20.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 63 / Tagesordnungspunkt 16

Thomas ErndlCDU/CSU - Russlands Einfluss in Afrika

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der russische Angriffskrieg hat massive Auswirkungen auch auf den afrikanischen Kontinent. Steigende Nahrungsmittelpreise, Öl- und Benzinpreise bringen auch dort viele Menschen an oder unter die Armutsgrenze. Durch Inflation und fehlendes Wachstum steigende Haushaltsdefizite verschärfen die Situation und führen vermehrt zu sozialen Spannungen.

Während wir Kriegsverbrecher Putin und die imperialen Ansprüche Russlands klar als Ursache benennen können, tut sich manch afrikanischer Staat schwer mit einer eindeutigen Bewertung. Die Abstimmungen in der UN-Generalversammlung zeigen schonungslos den wachsenden Einfluss Russlands auf dem afrikanischen Kontinent auf. Russland steigert den Einfluss systematisch, häufig verdeckt, teils mit mafiösen Methoden, kriminellen Strukturen und immer mit dem Ziel, mit wenig Aufwand maximalen Ertrag zu erzielen.

Russland präsentiert sich zum einen als Wirtschafts- und Handelspartner und zum anderen auf politischer Ebene oft als Lehrmeister für autoritäre Staaten, zum Beispiel, wenn es um die effiziente Unterdrückung von politischen Oppositionellen oder der Zivilgesellschaft geht. Und auch militärisch ist der Einfluss groß. Russland ist nicht nur der größte Waffenlieferant des Kontinents, sondern auch mit Wagner-Truppen und Kräften der russischen Armee in mehreren Ländern aktiv.

Deswegen ist es wichtig, dass wir heute debattieren, was unsere Antwort darauf sein kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Antwort darauf ist keine einzelne politische Entscheidung. Um den Einfluss Russlands zurückzudrängen – und das muss unser Ziel sein –, braucht es eine sichtbare Strategie und braucht es vor allem den politischen Willen, auch die Kosten für die Umsetzung dieser Strategie zu tragen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und da bin ich mir bei dieser Bundesregierung leider nicht sicher, ob sie das vollumfänglich verstanden hat.

Es gibt weder ein umfassendes Konzept, wie wir in der Sahelzone zu mehr Stabilität kommen, noch ist aus der Regierung irgendeine Position zum Krieg in der ostafrikanischen Tigray-Region vernehmbar, bei dem allein in den letzten Tagen dem Vernehmen nach Zigtausende Opfer zu beklagen sind.

(Stefan Keuter [AfD]: Hunderttausende!)

Es klafft leider wieder einmal eine sehr große Lücke zwischen den Ansprüchen dieser Regierung – Stichwort „menschenrechtsgeleitete oder feministische Außenpolitik“ – und der Wirklichkeit, eine Lücke zwischen Worten und Taten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das, meine Damen und Herren, wird auch deutlich beim Blick auf den Haushaltsentwurf für das Auswärtige Amt. Russland betreibt massive Desinformationskampagnen. Die Russen streuen systematisch Falschinformationen, die uns, den Westen, als Ursache für den Krieg in der Ukraine darstellen. Sie ziehen damit ganze Gesellschaften auf ihre Seite. Dem müssen wir uns klar entgegenstellen; aushalten und aussitzen geht hier nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es braucht eine klare Kommunikationsstrategie, auch über das vielfältige eigene Engagement.

Und was macht unsere Regierung? Ausgerechnet bei den dafür notwendigen Instrumenten kürzt sie die Haushaltsposten. Wenn es ums Hineinwirken in die Zivilgesellschaften geht, werden Mittel gestrichen. Wenn es um strategische Kommunikation geht, werden Mittel gestrichen. Deutsche Welle – es werden Mittel gestrichen. Stipendienprogramme für afrikanische Studenten und Wissenschaftler – es werden Mittel gestrichen. Andere bieten jedes Jahr Zigtausende Stipendien an, und wir streichen zusammen und treiben junge, motivierte, bildungsaffine Menschen in die Hände von China und Russland. Das versteht niemand, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jede Lücke, die wir offen lassen, wird besetzt – durch China, aber auch durch Russland. Das ist langfristig fatal, gerade wenn es um das Hineinwirken in die Gesellschaften geht, vor dem Hintergrund, dass in Afrikas Gesellschaften persönliche Beziehungen immens wichtig sind. Gerade hier wird der Rotstift angesetzt.

Wir müssen verlässlicher Partner in Investitions-, Handels- und Energiepartnerschaften sein. Wir müssen aber auch sichtbar sein, und das geht nicht umsonst. Wir müssen im Dialog bleiben, auch mit den schwierigen Ländern, mit denen, die jetzt nicht klar auf unserer Seite sind. Wir müssen im Dialog mit den Gesellschaften bleiben, die teils weiter sind als deren autokratische Regierungen. Das ist mühsam, das ist langwierig, aber das dürfen wir nie aufgeben, meine Damen und Herren. Wir sind ein wichtiger Partner – Gerd Müller hat in den vergangenen Jahren dafür gute Grundlagen gelegt – und führen den Dialog immer auf Augenhöhe.

Wir haben jetzt ein Zeitfenster; denn gerade in schwierigen Zeiten kann man sich als verlässlicher Partner präsentieren. Diese Chance müssen wir ergreifen. Der Haushaltsentwurf des Auswärtigen Amts ist dafür definitiv das falsche Signal; denn nur mit beherzter Politik und nicht mit Zögerlichkeit und ausgedünnten Mitteln können wir für Afrika der richtige Partner sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort der Kollegin Michelle Müntefering.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7547426
Wahlperiode 20
Sitzung 63
Tagesordnungspunkt Russlands Einfluss in Afrika
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