Stefan RouenhoffCDU/CSU - Deutschlands Rohstoffabhängigkeit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits die Coronapandemie hat der deutschen Wirtschaft einen Vorgeschmack darauf gegeben, was es heißt, wenn wichtige Rohstoffe knapp werden. Die Folge: massive Preissteigerungen, eine gedrosselte Produktion und Produktionsstopps. Mit staatlichen Stützungsmaßnahmen hat die Große Koalition 2020/2021 eine Pleitewelle in der deutschen Wirtschaft verhindert.
Die Coronakrise hat gezeigt: Der Produktionsstandort Deutschland ist ohne eine verlässliche Rohstoffversorgung massiv gefährdet. Und der russische Angriffskrieg macht deutlich: Deutschland ist nicht nur bei Energierohstoffen, sondern auch bei vielen mineralischen Rohstoffen von einzelnen Ländern viel zu abhängig geworden, Rohstoffe, die im Zweifelsfall auch als geostrategische Waffe gegen Deutschland, gegen Europa eingesetzt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, unsere Rohstoffabhängigkeit zu reduzieren,
(Beifall bei der CDU/CSU)
damit sich unsere Volkswirtschaft auch in stürmischen Zeiten international behaupten kann.
Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir ein Bündel von Maßnahmen. Eine Fokussierung, liebe Freundinnen und Freunde von den Grünen, allein auf die Kreislaufwirtschaft reicht hier bei Weitem nicht aus; denn bei zwei Drittel der von der EU-Kommission als kritisch eingestuften Rohstoffe liegt die Recyclingrate bei unter 1 Prozent – unter 1 Prozent! Das unterstreicht: Wir müssen beim Recycling deutlich besser werden. Aber wir müssen uns auch beim Rohstoffabbau im In- und Ausland viel stärker engagieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Denn nur dann werden wir in Deutschland eine hohe Wertschöpfung und vielversprechende Arbeitsplätze sichern können. Denn gerade für Zukunftstechnologien sind kritische Rohstoffe zwingend erforderlich: ohne Scandium keine Elektrolyse, ohne Platin kein Rechenzentrum, ohne Seltene Erden keine E‑Autos. Über 90 Prozent der in der EU verarbeiteten Seltenen Erden kommen heute aus China.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zahlen zeigen sehr deutlich: Es besteht dringender Handlungsbedarf. Deutschland und Europa sollten weder bei der digitalen Transformation noch bei der Klimatransformation vom Wohlwollen Chinas, Russlands oder anderer Länder abhängig sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vor diesem Hintergrund müsste die Bundesregierung jetzt eigentlich alles daransetzen, die Rohstoffbezugsländer zu diversifizieren, deutsche Unternehmen in Drittländern bei Exploration, Genehmigung, Abbau und Verarbeitung politisch und finanziell deutlich wirksamer zu unterstützen, etwa durch eine verstärkte Nutzung bestehender Rohstoffpartnerschaften oder durch neue Partnerschaften und Handelsabkommen. Stattdessen bringt das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium das bereits ausverhandelte EU‑Freihandelsabkommen mit dem rohstoffreichen Land Chile in Gefahr. Warum? Weil die Grünen das Nachhaltigkeitskapitel nachverhandeln wollten, um ihre Parteibasis zu besänftigen.
Liebe Freundinnen und Freunde von den Grünen, hören Sie endlich mit Ihren parteipolitischen Spielchen auf! Dies schadet der Europäischen Union und Deutschland massiv.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Machen Sie endlich das, was der Wirtschaftsstandort Deutschland jetzt dringend braucht und was auch Sie für Ihre Energiewende benötigen: Setzen Sie mithilfe von Rohstoffpartnerschaften und Handelsabkommen alles daran, unsere Rohstoffbezugsquellen zu diversifizieren!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Blick sollte sich auch auf die heimische Rohstoffgewinnung richten.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ja!)
Deutschland verfügt über einige energetische und mineralische Rohstoffvorkommen, die bisher jedoch nicht genutzt werden.
Liebe Ampelfraktionen, Ihr Koalitionsvertrag zielt auf eine Erleichterung des heimischen Rohstoffabbaus ab.
(Reinhard Houben [FDP]: Richtig!)
Das ist angesichts der angespannten geopolitischen Lage umso wichtiger; es ist richtig. Aber nach fast einem Jahr Ampelregierung drängt sich die Frage auf: Wie ernsthaft verfolgen Sie eigentlich dieses Ziel?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Reinhard Houben [FDP]: Sehr ernsthaft!)
Zum Hintergrund: Zu der geplanten Novellierung des Bergrechts gab es im Mai ein Fachgespräch. Das Bundeswirtschaftsministerium lud insgesamt 30 Experten ein: Rechtsanwälte, Vertreter des Öko-Instituts, Landes- und Bundesbeamte. Darunter war jedoch nur ein einziger Vertreter der rohstoffgewinnenden Industrie. Eine echte Einbindung der Industrie hat bis heute nicht stattgefunden, und bei der laufenden Novellierung des Raumordnungsgesetzes muss man die Erleichterungen für den Rohstoffabbau mit der Lupe suchen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist kein Fortschritt; das ist Stillstand. Also, ziehen Sie hier endlich die Praktiker heran, damit die geplante Novellierung der einschlägigen Gesetze einen tatsächlichen Beitrag zur Rohstoffsicherung leistet!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ereignisse der letzten Jahre haben gezeigt: Eine verlässliche Rohstoffversorgung ist für unsere Volkswirtschaft existenziell. Deutschland braucht ein Gesamtkonzept zur Rohstoffsicherung, das neben den bereits genannten Punkten auch die strategische Bevorratung von kritischen Rohstoffen etwa mithilfe einer Rohstoffbevorratungsrücklage umfasst und Maßnahmen zur effizienteren Ressourcennutzung vorsieht. Wir von der Unionsfraktion haben in unserem Antrag skizziert, aus welchen Bestandteilen ein Gesamtkonzept bestehen sollte. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, das ist die von Ihnen so oft geforderte konstruktive Oppositionsarbeit. Sie haben die Chance, unserem Antrag zu folgen und die Weichen richtig zu stellen. Wir sind gespannt, wie konstruktiv Sie sind.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Sebastian Roloff.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547565 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Deutschlands Rohstoffabhängigkeit |