Mathias MiddelbergCDU/CSU - Stabilisierungsfondsgesetz, Beschluss Art. 115 II GG
Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um das gleich klarzustellen: Auch wir wollen einen Schutzschirm für die Menschen und für die Betriebe in unserem Land in dieser Krise.
(Otto Fricke [FDP]: Das ist doch gut!)
Das Problem ist aber: Heute geht es gar nicht um diesen Schutzschirm, heute geht es auch nicht um Gaspreisbremse, Strompreisbremse und Unternehmenshilfen. Das steht hier heute gar nicht zur Debatte, das steht auch nicht zur Entscheidung.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!)
Heute steht zur Entscheidung – da widerspreche ich Ihnen ausdrücklich, Herr Fricke; denn Sie haben versucht, das genau andersherum darzustellen –, dass Sie von uns einen Geldsack haben wollen, gefüllt mit 200 Milliarden Euro.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Einen Blankoscheck! – Otto Fricke [FDP]: Sie haben den Gesetzentwurf nicht gelesen!)
Den wollen Sie sich in den Keller Ihrer Regierung stellen und sich dann überlegen, was Sie mit dem Geld anfangen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Das ist die Wirklichkeit. Das ist die Wahrheit.
(Otto Fricke [FDP]: Schauen Sie in den Entschließungsantrag! Wie kann man so etwas sagen? Wie kann man die Leute so verunsichern?)
Ich sage Ihnen: Die Wirklichkeit ist, dass wir keinen konkreten Vorschlag für Ihre Gaspreisbremse haben.
(Otto Fricke [FDP]: Den habt ihr nicht! Das stimmt! Ihr habt nichts!)
Wir haben bisher nur einen Kommissionsvorschlag. Den Vorschlag, den die Kommission entwickelt hat, haben wir schon vor anderthalb Monaten auf unserem Bundesparteitag beschlossen. Das ist das Thema.
(Zurufe von der SPD)
Für Ihre Strompreisbremse liegt nichts Konkretes vor, und für die Unternehmenshilfen liegt nichts Konkretes vor. Sie verlangen von uns, dass wir Alternativen rechnen sollen.
(Otto Fricke [FDP]: Wenigstens mal was vorlegen!)
Wir würden gerne rechnen, aber dann müssten wir von Ihnen eine Berechnungsgrundlage kriegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Was wollen Sie denn machen? Kein Mensch in diesem Land weiß, was Sie konkret machen. Nein, das Gegenteil ist doch richtig. Wie Sie zu Recht sagen: Die Menschen in diesem Land sind in größten Sorgen, teilweise in Angst, weil sie nicht wissen, ob sie die Abschläge an ihren Energieversorger bezahlen können. Die Betriebe in diesem Land können nicht planen und können nicht rechnen. Sie können keine Investitionen tätigen, keine Bestellungen. Sie wissen nicht, ob sie einen Auftrag im nächsten Jahr annehmen können, weil sie nicht wissen, mit welchen Energiepreisen sie ihre Produktion kalkulieren können. Sie wissen gar nicht, ob sie wettbewerbsfähig anbieten können.
(Otto Fricke [FDP]: Und durch Ihr Nein werden sie es nie können!)
In dieser Unsicherheit warten die Menschen auf diese Regierung, die heute im Übrigen ja gar nicht anwesend ist. Sämtliche Minister sind weggelaufen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Oh! Oh! Oh! Oh! Die Ministerpräsidentenkonferenz wurde verschoben!)
Wir entscheiden heute über 200 Milliarden, die Sie bewilligt haben wollen, und wir sehen keinen Minister. – Ah, Frau Stark-Watzinger ist da; hervorragend. Aber keiner der Ressortminister, keiner der irgendwie zuständigen Minister ist heute da. Das an sich ist schon ein Skandal.
(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Weil Ihre Ministerpräsidenten sie nach Hannover gezerrt haben!)
Die Menschen in diesem Land warten darauf, dass diese Regierung endlich handelt. Aber sie tut es nicht. Sie beschäftigen sich permanent mit sich selbst und Ihren internen Streitereien.
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch totaler Unfug!)
Den ganzen Sommer über haben Sie mit internem Streit verplempert.
(Julian Pahlke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Wort zur Sache!)
Im Juli haben Sie uns eine Gasumlage, eine zusätzliche Belastung der Verbraucher, vorgeschlagen. Zwei Monate hat Herr Habeck gebraucht, um diesen Fehler zu korrigieren.
Ungenügend – das sage ich ganz deutlich – ist Ihr Regierungshandeln auch bei der Frage: Wie steigern wir das Angebot bei Strom und Gas? Ihr fauler Kompromiss zu den Kernkraftwerken mag über diesen Winter hinwegretten.
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es jetzt gar nicht!)
Im nächsten Winter hilft er ganz sicher nicht. Frau Grimm, die Wirtschaftsweise, die auch den Vorschlag für die Gaspreisbremse ausgerechnet hat, den Sie ja so toll finden,
(Otto Fricke [FDP]: Sie nicht?)
hat Ihnen vorgerechnet, dass der Strompreis dann, wenn Sie die drei Kernkraftwerke bis Ende 2024 weiterbetreiben würden, um bis zu 12 Prozent niedriger sein würde.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Genau!)
