20.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 63 / Tagesordnungspunkt 32g

Sandra WeeserFDP - Erweiterungsbau für das Bundeskanzleramt

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Margaux! Liebe Lili! Das sind meine Töchter oben auf der Tribüne. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt ein sehr schönes Bild von Helge Braun – das ist der frühere Chef des Bundeskanzleramtes –, wie er voll Stolz auf ein drei Meter großes Modell seines Lieblingsprojektes zeigt: Das ist der Erweiterungsbau des Bundeskanzleramtes.

Machen wir uns nichts vor: Die Erweiterung des Bundeskanzleramtes ist ein Projekt der früheren Kanzlerin Dr. Angela Merkel und ihres Kanzleramtsministers Helge Braun. Schon als die Pläne 2019 vorgestellt wurden, gab es Kritik und auch die Frage: Ist es wirklich notwendig, diesen Anbau zu bauen? Aber Helge Braun hatte natürlich ein Problem: Das Kanzleramt platzte aus allen Nähten, die Mitarbeiter waren unzufrieden, und es fehlte an Büros. Der Erweiterungsbau war dafür die Lösung. Denn der Personalbestand im Bundeskanzleramt ist unter der Regierung von Bundeskanzlerin Merkel Jahr für Jahr gewachsen,

(Beatrix von Storch [AfD]: Da sollten wir vielleicht ansetzen!)

ganz nach dem Motto: Wozu hat Deutschland ein Außenministerium, wenn man im Kanzleramt noch einmal zu denselben Aufgaben neue Referate schaffen kann?

Außenwirtschaftspolitik: Dazu gibt es zwar eine Abteilung im Wirtschaftsministerium, aber Frau Merkel wollte im eigenen Haus zusätzlich Expertenstäbe. Sicherheitspolitik: Wenn Verteidigungsministerium und Innenministerium nicht effizient arbeiten, dann schafft man eben neue Stellen im Bundeskanzleramt. So wurden im Bundeskanzleramt über die gesamte Regierungszeit von Frau Merkel Parallel- und Doppelstrukturen aufgebaut.

(Karsten Hilse [AfD]: Entflechten Sie das wieder?)

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Ich denke mal, es sind auch einige loyale CDU-Mitglieder dort mit Posten versorgt worden.

(Stephan Brandner [AfD]: Das gibt es doch gar nicht!)

Wir kennen das Muster: Bevor es auch nur einen CSU-Abgeordneten gibt, der der Zusammenlegung von Wahlkreisen zustimmt, blockiert man lieber die komplette Wahlrechtsreform.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Im Dezember 2021 bildete dann unsere Ampel die neue Bundesregierung, und Bundeskanzler Scholz erbt ein personell viel zu groß gewachsenes Kanzleramt und den dadurch natürlich auch bestehenden Büromangel. Er erbt ein Helge-Braun-Bauprojekt, bei dem die Planungen fortgeschritten und erste Aufträge schon vergeben sind. Keine drei Monate danach startet Putin einen Angriffskrieg in Europa. Die verfehlte Energiepolitik der Ära Merkel resultiert in einer nie dagewesenen Energiekrise. Ich verstehe den Kanzler gut, wenn er in so einer Energiekrise die Prioritäten beim Krisenmanagement setzt und erst einmal mit dem Personal arbeitet, das Frau Merkel und Herr Braun aufgebaut haben. Denn wer ein Schiff im Sturm übernimmt, der fängt nicht damit an, die Kajütenplanung entsprechend der Besatzung umzustellen.

Zugleich gilt bestimmt auch, dass sich gerade Bauherren im ganzen Land angesichts von Materialengpässen, steigenden Kosten und steigenden Zinsen die Frage stellen müssen: Kann ich überhaupt den Bau, den ich jetzt geplant habe, unter den geänderten Rahmenbedingungen fortsetzen, oder muss ich auch mal die Notbremse ziehen? Ich glaube, wir müssen uns diese Frage auch stellen, was Projekte des Bundesbaus angeht. Wir befinden uns in einer Krise, und da ist es natürlich notwendig, zu prüfen, ob Kosten und Risiken noch im Verhältnis stehen oder ob ein solches Projekt gegebenenfalls geschoben oder angepasst werden kann.

Der Haushaltsausschuss hat heute die entsprechenden Entscheidungen gefällt. Der vorliegende Antrag wird an den Wohn- und Bauausschuss überwiesen. Wir werden uns ihn dort noch einmal genau anschauen. Wir werden es dort auch nicht der AfD überlassen, hierzu kritische Fragen zu stellen. Ich freue mich schon darauf, wie die CDU uns erklärt, warum das Projekt drei Jahre lang gegen jeden Widerstand durchgedrückt wurde. Ich freue mich auf die Debatte.

Ich bedanke mich bei Ihnen und wünsche Ihnen einen schönen Abend.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Weeser. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7547474
Wahlperiode 20
Sitzung 63
Tagesordnungspunkt Erweiterungsbau für das Bundeskanzleramt
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