20.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 63 / Tagesordnungspunkt 7

Matthias MierschSPD - Regierungserklärung zum Europäischen Rat

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dobrindt, ich habe eben mitgeschrieben, und ich hoffe, dass ich Sie richtig wiedergebe, dass es aber inhaltlich ein Missverständnis gewesen ist. Sie haben auf die Frage der Kollegin Haßelmann geantwortet, wir sollten Ängste und Nöte der Menschen nicht ignorieren.

(Zuruf des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])

Herr Kollege Dobrindt, diese Vorwürfe sollten wir, finde ich, gerade in dieser Zeit nicht unter Demokraten machen. Wir alle hier nehmen die Ängste und Nöte von weiten Teilen der Bevölkerung ernst, nur unsere Antworten, unsere Vorschläge sind vielleicht unterschiedlich. Das sollte unser Konsens sein hier in diesem Haus.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wenn Sie, Herr Dobrindt und Herr Merz, dem Bundeskanzler vorwerfen, man könne es nicht und man handle nicht, dann müssen Sie sich auch immer wieder gefallen lassen, dass wir uns mit Ihren Vorschlägen, wenn sie überhaupt da sind,

(Christian Dürr [FDP]: Ja, genau!)

auseinandersetzen. Der Kollege Dürr hat einen Ihrer Vorschläge ja schon mal erwähnt. Drei Ihrer Vorschläge will ich hier anführen, und ich kann Ihnen nur sagen:

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Waren Sie auch für die Gasumlage?)

Ich bin heilfroh, dass nicht Sie in diesen Zeiten regieren, sondern kein anderer als der Bundeskanzler Olaf Scholz, der diese Bundesregierung hier ruhig führt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das Nutzen der Richtlinienkompetenz ist ruhige Amtsführung?)

Denn was Sie als Erstes ganz groß verkündet haben, wenige Wochen nach Kriegsausbruch, war Ihr Vorschlag – und da kann man Sie nicht aus der Verantwortung lassen –,

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sie wissen, dass es nicht stimmt, was jetzt kommt!)

dass die Bundesregierung ein einseitiges Gasembargo gegenüber Russland verkünden sollte.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das stimmt einfach nicht!)

Das wäre fatal für alle in Deutschland gewesen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sie wissen, dass es nicht stimmt!)

Jetzt kommen Sie mit dem nächsten Vorschlag und sagen, es gibt eine große Lösung für alles:

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Die gibt’s nicht! Das habe ich auch nicht gesagt!)

Das sind die Laufzeitverlängerungen. – Dazu twittert der zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jens Spahn sogar noch, dass diese Technologie „putinfrei“ und „verlässlich“ sei. Wissen Sie eigentlich, welche Abhängigkeiten zwischen russischen Brennstäben und osteuropäischen Atomkraftwerken bestehen?

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, osteuropäischen! Genau! Aber nicht deutschen! Und die osteuropäischen laufen unabhängig von ihnen!)

Wer hier von „putinfrei“ spricht, der hat das ganze Thema nicht verstanden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wer von Verlässlichkeit redet und sich anguckt, was gerade in Frankreich passiert, wo die Hälfte der Atomkraftwerke nicht am Netz ist, der sagt den Menschen hier etwas Falsches.

Ich hätte mir gewünscht, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Frau Merkel bei den Auseinandersetzungen um die erneuerbaren Energien manches Mal von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht hätte, so wie es der Bundeskanzler dieser Tage getan hat. Dann wären wir viel weiter gewesen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christian Dürr [FDP] – Zurufe von der CDU/CSU)

Ganz fatal ist – Herr Dobrindt, jetzt müssen Sie sich auch das noch kurz anhören –:

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Er muss gar nichts!)

Sie haben hier eben gesagt, man müsse in irgendeiner Form Energiepreisbremsen einführen.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wir haben Vorschläge gemacht!)

Sie haben dem Bundeskanzler anscheinend nicht zugehört; denn er hat sich heute ausdrücklich zu den Kommissionsergebnissen bekannt. Er hat gesagt: Diese Bundesregierung arbeitet gerade an der Umsetzung. – Es ist ein Riesenschritt, dass wir den Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen jetzt Sicherheit geben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ihre eigene Koalition sagt, die reichen nicht aus!)

Aber was machen Sie? Was machen Sie in dieser Phase? Sie werden den 200 Milliarden Euro, die notwendig sind, um diese Sicherheit zu geben, morgen nicht zustimmen, weil Sie angeblich keinen Blankoscheck geben wollen.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Genau so ist es!)

Woher sollen denn bitte die Gelder kommen, die im Dezember die Haushalte stützen sollen?

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Machen Sie Vorschläge, und dann reden wir weiter! – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Sagen Sie, wo die Gelder hingehen sollen!)

Das macht keinen Sinn. Sie irrlichtern in dieser Krise, und Sie können es schlichtweg nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Stellen Sie sich nicht hierhin und sagen: Wir können es, und Sie können es nicht. – Vielmehr müssen Sie wirklich belastbare Vorschläge vorlegen.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Die liegen seit dem Sommer vor!)

Alle Ihre drei Punkte wären desaströs gewesen in dieser Krise. Gut, dass Sie nicht regieren.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das war aber eine tolle Rede! Junge, Junge, Junge! – Weiterer Zwischenruf: Das war eine Bewerbungsrede!)

Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Gunther Krichbaum.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7547332
Wahlperiode 20
Sitzung 63
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Europäischen Rat
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