Jana SchimkeCDU/CSU - Berichte Ostdeutschland 2022, Stand der Deutschen Einheit 2021
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne! Wenn ich Ihnen meinen persönlichen Eindruck schildern darf, dann ist dies der, dass unser Land nach 32 Jahren Deutsche Einheit so gespalten ist wie noch nie zuvor; politisch, gesellschaftlich und, wenn es so weitergeht, bald auch wirtschaftlich.
(Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben seit dem 1. Oktober allein in den neuen Bundesländern 263 Insolvenzen, Tendenz steigend. Wir kennen alle die Namen: Die Bodeta GmbH – das sind die grünen Eukalyptusbonbons – musste dichtmachen wegen steigender Energiepreise und Rohstoffpreise. Die KAPPUS GmbH aus Riesa, ein Seifenhersteller, unterlag den Preissteigerungen, Energiekosten und Personalkosten. Die Ludwig Leuchten GmbH aus Elsterheide, Sachsen, ein 70‑jähriges Unternehmen, musste dichtmachen wegen unterbrochener Lieferketten. Und auch KAHLA Porzellan – wer hat es nicht zu Hause in der Vitrine stehen? –, ein alter Betrieb, seit 1844 am Markt, musste dichtmachen, weil der Gasversorger geschlossen hat und es keinen neuen Gasversorger gibt.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, was wir gerade erleben, ist gefühlt eine zweite Deindustrialisierung der neuen Bundesländer.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und das, liebe Bundesregierung, liegt auch an Ihrer Politik.
Die Umfragen geben berechtigterweise Anlass zur Sorge.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben 200 Milliarden Euro in die Hand genommen! Die CDU spart ganz Sachsen kaputt! Und Sie reden so ein Zeug!)
56 Prozent der Ostdeutschen halten heute die Deutsche Einheit nicht als geglückt. 77 Prozent finden, dass es in Deutschland nicht gerecht zugeht. 63 Prozent sagen, sie sind Menschen zweiter Klasse.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Malte Kaufmann [AfD], an BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Das ist Demokratie! Zuhören!)
Und ebenso viele sagen, dass die Demokratie sich verschlechtert hat.
Zur Wahrheit gehört aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die westdeutschen Bundesbürger ein ähnliches Stimmverhalten haben, etwas weniger, aber trotzdem ähnlich. Wissen Sie, was das große Problem der Debatte ist, auch am heutigen Tag? Dass Sie immer wieder die falschen Schlussfolgerungen treffen. Und das zeigt sich schon allein am Blick in den Bericht zur Deutschen Einheit.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht mal die eigene CDU klatscht da mit! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Da werden nämlich die Menschen unterschieden in offen und liberal. Meine Damen und Herren, wer ist denn offen und liberal in Deutschland? Wenn ich Ihren Bericht lese, dann sind es diejenigen, die vor allen Dingen den Umweltschutz und den Klimawandel an erster Stelle ihrer wichtigsten Themen stellen. Dann kommt erst mal eine ganze Weile nichts, bis dann irgendwann die soziale Gerechtigkeit kommt. Und es sind auch jene, die die höchste Coronaimpfquote haben. Was hat denn bitte eine Coronaimpfquote im Bericht zur Deutschen Einheit verloren?
(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber es geht ja noch weiter. Die nächsten Kategorien: kleinbürgerlich, konservativ. Ich weiß gar nicht, ob wir uns als Union dazu zählen dürfen. 24 Prozent der Ostdeutschen sind das. Die haben einen Mut zum starken Nationalgefühl. Dann kommen aber auch schon die angepassten Skeptiker mit 26 Prozent und last, but not least verdrossene Populisten mit 35 Prozent. Liebe Bundesregierung, 85 Prozent der Ostdeutschen werden durch Sie in eine verschwurbelte Ecke geschoben, wo ich mich frage: Wie wollen wir eigentlich noch zueinander finden?
(Beifall bei der AfD sowie der Abg. Robert Farle [fraktionslos] und Matthias Helferich [fraktionslos])
Meine Damen und Herren, der Osten ist nicht abgehangen. Die Dörfer sind durchsaniert. Wir hatten Rekordbeschäftigung bis zuletzt. Wir hatten volle Auftragsbücher.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Menschen kehren zurück in ihre alte Heimat, um dort zu leben. Die Leute wollen nicht von oben herab behandelt werden, sie wollen keine Belehrungen, sie wollen keine Besserwisserei, sie kennen ihre Lebensleistung, sie möchten nicht in die linke und rechte Ecke gestellt werden.
(Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Schande! Schämen Sie sich!)
Frau Kollegin.
Wir brauchen Lösungen, keine Beschimpfungen und keine Missionierungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war das volle Gegenteil von Herrn Merz! Das volle Gegenteil! Schöne Grüße an Herrn Kretschmer! Der würde es genauso machen! Unglaublich! Unsäglich! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt kommen wir alle wieder runter. – Der nächste Redner ist Kassem Taher Saleh für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547154 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 61 |
Tagesordnungspunkt | Berichte Ostdeutschland 2022, Stand der Deutschen Einheit 2021 |