Oliver KaczmarekSPD - Notfallfonds für das Wissenschaftssystem
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dies ist ein wichtiges Thema und verdient, wie ich finde, auch eine seriöse Debatte. Wir müssen einordnen: Was muss man in dieser Energiepreiskrise grundsätzlich tun, was spezifisch für die Wissenschaft, und was heißt das eigentlich hinsichtlich der langfristigen Perspektiven für die Wissenschaft?
Frau Schön, ich muss sagen: Ich habe einen etwas anderen Eindruck, was die Schnelligkeit beim Handeln angeht.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Aha!)
Bei der grundsätzlichen Bearbeitung der Frage, wie wir mit der Krise umgehen, geht es doch um vier Punkte: Es geht darum, dass die Versorgung gesichert werden muss, darum, dass Preise gebremst werden müssen, darum, durch Entlastungen zu helfen, und darum, Energie einzusparen. Nun muss man ganz ehrlich sagen: Während Ihre Fraktion hier noch so etwas wie Gasmoratorien gefordert hat, hat die Bundesregierung dafür gesorgt, dass LNG-Terminals gebaut werden, dass Speicher gefüllt werden, dass neue Lieferanten Gas liefern. So hat sie dafür gesorgt, dass überhaupt im nächsten Winter Forschung betrieben werden kann, während Ihre Fraktion noch im Tiefschlaf gelegen hat. Also da bin ich nicht Ihrer Meinung.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vor dem Hintergrund dieser vier Herausforderungen, die wir allgemein und für alle und somit auch für Wissenschaft und Forschung zu lösen haben, müssen wir natürlich auch über die spezifischen Bedarfe von Wissenschaft und Forschung sprechen: Was sind die genauen Bedarfe? Was sind Basisbedarfe beim Energieverbrauch? Welche zusätzlichen Bedarfe müssen abgedeckt werden? Wo kann überhaupt Energie eingespart werden? Die Hochschulen haben sich hier auf den Weg gemacht. Aber es gibt Forschungseinrichtungen – nicht nur Tiersammlungen, sondern auch andere –, bei denen überhaupt keine Energie eingespart werden kann, weil die Anlagen durchlaufen müssen. Deswegen müssen wir darauf aufbauend im Dialog mit den außeruniversitären Forschungsorganisationen, mit den Hochschulen passgenaue Lösungen für die Wissenschaft finden.
Die ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme hat da auch schon Ideen geliefert, mit denen wir uns auseinandersetzen können und bei denen wir um eine schnelle Umsetzung bemüht sind. Es geht darum, zu überprüfen, wie wir den Fuel Switch, also den Umstieg auf andere Energieträger, finanziell unterstützen können und wie wir mit Härtefallfonds umgehen, die wir möglicherweise brauchen.
Dazu will ich hier noch sagen: Das ist eine Herausforderung, die nicht nur an die Bundesregierung geht, sondern an mehrere Akteure. Ich habe gestern im Ausschuss gehört, dass der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft gesagt hat, dass er sich der Herausforderung sehr wohl bewusst ist und dass die Forschungsorganisationen einen Beitrag leisten müssen. Hier habe ich für Sie noch einen Tipp, schließlich sind Sie ja auch an einigen Landesregierungen beteiligt: Heute findet die Ministerpräsidentinnen- und Ministerpräsidentenkonferenz statt. Vielleicht geben die Länder, in denen Sie in der Regierung sind, den Hinweis, dass wir Forschungseinrichtungen in besonderer Weise schützen müssen. Wenn das gelingt, dann, so bin ich mir sicher, werden wir eine gute Lösung gemeinsam mit den Ländern und mit den Forschungseinrichtungen finden.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Mein Kollege Holger Mann hat es gerade schon gesagt: Der Bundeskanzler selbst hat in dieser Woche bei der Festveranstaltung der acatech deutlich gemacht, dass die Bundesregierung dieses Problem nicht nur sieht, sondern dass sie an konkreten Lösungen arbeitet – im Dialog mit den Forschungsorganisationen und mit den Ländern. Die Wissenschaftsorganisationen in diesem Land wissen, dass solch eine Rede nicht dahergesprochen ist, sondern dass sie sich auf das Wort des Kanzlers verlassen können. Wir als Regierungskoalition werden das auch unterstützen.
Eine wichtige Frage, die viele in den Forschungsorganisationen umtreibt, ist eine, die längerfristig darüber hinausgeht. Natürlich müssen wir die Energiekrise überwinden, aber jeder weiß doch: Die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, die 100 Milliarden Euro für Entlastungspakete, die 200 Milliarden Euro für den wirtschaftlichen Abwehrschirm plus die Belastungen, die wir im Bundeshaushalt aus der Coronapandemie haben – die sind ja nicht weg –, das engt die Spielräume für öffentliche Haushalte ein. Viele Wissenschaftsorganisationen fragen sich: Wie geht es in dieser Lage eigentlich langfristig weiter?
Ich will an dieser Stelle sagen, dass an den Fakten – und nicht in den Reden der Oppositionsfraktionen – ziemlich deutlich abzulesen ist, dass die Priorität für Bildung und Forschung in dieser Regierungskoalition, in dieser Bundesregierung erhalten bleibt. Das zeigt der Haushalt, den wir demnächst für das nächste Jahr beschließen werden, und das zeigt auch der Pakt für Forschung und Innovation. Ich war, das muss ich schon sagen, Herr Jarzombek und Frau Schön, schon sehr irritiert, als ich heute gelesen habe, dass Sie der Bundesregierung unterstellen, die Aufwüchse würden infrage gestellt.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Das habe ich doch gar nicht gemacht!)
Ich meine: Dass es im BMBF-Haushalt wenig disponible Mittel gibt, das ist eine Tatsachenfeststellung, die viele Vorgängerinnen von Frau Stark-Watzinger getroffen haben, auch aus Ihrer Fraktion. Dass Sie daraus aber ableiten, der Aufwuchs in Höhe von 3 Prozent jährlich, der in der Bund-Länder-Vereinbarung für den Pakt festgelegt worden ist, würde damit infrage gestellt, ist eine wirklich absurde Verdrehung von Tatsachen.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Ich habe die Ministerin zitiert, Herr Kollege!)
Die hätte ich Ihnen wirklich nicht zugetraut. Das muss man mal ganz ehrlich sagen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich hätte gedacht, Sie wissen, dass man eine Bund-Länder-Vereinbarung nicht einseitig kündigen kann.
Wir werden in der nächsten Sitzung der GWK in der übernächsten Woche Entscheidungen bekommen, durch die auch die Wissenschaftsorganisationen bzw. die Hochschulen langfristige Planungsperspektiven erhalten werden. Insofern ist – auch gegen jede Rede der Opposition – völlig klar und nachvollziehbar: Unsere Priorität für Bildung und Forschung bleibt. Wir haben eine Regierungskoalition, die sich in diesen schwierigen Zeiten für unsere Haushalte, für die Gesellschaft klar und mit viel Geld hinter unsere Forschungsorganisationen stellt.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Professor Michael Kaufmann ist der nächste Redner für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547350 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 63 |
Tagesordnungspunkt | Notfallfonds für das Wissenschaftssystem |