Otto FrickeFDP - Stabilisierungsfondsgesetz, Beschluss Art. 115 II GG
Geschätzte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es heute? Wenn man sich für den einfachen Weg entscheidet, könnte man sagen: Es geht um 200 Milliarden Euro. Das ist aber eine zu einfache Antwort; denn es geht um etwas anderes. Es geht um etwas, was für die Bürgerinnen und Bürger und für die Unternehmen wichtig ist, nämlich um die Einhaltung des Versprechens, dass die Ampelkoalition noch vor dem Winter dafür sorgt, dass ausreichende Finanzmittel sowohl in der Heizperiode 2022/2023 als auch in der Heizperiode 2023/2024 und dass ausreichende Mittel für Gas und Strom für Unternehmen und Bürger vorhanden sein werden. Dieses Versprechen, das die Koalition gegeben hat, löst sie mit diesem Gesetzentwurf ein.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das habt ihr so flexibel hingekriegt! Das ist unglaublich!)
Bevor sich die CDU/CSU wieder aufregt, gebe ich noch einmal den Hinweis darauf, dass wir mit diesem Gesetz die Voraussetzungen dafür schaffen, dass diese Finanzmittel, diese 200 Milliarden Euro, jederzeit zur Verfügung stehen.
Die Gaskommission, die wir haben, hat uns in sehr kluger Weise gesagt, wir müssten folgende zwei ganz wesentliche Dinge tun: Wir müssen erstens sofort helfen. Da sage ich allen: Eine Soforthilfe wird nicht zu 100 Prozent gerecht sein. Wer meint, eine hundertprozentige Gerechtigkeit versprechen zu können, der versucht, den Einzelfall ad infinitum zu regeln, und wird am Ende nicht dafür sorgen, dass jedem einzelnen Bürger, jedem einzelnen Unternehmer, dem berühmten Bäcker geholfen wird. Wir machen das dadurch, dass wir bereits im Dezember entsprechende Zahlungen ermöglichen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zweitens – das ist sehr, sehr wichtig – zeigen wir auf, dass auch die Mittel für das Jahr 2023 bereits vorhanden sind und wir jederzeit auf sie zurückgreifen können. Ich möchte hier auch noch mal in Richtung CDU/CSU sagen: Das ist keine reine Verschiebung in der Buchhaltung, sondern es sind, wie wir zum Erstaunen der CDU/CSU im Haushaltsausschuss feststellen konnten, tatsächliche Bewegungen, die dafür sorgen, dass die entsprechenden Papiere beim Wirtschaftsstabilisierungsfonds liegen und auch jederzeit genutzt werden können.
Meine Damen und Herren, wir sorgen so dafür, dass wir für die Gaspreisbremse, die Strompreisbremse, die Stützungsmaßnahmen für die Unternehmen und auch für Härtefälle jederzeit ausreichende Mittel haben. Das ist die Verantwortung dieser Ampelkoalition, und diese nimmt sie auch wahr.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte dann auch deutlich sagen: Das ist genau wieder diese Trias, die von dieser Koalition erfüllt wird:
Wir sorgen erstens neben dieser Regelung mit Regelungen in Sozialgesetzen dafür, dass die Schwächsten unserer Gesellschaft geschützt werden. Wir nehmen also unsere soziale Verantwortung wahr.
Wir sorgen zweitens aber auch dafür, dass wir dann, wenn es um den Anreiz zum Sparen und die Frage geht, wie viel gegeben wird, ökologisch denken. Wir sorgen dafür, dass das Thema Sparen auch ein Teil dieses Systems ist, dass es nicht einfach nur heißt: „Hauptsache, jeder hat genug Geld, und es wird einfach geheizt“, sondern dass Nachhaltigkeit ein Teil der Hilfe ist. Auch das ist ein Anliegen dieser Koalition.
Wir sorgen drittens dafür – das halte ich für sehr wichtig –, dass die Bürger, aber noch mehr die Unternehmen Planungssicherheit bekommen.
