Thomas HeilmannCDU/CSU - Herkunftsnachweis Energieträger
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Ingrid Nestle, ich kann die Begeisterung nicht so ganz teilen. Wir sind einer Meinung, dass das Thema wichtig ist. Auch wir von der Union wollen Herkunftsnachweise. Auch wir von der Union wollen ein Register, damit erneuerbare Energien, wenn sie hergestellt werden, einmal registriert werden; und wenn sie verwendet werden, sollen sie aus dem Register wieder gelöscht werden, um eine doppelte Zählung zu verhindern. Insoweit sind wir uns einig; so steht es ja auch in der EU-Richtlinie.
Allerdings ist die Umsetzung nicht so gelungen, wie wir uns das vorgestellt haben. Das geht schon mit einer bedauerlichen Entstehungsgeschichte los: Am 8. August haben Sie den Referentenentwurf an Expertenverbände und Unternehmen mit der Bitte um Stellungnahme gesandt. Diese hatten für ihre Stellungnahme zwei Tage Zeit, 48 Stunden – und das in der Ferienzeit. Das ist schon eine ziemliche Zumutung. Dann haben Sie nichts von deren Vorschlägen übernommen, sich aber über zwei Monate Zeit gelassen und ebendiesen Referentenentwurf vollständig umgeändert. Und heute, zwei Monate danach, legen Sie den Gesetzentwurf hier zur ersten Lesung vor. – Da kann man sich die Anhörung doch sparen.
Nicht einmal Redaktionelles haben Sie verbessert. Im englischen Richtlinienentwurf heißt es „final customers“. Das wird im deutschen Recht normalerweise mit „Letztverbraucher“ übersetzt. Sie verwenden den Begriff „Endkunden“. Sie sind auch darauf hingewiesen worden – nicht Sie, sondern natürlich die Regierung. Ich habe in der Begründung gesucht, ich habe telefoniert und gefragt: „Was meinen die eigentlich? Was ist der Unterschied?“, denn nicht immer ist der Letztverbraucher auch der Endkunde. Aber eine Erklärung dafür gibt es nicht.
Der Gesetzentwurf ist aber nicht nur redaktionell nicht wirklich gelungen, sondern Sie haben auch wesentliche Punkte der EU-Richtlinie nicht ordentlich umgesetzt. Das geht damit los, dass Sie, anders als die EU-Richtlinie, zwischen erneuerbaren Gasen und Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, unterscheiden. Mir ist, ehrlich gesagt, nicht wirklich klar, warum Sie das tun. Diese Unterscheidung führt dazu, dass wir nicht EU‑einheitlich handeln können. Aber das genau wollen wir doch. Wir wollen doch, dass mit Erneuerbaren europaweit gehandelt wird, damit der Markt liquide ist. Das führt zu Preissenkungen, das führt zu einer Angebotserhöhung. Das ist einfach gut und kostet ja noch nicht mal was.
In Ihrem Koalitionsvertrag steht, wenn ich es aus dem Kopf richtig weiß, auf Seite 26 sehr genau, Sie wollen EU‑Richtlinien „bürokratiearm“ und „effektiv“ umsetzen. Das haben Sie aber nicht; denn Ihr Entwurf hat 29 Seiten, wenn man das ganze Paket nimmt, während der entsprechende Teil in der EU‑Richtlinie – und die EU ist nicht bekannt für kurze Formulierungen – 3 Seiten umfasst. Das beschreibt äußerlich schon sehr genau, wo eigentlich das Problem liegt.
Sie haben weitere Schwierigkeiten eingebaut, die ich auch nicht einsehe. Sie sagen: Wenn die erneuerbare Energie, aus der Wasserstoff entsteht, nicht aus ungeförderten, neuen Anlagen stammt, dann ist das kein Grüner Wasserstoff. – Um das mal anschaulich zu machen: Wir haben ein vor 20 Jahren gefördertes Windrad, hinter dem nun heute ein Elektrolyseur gestellt wird. Sie sagen, das ist kein Grüner Wasserstoff. – Das kommt von dieser bürokratischen Logik des Doppelvermarktungsverbots, das wir eigentlich nicht mehr bräuchten, weil wir die EEG-Umlage für die Verbraucher abgeschafft haben. Das hat ja die Ampel mit unserer Zustimmung gemacht, nachdem wir das schon länger wollten. Deswegen brauchen wir das alles gar nicht mehr. Aber das wird da einfach weiter fortgeschrieben.
Und so fügt sich leider Detail an Detail, sodass man sagen muss: Das ist bürokratisch, das ist nicht im Sinne eines gemeinsamen europäischen Marktes, und es ist auch unnötig. Sie haben noch nicht einmal klar festgestellt, ob das eigentlich dieselbe Zertifizierungsstelle ist wie die Zertifizierungsstelle für die Nachweise für Strom aus erneuerbaren Energien. Das könnte man doch gemeinsam handhaben, schon allein, damit man weiß, ob erneuerbare Energien zur Herstellung genutzt wurden oder nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich hoffe sehr, Sie nehmen sich im Ausschuss Zeit, um sich mit diesen Einwänden zu beschäftigen. Ich sagte es ja eingangs schon: Wir sind im Grundsatz gar nicht anderer Meinung. Wir wollen diese Herkunftsnachweise, und wir wollen das Register. Wir wollen aber eine möglichst ordentliche Umsetzung der EU-Richtlinie und keinen deutschen Sonderweg.
Wenn ich diesen Gesetzentwurf lese, dann habe ich das Gefühl, dass sich die Ampelparteien nicht einigen konnten und dass das jetzt irgendein Kompromiss ist. Ich weiß es nicht; ich war ja nicht dabei. Vielleicht war es auch nicht so. Jedenfalls steht die Vorlage damit in einer langen Kette von Gesetzen, die spät kommen, komische Kompromisse enthalten und in der Sache nicht wirklich vernünftig sind.
Ich habe aber die Hoffnung, dass wir diese Fragen im Zuge einer vernünftigen Anhörung und der Ausschussberatung noch so bereinigen können, dass wir guten Herzens zustimmen können; denn, wie gesagt, im Grundsatz wollen wir dasselbe wie Sie.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die AfD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Steffen Kotré das Wort.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547062 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 60 |
Tagesordnungspunkt | Herkunftsnachweis Energieträger |