20.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 63 / Tagesordnungspunkt 9

Stefan NackeCDU/CSU - Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Letzte Woche habe ich die Ampelkoalition in der ersten Lesung für ihre unlogische Verquickung von Krisen- und Ordnungspolitik kritisiert und dafür, dass sie versucht, unseren Sozialstaat quasi unbemerkt umzubauen. Und was soll ich sagen? Am Montag haben mir ausnahmslos alle Expertinnen und Experten der Anhörung zugestimmt: Die Energiepreispauschale kommt zu spät, und sie erreicht nicht alle Menschen in diesem Land; außerdem schadet die Anhebung der Midijob-Grenze den Sozialversicherungen und dem Arbeitsmarkt insgesamt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Fangen wir mit der Energiepreispauschale an. Das Fazit der Experten: Die späte Erkenntnis der Ampel, dass auch Rentnerinnen und Rentner dieses Geld gut gebrauchen können, hat dem Ansehen der Politik in diesem Land stark geschadet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ines Verspohl vom Sozialverband VdK schildert, dass der VdK noch nie so viele E‑Mails, Anrufe und Briefe bekommen hat wie zu diesem Gesetz – Zitat –: Da war so viel Wut, Unverständnis, aber auch ganz viel Enttäuschung. – Das haben Sie auch gemerkt; das haben die Regierungsparteien vor allen Dingen bei der NRW-Wahl gemerkt. Auch Michaela Engelmeier vom Sozialverband SoVD ist der Meinung:

Die späte Einbeziehung der Rentner*innen hat daher einiges an politischer Glaubwürdigkeit gekostet.

Dieser Meinung bin ich auch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt kommt die Pauschale. Es bleibt nur die Frage, ob denn wenigstens jetzt alle Rentner/-innen erreicht werden. Die Antwort lautet leider: Nein. Julia Köhler vom Bundesverband Rehabilitation fasst es so zusammen – Zitat –: Tatsächlich sehen wir eine große Personengruppe bisher noch völlig unberücksichtigt, nämlich Schwerbehinderte, chronisch Kranke, Pflegebedürftige, die zu Hause gepflegt werden. – Ich ergänze noch: Auch nicht berücksichtigt sind etwa Opfer von Krieg und Straftaten, Impfschäden, politische Häftlinge der DDR, Unfallopfer, die aufgrund von Verletzungen nie in die Rentenkasse einzahlen konnten, oder die in Versorgungswerken versicherten Personen. Diese Menschen erneut zu vergessen, ist schäbig, liebe SPD.

(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN)

Nun zum zweiten Teil des Gesetzes: der Anhebung der Midijob-Grenze. Der DGB sieht darin – Zitat – eine sozialpolitisch fehlgeleitete Lösung. Die Deutsche Rentenversicherung stellt fest – Zitat –:

Durch die angedachte Ausweitung wird der im Äquivalenzprinzip vorausgesetzte Zusammenhang zwischen Vorleistung in Form von Beiträgen und Leistungen in Form von Renten zulasten der Versicherungsgemeinschaft weiter geschwächt.

Professor Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kritisiert, dass man Verteilungs- und Entlastungspolitik normalerweise nicht über Sozialversicherungsbeiträge mache, weil das nicht zielgenau sei. Er befürchte, dass davon auch relativ wohlhabende Menschen von guten bis sehr guten Einkommen aus anderen Quellen profitierten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich kann es durchaus nachvollziehen, dass Sie von der SPD und von den Grünen in Ihrer Dreierkoalition mit der FDP – und mit deren Wählerklientel – auch einmal etwas Gutes tun wollen. Da mag es naheliegen, bloß nicht zu viel für die Menschen im unteren Einkommensbereich zu machen. Sie sollten mit Ihrem Ampelgehampel aber nicht Ihre Wurzeln vergessen, liebe SPD.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Handelsverband HDE kritisiert, dass Sie unter dem Deckmantel der akuten Krisenlage eine grundsätzliche politische Agenda umsetzen und die paritätische Verteilung der Beiträge verändern. BDA und Deutsche Rentenversicherung kritisieren Ihre Teilzeitprivilegierung.

Seien Sie doch bitte ehrlich zu sich selbst und sehen Sie ein: Ihr Entwurf schadet den Unternehmen, und das in der Situation, dass viele von ihnen wegen Pandemie und Energiepreisexplosion ohnehin kurz vor der Pleite stehen. Was noch dazukommt: Sie verschärfen den Fach- und Arbeitskräftemangel, indem Sie Teilzeitbeschäftigung ausbauen, obwohl wir in Deutschland gerade mehr vollzeitnahe Jobs oder, besser, Vollzeitbeschäftigung brauchen.

Wenn Sie es in Ihrer Ampelkoalition schon nicht schaffen, nach außen geeint aufzutreten,

(Dr. Tanja Machalet [SPD]: Ihr könnt ja mal das Ehegattensplitting abschaffen! Wie wäre das denn? – Gegenruf von der SPD: Das fördert auch Teilzeit!)

so tun dies wenigstens Ihre Kritiker bei diesem Gesetz. Wäre die Anhörung eine Zeugniskonferenz, würde Ihnen jetzt einstimmig mitgeteilt: Sie haben das Klassenziel leider nicht erreicht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort die Kollegin Annika Klose.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7547373
Wahlperiode 20
Sitzung 63
Tagesordnungspunkt Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende
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