Hier meine inständige Bitte an die CDU/CSU. Erinnern Sie sich doch einmal daran, was Sie dieser Koalition noch vor einem Monat gesagt haben: Ihr macht nichts! Ihr lasst die Bürger im Stich! Ihr besorgt kein Geld! Ihr müsst Hunderte von Milliarden Euro haben. Wo sind die?
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wann haben wir von Hunderten von Milliarden gesprochen?)
Ich kann Ihnen das ganz genau sagen: Hier in diesem Gesetz sind diese 200 Milliarden Euro. Sie haben die Möglichkeit, hier an dieser Stelle dann auch zuzustimmen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ich gehe auch gerne auf die Kritik des Bundesrechnungshofes ein. Ich glaube, ohne ihn würde ein Teil von Checks and Balances in unserer Demokratie fehlen. Aber dennoch ist ein Bundesrechnungshof nicht unfehlbar; das haben wir ja gestern gehört.
(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
– Ja, dass die Linken bei dieser Aussage besonders klatschen, ist mir klar. – Wir mussten feststellen, dass der Bundesrechnungshof selber sagte, dass er die Frage der Finanzierung der 200 Milliarden Euro noch gar nicht geprüft hat. Er gab sogar zu, dass es sachliche Zusammenhänge über die Jahre gibt, konnte aber dann nicht sagen, wie die eigentliche Lösung wäre.
Ja, bei Haushalten gilt die Jährlichkeit; ich bin mir sicher, Herr Middelberg wird nachher wieder versuchen, das alles irgendwie zu skandalisieren. Aber ich will Ihnen eines deutlich zum Thema Jährlichkeit sagen: Es war Ihre Fraktion, die selber aus guten Gründen viele Sondervermögen aufgestellt hat, denen wir als FDP in der Opposition auch in Teilen zugestimmt haben, in Fällen, die übrigens von der Verfassung auch vorgesehen sind. Die Verfassung verbietet keine Sondervermögen. Da ist es dann auch notwendig, zu prüfen: Machen wir es mit einem Sondervermögen?
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Hier gibt es überhaupt keinen Grund!)
Ich sage Ihnen deutlich: Wenn Sie von der CDU/CSU erklären: „Wir wollen keine Sondervermögen“, dann frage ich mich: Hätten Sie den Opfern im Ahrtal gesagt: „Ach, übrigens, ob ihr im nächsten Jahr noch Geld kriegt, das können wir euch noch nicht sagen; das können wir euch erst im November sagen, wenn wir den Haushalt für das nächste Jahr beschließen“?
(Zuruf des Abg. Friedrich Merz [CDU/CSU])
Hätten Sie gesagt: „Ob ihr bei der Bundeswehr Investitionen machen könnt, das können wir euch erst gegen Ende des Jahres sagen, wir machen das nicht“? Nein. Auch da: Sie machen ein Sondervermögen. Ja, ich gestehe zu: Sie sind sogar bereit, für Sondervermögen die Verfassung zu ändern.
Dann sage ich Ihnen zudem – das erwarte ich dann auch von der CDU/CSU –: Wenn die CDU/CSU das hier – berechtigt im Rahmen ihrer Oppositionsaufgabe – kritisiert, dann sollte sie etwas tun, was sie bisher in Haushalts- und Finanzdebatten nicht tut, nämlich ihre Alternative wirklich durchgerechnet darzulegen. Sie darf nicht einfach sagen: Alternativen? Ist nicht unsere Aufgabe; Alternativen darlegen können wir eigentlich gar nicht. – Das ist Ihr Problem von der CDU/CSU! Daran müssen Sie sich in den nächsten Minuten hier im Plenum messen lassen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ich will ganz deutlich sagen: Wir führen mehr Parlamentsrechte ein. Wir sorgen für Kontrollen. Wir sorgen an ganz vielen Stellen dafür, dass zu diesen 200 Milliarden Euro in den nächsten Wochen die Umsetzungsgesetze kommen – mit Parlamentsbeteiligung. Beteiligen Sie sich daran! Bitte machen Sie endlich mal Vorschläge, die konkret durchgerechnet sind, und nicht einfach nur pure, simple Opposition. Dafür ist die Sache zu ernst.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Mathias Middelberg.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547546 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Stabilisierungsfondsgesetz, Beschluss Art. 115 II GG |