Wenn die Menschen in diesem Land im nächsten Jahr 12 Prozent mehr für ihren Strom zahlen, dann haben sie das dem Frieden in dieser Ampel und der grünen Ideologie zu verdanken. Das ist die Wirklichkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Jetzt sage ich Ihnen etwas zum Thema Finanzierung. Wir würden Sie bei Ihrem Schutzschirm wirklich gerne unterstützen, und das ist ehrlich gemeint.
(Widerspruch bei der SPD)
Es geht nicht darum, dass sich diese Opposition einer Unterstützung verweigert. Aber ich sage es noch mal: Wir wollen dann von Ihnen wenigstens mal ein konkretes Konzept für die Gaspreisbremse, für die Strompreisbremse und eine Berechnung für die Unternehmenshilfen auf dem Tisch sehen. Dies könnten wir dann prüfen. Damit könnten wir uns auseinandersetzen wie normale Menschen. Die überlegen doch auch erst: „Was kaufe ich mir? Was kostet es?“, und dann gehen sie zur Bank und holen sich das Geld. Und Sie erklären uns hier, es wäre logisch, wenn man es genau umgekehrt machen würde.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nein, es ist Schwachsinn, was Sie machen, und das ist nicht zu begründen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Sie wissen nicht, wofür Sie das Geld brauchen. Sie wissen nicht, wann Sie das Geld brauchen. Trotzdem wollen Sie von uns eine Blankozusage über 200 Milliarden Euro.
(Otto Fricke [FDP]: Ach, kennen Sie die Preise vom nächsten Jahr? Wissen Sie, wie die Gas- und Strompreise im nächsten Jahr sind?)
Das kann man gar nicht gutheißen. Das ist unmöglich.
Ihre Finanzierungsmethode ist maximal unsolide. Das hat Ihnen auch der Bundesrechnungshof in dieser Woche vorgehalten,
(Otto Fricke [FDP]: Nein! Das nicht!)
der Ihnen erklärt hat, dass es verfassungsrechtlich ausgesprochen fragwürdig ist, was Sie machen.
(Otto Fricke [FDP]: Aber nicht die Berechnungsgrundlage! – Zuruf von der SPD: Keine Ahnung!)
Sie wollen sich jetzt 200 Milliarden Euro in den Keller legen und wollen alle diese Kredite auf dieses Jahr rechnen, damit Ihr Finanzminister, der ja versprochen hat, dass er die Schuldenbremse im nächsten Jahr einhält
(Otto Fricke [FDP]: Richtig!)
– er hat ja dann, künstlich herbeigeführt, die Taschen voller Geld –, dann im nächsten Jahr sagen kann: Ich halte die Schuldenbremse ein. – Das ist schlicht ein Umgehungsmanöver und nichts anderes.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ehrlich wäre,
(Otto Fricke [FDP]: Jetzt bin ich gespannt!)
wenn wir in diesem Jahr einen Nachtragshaushalt beraten und verabschieden würden.
(Otto Fricke [FDP]: Aha!)
Es wäre völlig okay, wenn Sie den jetzt erarbeiten und vorlegen.
(Otto Fricke [FDP]: Und im nächsten Jahr?)
Für das nächste Jahr machen wir das dann im regulären Haushaltsverfahren.
(Otto Fricke [FDP]: 120 Milliarden!)
Dann sagen Sie, wie viel Geld Sie zu welchen Zwecken brauchen und wann Sie es brauchen.
(Zuruf des Abg. Dennis Rohde [SPD])
Dann sagen Sie bitte auch, an welchen Stellen im Haushalt Sie einsparen wollen. Da haben Sie bisher überhaupt nichts auf die Leiste gebracht, obwohl Sie es in Ihrem eigenen Koalitionsvertrag versprochen haben.
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 120 Milliarden!)
Dann würden wir gerne eine Berechnung der Mehreinnahmen sehen, die wegen der gestiegenen Preise gewaltig sind.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Am meisten verdient daran der Finanzminister.
(Otto Fricke [FDP]: Haben Sie die Steuereinnahmen vom September gesehen?)
Dann haben Sie von Verfassungs wegen Spielraum bei der Schuldenbremse bei rückläufiger Konjunktur; das wissen Sie hoffentlich. Wenn es dann nicht reicht – auch das sage ich –, können wir über die Notlagenklausel sprechen. Uns liegt daran – das sage ich Ihnen jetzt ganz deutlich –, dass wir jährlich präzise abrechnen und dass wir die Verfassung und das Haushaltsrecht einhalten.
(Zuruf von der SPD: Machen wir! – Otto Fricke [FDP]: Und was machen Sie 2024?)
Von uns werden Sie heute keine Pauschalermächtigung zu 200 Milliarden Euro schlichter Schulden kriegen, bei denen wir nicht ansatzweise wissen, wofür, wann und wie das Geld ausgegeben werden soll.
Herzlichen Dank.
(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Peter Boehringer [AfD])
Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Dr. Matthias Miersch.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547547 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Stabilisierungsfondsgesetz, Beschluss Art. 115 II GG |