20.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 63 / Tagesordnungspunkt 6

Rainer KraftAfD - Enquete-Kommission "Sicherstellung der Energieversorgung"

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Sehr geehrte Präsidentin! Werte Kollegen! Es ist ja mittlerweile eine Binsenweisheit, dass Deutschland aufgrund einer falschen Energiepolitik in existenzielle Schwierigkeiten geraten ist, und da hilft der Verweis auf den russischen Angriffskrieg gar nichts. Denn bereits im Frühjahr 2019, also drei Jahre vor dem russischen Einmarsch, wurde die deutsche Energiepolitik vom „Wall Street Journal“ ganz treffend als „dümmste Energiepolitik“ der Welt bezeichnet.

(Beifall bei der AfD)

Landauf, landab wappnet sich das Land gegen die Gefahren eines unvorhergesehenen Stromausfalles oder auch vieler geplanter stundenweiser Stromabschaltungen, und das, obwohl Deutschland doch nach Aussage des zuständigen Ministers, der heute keine Zeit hat,

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Der Staatssekretär ist da!)

kein Stromproblem habe. Gleichzeitig werden seit 2020 Kraftwerkskapazitäten von 8 Gigawatt bei Kernenergie und runden 10 Gigawatt bei Kohleverstromung abgebaut. Dass zumindest Letzteres keine so gute Idee war, hat die Regierung mit der Einbringung des Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetzes hinreichend bewiesen. Parallel verfügt Deutschland nun über zwei Gesetze. Mit dem einen Gesetz wird das Verbot des Betriebes eines Kohlekraftwerkes gefordert, und das zweite Gesetz erlaubt den Betrieb genau dieses Kohlekraftwerkes wieder. Welch energiepolitischer Irrsinn! Das Gleiche wird uns bei der Kernkraft erwarten. Ein Gesetz wird kommen müssen, das einen Betrieb erlaubt, obwohl doch eigentlich von Gesetzes wegen der Betrieb verboten ist.

Ähnlich sieht es aus beim Erdgas. Methan aus sogenannten unkonventionellen Gewinnungsmethoden, umgangssprachlich als „Fracking“ bezeichnet, zu gewinnen, ist in Deutschland verboten. Gleichzeitig soll aber der Import von im Ausland gewonnenen Fracking-Gas massiv erhöht werden. Dazu wurde extra ein Gesetz geschaffen, das sogenannte LNG-Beschleunigungsgesetz. Dieses erlaubt dann wieder Dinge, die natürlich von Rechts wegen sonst verboten wären.

Diese Beispiele zeigen uns ganz klar: Die deutsche Energiepolitik hat sich hoffnungslos verrannt und wird nur noch durch behelfsmäßige Flickschusterei am Leben gehalten.

(Beifall bei der AfD)

Die Kosten für diesen dahinsiechenden Patienten, genannt Energiepolitik, sind dabei so groß, dass sie von einer stark zunehmenden Zahl von privaten und auch unternehmerischen Abnehmern nicht länger geschultert werden können. Und die Folgen sind Abwanderung der wertschöpfenden Industrie und die Verarmung des Volkes.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was diese und auch die vorhergehende Regierung offensichtlich nicht verstanden haben: Energie ist die Basis unseres Wohlstandes, sie ist für Wirtschaft und Volk so wichtig wie für uns der Sauerstoff, und daher hat sie ständig in ausreichenden Mengen zur Verfügung zu stehen und darf durch die Kosten die Bezieher nicht unnötig belasten.

Die Energiepolitik der vergangenen 20 Jahre hat aber das Gegenteil dessen gemacht. Neue Formen der Energieerzeugung wurden mit Milliarden an Steuergeldern etabliert,

(Timon Gremmels [SPD]: Und Atom wurde nicht subventioniert, oder was? Atomkraft war immer umsonst?)

obwohl keinerlei Beleg für die technische Machbarkeit dieses Unterfangens existiert hat.

(Beifall bei der AfD)

Bevor eine Ersetzung der erprobten Energieerzeugungsmethoden sowohl in technischer Hinsicht als auch in den Fragen der Verlässlichkeit als auch in den Fragen der Regionalität der Erzeugung hätte stattfinden dürfen, hätte dieses Konzept der sogenannten Erneuerbaren in kleinem Maßstab getestet werden müssen, um die Machbarkeit und die reellen Kosten zu ermitteln. In solch einem Labor hätte man dann ganz schnell gemerkt, dass der Preis weit über dem einer Kugel Eis liegt und dass die Zuverlässigkeit der Energieversorgung mangelhaft ist.

(Timon Gremmels [SPD]: Die preiswerteste Form der Stromerzeugung ist Photovoltaik, mein Gott! – Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber das wurde nicht gemacht. Berufsfremde – hier ruft gerade einer rein –, überbezahlte Menschen ohne vorzeigbare Vita zerschlugen in maschinenstürmendem Eifer all die Techniken und Fundamente der energetischen Basis dieses Landes.

(Beifall bei der AfD)

Letzte Woche hatten wir im Bundestag Besuch von ukrainischen Kollegen aus der Werchowna Rada, dem ukrainischen Parlament. Der Vorsitzende des Gasausschusses, Andreii Zhupanyn, hat uns in bewegenden Worten geschildert, wie derzeit die Energieinfrastruktur der Ukraine durch russische Angriffe gezielt zerstört wird. Das Ziel Russlands ist offensichtlich: Die Ukraine soll durch Zerstörung der Möglichkeiten, Energie zu erzeugen, zu verteilen oder auch zu verkaufen, in die Knie gezwungen werden.

