Tim KlüssendorfSPD - Jahressteuergesetz 2022
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich über so viel Konstruktivität der CDU/CSU-Fraktion sehr gefreut, nachdem wir gestern in der Cum-ex-Debatte doch die eine oder andere Auseinandersetzung hatten. So stelle ich mir das vor. Daher freue ich mich, dass meine Rede von gestern so schnell Wirkung erzielt hat. Vielen Dank dafür!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU)
Ich möchte heute aber meine Redezeit nutzen, um noch einmal ausführlich über das Thema PV zu sprechen, weil das auf jeden Fall einen riesigen Schritt in Richtung weniger Bürokratie und für den Ausbau der erneuerbaren Energien bedeutet. Wir haben uns im Koalitionsvertrag und in der Ampelregierung darauf festgelegt, dass wir die PV von 60 Gigawatt auf 200 Gigawatt bis 2030 ausbauen wollen. Das Jahressteuergesetz heute ist tatsächlich ein wesentlicher Schritt dahin. Wir entbürokratisieren, wir erleichtern.
Um das deutlich zu machen, will ich einmal kurz darstellen, wie eigentlich der Weg ist und was ich alles zu beachten habe, wenn ich eine Familie habe und auf mein Einfamilienhaus eine PV-Anlage setzen will. Das fängt natürlich damit an, dass man sich nach den baurechtlichen Vorschriften erkundigen muss. Fördermittel beantragen, bewilligen lassen – das sind alles Themen, die uns im Steuerprozess gar nichts angehen –, Anlagenprotokoll vom Handwerksbetrieb ausstellen lassen, Daten dem Netzbetreiber melden, bei der Bundesnetzagentur ins Marktstammdatenregister eintragen lassen, die Anlage versichern, Zähler anschaffen – das ist übrigens gar nicht trivial, weil die Stadtwerke im Moment riesige Probleme haben, die ganzen Zähler zu beschaffen –, Netzbetreiber wegen der Einspeisevergütung ansprechen, und bei größeren Anlagen über 10 kWp muss ich auch noch ein Gewerbe anmelden. Das ist der erste Teil; da bin ich noch gar nicht beim steuerlichen Teil.
Jetzt kommt der steuerliche Teil. Die Verbraucherzentrale sagt: Bitte klären Sie vorher die steuerrechtlichen Fragen; denn Sie werden sonst am Ende auf gar keinen Fall zum Erfolg kommen. – Umsatzsteuer: einfacher Weg: Kleinunternehmerregelung. Das heißt, ich habe Umsätze von weniger als 22 000 Euro im ersten Jahr, 50 000 Euro im Folgejahr. Das ist ganz gut, weil man dann wenig Bürokratie hat. Der Nachteil ist: Ich kann die Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer erstatten lassen. Das heißt, die Anschaffungskosten sind sozusagen höher. Man hat also einen Anreiz, doch Umsatzsteuer anzumelden.
Was passiert aber, wenn ich Umsatzsteuer anmelde? Ich kann mir eigentlich ein Büro im Finanzamt einrichten, weil ich schon mit einer normalen Familie monatlich Vorsteueranmeldungen leisten muss. Bei Nachrüstungen mit Batteriespeichern kommt sogar dazu, dass ich meine Batterie noch mal einzeln anmelden muss. Die normale Solarenergieanlage und die Batterieanlage werden dann also noch mal einzeln dem Finanzamt gemeldet.
Man merkt also: Okay, das ist schon eine Menge an Bürokratie. Ich bin jetzt aber noch nicht bei der Einkommensteuer. Die Einkommensteuer kommt auch noch obendrauf. Maximal 10 kWp darf ich haben, dann zählt es als Liebhaberei. Die durchschnittliche Solarenergieanlage hat aber 7 bis 15 kWp. 7 bis 15 kWp sind natürlich bei einem Grenzwert von 10 kWp relativ ungünstig. Das heißt, auch da gibt es eine große Problematik, die wir mit diesem Gesetz angehen.
Ohne Vereinfachungsregelungen habe ich also auch mit der Einkommensteuer noch eine Menge Bürokratie zu erledigen. Und deswegen jetzt ganz wichtig – in den letzten 20 Sekunden meiner Redezeit –: Was macht dieses Jahressteuergesetz? Einkommensteuer: Wir setzen den Grenzwert hoch auf 30 kWp – extrem wichtig, um steuerfrei zu sein und die Liebhaberei auszudehnen. Umsatzsteuer: Wir führen den Nullsteuersatz ein, sodass die Kleinunternehmerregelung ohne finanzielle Nachteile anzuwenden ist und von allen genutzt werden kann. Und einen dritten Punkt noch: Die Lohnsteuerhilfevereine dürfen künftig auch beraten. Das dürfen sie im Moment noch nicht. Das ist ein wirklich ganz wesentlicher Schritt der Entbürokratisierung. Ich freue mich, dass wir heute mit diesem Gesetz einen ganzen Schritt vorangehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547124 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 61 |
Tagesordnungspunkt | Jahressteuergesetz 2022 |