10 Absatz 1 und 3 des Rindfleischetikettierungsgesetzes geähnelt hat. Zum Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hat schon 2016 entschieden, dass letztere Normen nichtig sind, weil eben gar kein Tatbestand vorgegeben war, nach dem man dann am Ende eine Ordnungswidrigkeit für die Landwirte hätte bestimmen können. Das widerspricht dem Bestimmtheitsgrundsatz, den wir brauchen. Wir haben ja den Grundsatz: Keine Strafe ohne Gesetz. Deshalb fassen wir die Norm jetzt lege artis neu.
Mit der Neufassung des Tierarzneimittelgesetzes in 2021 und der in allen Mitgliedstaaten anzuwendenden Verordnung 219/6 wurde der Einsatz von Antibiotika bei Tieren weiter eingeschränkt. Ziel ist eine umsichtige Verwendung von antibiotischen Wirkstoffen. Das ist entscheidend für die Bekämpfung von antibiotischen Resistenzen bei den Tieren, aber eben auch bei den Verbraucherinnen und Konsumenten von tierischen Produkten, sodass uns gerade dieser Gesetzentwurf mit dieser Zielrichtung am Herzen liegen sollte.
Wir setzen damit aber auch gleichzeitig unseren Koalitionsvertrag um, wonach wir eine Tiergesundheitsstrategie erarbeiten und eine umfassende Datenbank inklusive der Verarbeitungsbetriebe tierischer Nebenprodukte etablieren und den wirkstoff- und anwendungsbezogenen Antibiotikaeinsatz in landwirtschaftlichen Betrieben erfassen und senken wollen. Da kann man jetzt die Immunprophylaxe oder Akklimatisierung nennen. Wichtig ist in dem Bereich, dass wir nach gut geschultem Personal schauen, das Krankheiten in einem frühen Stadium erkennt.
Dann lenke ich den Blick auf das Staatsziel Tierschutz in Artikel 20a GG und auf die artgerechte Tierhaltung, die schon viel bringen würde. Damit könnten wir am Ende weniger Antibiotika einsetzen und Krankheiten bei den Tieren reduzieren. Tiere brauchen nämlich ausreichend Platz, optimale Gruppengrößen und auch ein gutes Stallklima. Insbesondere Jungtiere sind durch eine spätere Trennung vom Muttertier weniger stark stressbedingten Erkrankungen ausgesetzt. Weitere zielführende Maßnahmen wären eine Zucht, die auf Tiergesundheit statt auf Leistung setzt,
(Beifall des Abg. Karl Bär [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
eine gesunde Ernährung der Tiere, Hygiene im Stall – vom Transport bis hin zur Schlachtung.
Dann komme ich zu unserem zentralen Vorhaben, nämlich der Tierhaltungskennzeichnung, die in dieser Woche vom Kabinett beschlossen wurde. Es geht uns darum, dass wir diese und auch die Verordnung zur Nutztierhaltung entsprechend anpassen; denn die artgerechte Tierhaltung ist in diesem Bereich die Lösung, auch die Lösung im konventionellen Bereich. Hier muss der Vorrang der Tiergesundheit gelten.
(Beifall bei der SPD)
In Anbetracht der Zeit komme ich zum Schluss: Das Coronavirus hat uns gezeigt, wie Zoonosen unsere ganze Gesellschaft im Griff haben können. Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass wir keinen Dissens haben und am Ende der Debatte dem Gesetzentwurf zustimmen werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547010 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 60 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Tierarzneimittelgesetzes |