Hier in Deutschland braucht es dazu weder Raketen noch Bomben noch iranische Kamikaze-Drohnen; denn die Grundlagen der Energieversorgung werden von der Regierung selbst zertrümmert.

(Beifall bei der AfD – Timon Gremmels [SPD]: Das ist doch zynisch! Das gibt es doch gar nicht!)

Seit 2011 sind zum Beispiel 14 moderne Kernkraftwerksblöcke stillgelegt worden

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schämen Sie sich! – Timon Gremmels [SPD]: Schämen Sie sich!)

mit einer Nennleistung von 20 Gigawatt – Kraftwerke, nach denen nicht nur die Ukraine sich derzeit die Finger abschlecken würde, und Sie haben sie abgeschaltet.

(Beifall bei der AfD -Timon Gremmels [SPD]: Das ist ja unglaublich!)

Um das zu verdeutlichen, ein Beispiel:

(Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht es in Ihrem Antrag eigentlich um die Enquete-Kommission?)

Hätten wir noch 17 Kernkraftwerke, dann könnte man deren erzeugte Energie auf ungefähr 180 Terawattstunden hochrechnen.

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommen Sie zum Thema!)

Die gesamte Erzeugung von Strom aus Kohle und Gas im vergangenen Jahr, 2021, waren 240 Terawattstunden. Und das heißt, zwei Drittel der fossilen Energieerzeugung hätten vergangenes Jahr durch Kernenergie ersetzt werden können. So viel zu Ihren angeblichen Klimaeinsparungsmaßnahmen. Das Gleiche gilt auch für dieses Jahr 2022, in dem die Regierung jetzt nach Gas und Kohle bettelt. Hätten wir Kernenergie, müssten wir das Dorf Lützerath nicht wegbaggern.

(Beifall bei der AfD)

Die von der Regierung angepriesenen Energieträger Wind und Sonne haben 2021 nur circa 150 Terawattstunden geliefert. Und das heißt: Nach über 20 Jahren der Dauersubventionierung schaffen es diese Zufallsenergien nicht, auch nur die Leistung der Kernkraftwerke zu substituieren, und vom Ersatz von Kohle und Gas ist hier noch gar nicht die Rede. Das sind die harten Fakten in Ihrem Energiewendemärchen.

(Beifall bei der AfD)

Ich stelle mir die Frage, wo das hinführen soll. Ganz einfach: Das Ziel ist es, dass Deutschland wieder eine Energieversorgung bekommt, die den Vorgaben der Agenda 2030 entspricht: bezahlbar, zuverlässig, nachhaltig und modern. Das wird die Aufgabe dieser Kommission sein.

(Beifall bei der AfD)

Weil hier die ganze Zeit Einwürfe zu den sogenannten Erneuerbaren kommen: Nein, niemand stellt die Fähigkeit von Windindustrieanlagen und Photovoltaik infrage, Strom produzieren zu können.

(Lachen des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das wäre auch eine hervorragende und gute Sache, wenn die Menge der Erzeugung zum entsprechenden Verbrauch passen würde. Nur, das ist leider so gut wie niemals der Fall. Daher müssen ständig teure Ersatzmaßnahmen greifen, um die ganzen Defizite zu überbrücken.

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht kann man beides machen! Dann passt es besser!)

Zukünftig soll dann Energie, die produziert wird, in eine speicherbare Form überführt werden, um dann in Zeiten der ständigen Unterproduktion aktiviert zu werden. Zu diesem Zweck ist es dann nötig, gewaltige zusätzliche Mengen an Energie zu erzeugen, um die dabei auftretenden Verluste zu kompensieren. Das ist derzeit eine megalomanische Idee. Denn nicht nur die jetzige Stromversorgung soll eins zu eins ersetzt werden, sondern darüber hinaus sollen riesige Mengen an Energie mit dem einzigen Zweck erzeugt werden, die gigantischen Wandlungsverluste zu kompensieren – rein in den Wasserstoff, raus aus dem Wasserstoff, rein in die Batterie, raus aus der Batterie –, also Energie zu erzeugen mit dem einzigen Zweck, sie wieder zu verschwenden.

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn! – Gegenruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD]: Es ist so! – Weiterer Gegenruf des Abg. Enrico Komning [AfD]: Für mich ist das logisch!)

Die Evaluation betraf jetzt nur den Stromsektor. Aber sie wird sich um mehrere Größenordnungen erhöhen, wenn sie, wie geplant, den gesamten Primärenergiesektor erfassen soll.

Wir stellen fest: Der Energiesektor in Deutschland ist stark reformbedürftig. Die Regierung doktert mittlerweile im Monatstakt mit neuen Gesetzen an den Symptomen herum.

(Timon Gremmels [SPD]: Die Symptome sind ein russischer Angriffskrieg!)

Es ist deswegen an der Zeit, dass die Legislative zurück zur Wurzel geht, um die Energiepolitik, die Basis des Wohlstandes dieses Landes, wieder in die richtige Spur, in die richtigen Bahnen zu lenken.

(Beifall bei der AfD – Timon Gremmels [SPD]: Das war ja wohl nix! – Enrico Komning [AfD]: Das sollte jetzt jeder begriffen haben!)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Kollege Markus Hümpfer.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Reinhard Houben [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7547381
Wahlperiode 20
Sitzung 63
Tagesordnungspunkt Enquete-Kommission "Sicherstellung der Energieversorgung"
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