Lars RohwerCDU/CSU - Erweiterungsbau für das Bundeskanzleramt
Glück auf, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die „Neue Zürcher Zeitung“ hat im Jahr 2020 geringfügig über den Eingangsbereich des Kanzleramtes gelästert: Er sei wie der „Eingangsbereich eines Baumarktes“; Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit seien die vorherrschenden Eigenschaften. – Liebe Kolleginnen und Kollegen: Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit.
(Beatrix von Storch [AfD]: Nee! Einfach nur scheußlich! Teuer, aber scheußlich! – Stephan Brandner [AfD]: Da haben Sie gedacht: „Wir holen die Milliarden raus und machen den Eingang schön“, nicht wahr?)
Ja, das Kanzleramt erscheint in der Tat schlichter als andere Regierungssitze in der Welt. Doch sparsam ist tatsächlich nur die Optik des Eingangsbereiches.
(Beatrix von Storch [AfD]: Nicht die Kosten!)
Wirft man einen Blick auf die Energiebilanz des Hauses, bleibt von der Sparsamkeit nun wahrlich nichts mehr übrig.
Wir leben in einer krisenhaften Zeit. Viele Menschen sind besorgt, ob sie ihre Gasrechnung bezahlen können, und drehen die Heizung herunter. Herr Kollege Nickholz, schauen wir uns doch mal die Lebenswirklichkeit der Menschen an. Viele Unternehmen fürchten die Insolvenz aufgrund der gestiegenen und noch steigenden Energiekosten. Es ist nun wahrlich der absolut falsche Zeitpunkt, die größte Regierungszentrale der Welt zu errichten.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Was ist das denn? Was redet der da? Was ist denn das? – Otto Fricke [FDP]: Das ist eure geplante Zentrale! Eure Zentrale! Ihr habt die geplant!)
Für viele Menschen platzt der Traum vom Eigenheim, weil die Preise für konventionell gefertigte Wohngebäude
(Zuruf von der SPD)
– hören Sie lieber zu! – allein im August um 16 Prozent gestiegen sind.
(Otto Fricke [FDP]: Wie kann man so tun? Im Haushaltsausschuss heute noch zustimmen! – Bernhard Daldrup [SPD]: Was ist das denn?)
Die Zinsen für einen Baukredit liegen mittlerweile bei 4 Prozent, Tendenz steigend. Die Bundesregierung kann ihre Zusage, 400 000 Wohnungen zu bauen, aufgrund der gestiegenen Preise nicht mehr einhalten.
(Stephan Brandner [AfD]: Das habe ich schon erwähnt!)
Es ist ein Irrsinn, dann an der Erweiterung des Bundeskanzleramtes festzuhalten, und es ist den Menschen im Moment auch nicht vermittelbar.
(Christoph Meyer [FDP]: Eure Fraktion hat doch zugestimmt!)
Die Notwendigkeit eines Erweiterungsbaus stellen wir nicht prinzipiell infrage.
(Stephan Brandner [AfD]: Das ist ja der Schulterschluss mit der AfD! – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mir wäre das in der Opposition zu peinlich gewesen, so was abzuziehen!)
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundeskanzleramt brauchen natürlich auch ordentliche Arbeitsbedingungen. Die Errichtung dauerhafter Heimarbeitsplätze, wie von Ihnen vorgeschlagen, ist nun wirklich keine Lösung und zeigt lediglich, wie abwegig die AfD-Fraktion über das Regierungshandeln denkt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bernhard Daldrup [SPD]: Ihre Rede auch! Die ist auch abwegig! So eine peinliche Rede von der CDU! – Stephan Brandner [AfD]: Das verlangen Sie doch von anderen auch!)
Die Arbeit in einer Regierungszentrale lebt davon, dass Abteilungen miteinander vernetzt sind, von kurzen Absprachen im Türrahmen. Dauerhafte Heimarbeitsplätze sind dann auch nicht die richtige Lösung.
Ja, es ist durch Zurufe schon angesprochen worden: Wir haben 2019 die Notwendigkeit des Erweiterungsbaus gesehen.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Gesehen? Gefördert!)
Aber wir sehen perspektivisch eben auch weiter.
(Christoph Meyer [FDP]: Ihr habt diese Woche zugestimmt!)
Doch inzwischen haben wir Kosten, die jeden Rahmen sprengen: fast 300 Millionen Euro mehr. Und wir alle wissen, dass es dabei nicht bleiben wird.
(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber ihr habt ja diese Woche zugestimmt!)
Nehmen wir uns also eine kleine Denkpause.
Herr Bundeskanzler – Sie sind leider nicht da; aber ich denke, Herr Schneider kann das ja auch übermitteln –,
(Michael Schrodi [SPD]: Kurze Frage: Hat die CDU/CSU zugestimmt?)
nehmen Sie Ihre eigenen Worte ernst!
(Bernhard Daldrup [SPD]: Ihre gesamte Rede ist eine einzige Denkpause!)
Eine Zeitenwende bedeutet eben auch, nicht zwingend erforderliche Projekte in andere Zeiten zu verlagern. Jetzt haben Sie noch die Möglichkeit dafür.
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Otto Fricke?
Ja, gern.
Herr Kollege Rohwer, bei allem Verständnis dafür, dass man, wenn man in der Opposition ist, die Dinge vielleicht etwas anders sieht als zuvor in Regierungsverantwortung: Würden Sie mir zustimmen, dass die Beratung zum Kanzleramtsbau, der im Volkssprech ja nicht zu Unrecht eigentlich „Merkel-Braun-Bau“ heißt,
(Stephan Brandner [AfD]: Braunes Haus!)
heute im Haushaltausschuss unter Ihrer Kenntnisnahme ohne jeglichen Protest sogar noch vorgezogen worden ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Behandelt wurde die Frage, ob man ihn schneller bauen würde. Würden Sie mir zustimmen, dass da kein Widerwort von Ihrer Fraktion kam, sondern dass man das hat durchgehend laufen lassen? Können Sie mir erklären, wie Sie auf der einen Seite im Ausschuss etwas laufen lassen und auf der anderen Seite jetzt hier so tun, als hätte Ihre Fraktion überhaupt nichts damit zu tun? Sie hat es geplant, sie hat es durchgezogen, es ist nichts verändert worden, und jetzt stellen Sie sich hier so hin?
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bernhard Daldrup [SPD]: Sehr gute Frage! – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtige Frage!)
Ja, Herr Kollege Fricke, ich kann Ihnen das ganz gut erklären: Auch Sie sollten sich in der Fraktion noch einmal die Energiebilanz dieses Gebäudes und dieser Planung anschauen.
(Otto Fricke [FDP]: Was hat das mit Ihrer Abstimmung zu tun?)
Ich glaube, dass Sie dann merken werden, dass es besser ist, vielleicht doch noch mal eine Denkrunde einzulegen. Denn wussten Sie zum Beispiel, dass das Kanzleramt noch mit einer Ölheizung geheizt wird?
(Otto Fricke [FDP]: Aber ja, als Sicherheit! – Michael Schrodi [SPD]: Beantworten Sie auch noch die Frage?)
Herr Kollege Fricke, es gibt hier keinen Dialog. Der Kollege kann antworten.
Natürlich verstehe ich, dass das Bundeskanzleramt möchte, dass es autark versorgt wird. Aber in diesen Zeiten, in denen wir alle zusammenrücken müssen und in denen vom Bundeskanzler eine Zeitenwende propagiert wird, müssen wir das letzten Endes eigentlich auch bei diesen Gebäuden berücksichtigen. Auch im Bundesbau ist es natürlich so, dass nicht alle Gebäude klimaneutral daherkommen.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Aber deswegen sind die Kosten gestiegen? Der weiß ja nix! Der weiß ja gar nix!)
Vielleicht nutzen wir die Chance, die wir jetzt haben. Seit 2019 hat es viele Entwicklungen im Rahmen der Energiewende gegeben. Das wäre doch wirklich eine Geschichte: das Bundeskanzleramt auf der Höhe der Zeit mit einer klimaneutralen Gebäudebewirtschaftung. Das wäre eine Hausnummer! Dann könnten wir alle auch mit gutem Gewissen dahinterstehen.
Ich komme zum Schluss. Berlin sollte Vorbild für solidarisches Handeln in unserer Gesellschaft sein. Wir können uns einen Anbau im Moment nicht so richtig vorstellen.
(Beifall der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Kehren wir lieber zurück zur Zweckmäßigkeit und zur Sparsamkeit.
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie in ein paar Stunden herausgefunden?)
In der Zwischenzeit, in der wir eine Denkpause einlegen, kann das Bundeskanzleramt auch noch Projekte im Umfeld des Bundeskanzleramtes in die Betrachtung einbeziehen. Die Bundesstiftung Aufarbeitung hat das Thema „Denkmal für die Opfer des Kommunismus“ angesprochen. Auch hierzu könnten wir in der Denkpause vielleicht einen guten Weg finden, um dann im Umfeld des Bundeskanzlersamtes ein Denkmal zu errichten. Es gibt viele Menschen im Land, die darauf warten, dass wir einen Ort des Erinnerns an die Opfer des Kommunismus in diesem Land haben.
Viele Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der AfD – Bernhard Daldrup [SPD]: Das war mehr eine Denkpause als eine Rede! – Zuruf des Abg. Helmut Kleebank [SPD])
Vielen Dank. – Lieber Kollege Kleebank, man muss auch nicht alles verstehen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Kollegin Hanna Steinmüller, Bündnis 90/Die Grünen, hat ihre Rede zu Protokoll gegeben. Das finde ich sehr schön.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dann ist die nächste Rednerin die Kollegin Sandra Weeser, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 63 |
Tagesordnungspunkt | Erweiterungsbau für das Bundeskanzleramt |