21.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 64 / Tagesordnungspunkt 27

Michael ThewsSPD - Deutschlands Rohstoffabhängigkeit

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Roloff hat zum Unionsantrag eingangs schon gesagt: Vieles ist unterwegs. Das Problem ist richtig beschrieben; aber im Grunde genommen ist da nicht viel Neues, nicht viel Innovatives in diesem Antrag.

Wenn ich mir den Antrag der AfD angucke, muss ich sagen: Hier geht es anscheinend um Rohstoffabbau um jeden Preis. Nachhaltigkeit? Fehlanzeige! Menschenwürde und Menschenrechte? Fehlanzeige! Und Umweltschutz? Sowieso Fehlanzeige! So kann man nachhaltige Umweltpolitik, nachhaltige Rohstoffpolitik auf keinen Fall machen. Da sind die Unternehmen und die Menschen in Deutschland schon längst weiter.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Das können nicht die Antworten sein, insbesondere auch nicht in so einer Krise. Man kann mit den Ideen von vorgestern nicht die Probleme von morgen lösen. Wir werden innovative Lösungen brauchen. Da bietet Deutschland einiges, insbesondere im Bereich der Kreislaufwirtschaft. Schade, dass Sie diesen Lösungen in Ihren Anträgen nicht mehr Raum gegeben haben. In Deutschland kann da eine ganze Menge mehr passieren.

Wir müssen Transformation voranbringen, Transformation unserer Wirtschaft hin zu einer Kreislaufwirtschaft, und das Ganze so schnell wie möglich. Die Menge an abbaubaren Rohstoffen auf dieser Welt ist nun mal begrenzt.

Gleichzeitig aber steigt der Ressourcenbedarf rasant an; 2060 wird er voraussichtlich doppelt so hoch sein wie 2011. Haben wir 2011 noch 79 Gigatonnen Materialien verbraucht, werden es 2060 schon 167 Gigatonnen sein. Statt nun zu versuchen, Lösungen zu finden, indem man einen Kampf um Rohstoffe vom Zaun bricht, wäre es dringend geboten, Kreislaufwirtschaft jetzt wirklich neu zu denken und voranzubringen – aus ökonomischen, aber natürlich auch aus ökologischen Gründen.

Der Abbau von primären Rohstoffen verursacht nahezu immer mehr Treibhausgase als ein Recyclingprozess. Ein bekanntes Beispiel ist Aluminium. Für Recycling von Aluminium benötigt man nur 5 Prozent der Energiemenge, die für die Herstellung aus dem Primärrohstoff Bauxit nötig ist. Europaweit werden im stofflichen Recycling jährlich über 100 Millionen Megawattstunden Primärenergie eingespart. Dazu kommt, dass der Abbau und die Verarbeitung von Rohstoffen heute bereits für 90 Prozent des Verlustes an Biodiversität verantwortlich sind.

Kreislaufwirtschaft – das ist meine feste Überzeugung – ist gelebter Klima- und Umweltschutz und schafft Unabhängigkeit von den volatilen Märkten, aber auch Unabhängigkeit in Krisensituationen, wie wir sie jetzt erleben. Deswegen glaube ich, dass wir im Bereich der Kreislaufwirtschaft noch viele Möglichkeiten haben, hier Lösungen zu finden. Die Europäische Union importiert 78 Prozent des benötigten Lithiums aus einem einzigen Land, aus Chile; wir haben das vorhin schon gehört. Diese Abhängigkeit sollte Anlass genug sein, das Lithiumrecycling in Deutschland mit Hochdruck voranzutreiben. Die Industrie in Deutschland setzt bisher nur 12 Prozent Rohstoffe aus Recyclingprozessen ein. Das müssen wir dringend ändern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen Produkte recyclingfähig herstellen. Wir brauchen eine Einsatzquote für Rezyklate.

Liebe Union, Sie haben das jahrelang verhindert und sich immer dagegen ausgesprochen. Wir müssen durch geeignete Rahmenbedingungen den Absatz von Rezyklaten und Sekundärmaterialien fördern und dadurch Investitionssicherheit für Kreislaufwirtschaftsunternehmen schaffen. Das alles sind Maßnahmen, für die sich die SPD-Fraktion schon lange einsetzt und die die Union immer wieder blockiert hat. Da wundert es nicht, dass die Forderung nach einer Förderung der Kreislaufwirtschaft in Ihrem Antrag ganz hinten vorkommt. Ich hoffe, das ist keine Bewertung der Kreislaufwirtschaft; denn das hätte sie nicht verdient.

(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Die haben wir doch erfunden!)

Die Union hat in den letzten Jahren Maßnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft immer wieder mit dem Hinweis blockiert, man dürfe die Wirtschaft nicht zu sehr belasten, man müsse auf die EU warten und deren Beschlüsse nur eins zu eins umsetzen.

Das waren verpasste Chancen, und das zeigt sich auch in Ihrem Antrag.

Herr Kollege, kommen Sie zum Ende.

Die Anträge, die uns vorliegen, sind rückwärtsgewandt und wenig innovativ.

Vielen Dank.

Dann müssen Sie jetzt auch klatschen. Es ist jetzt Schluss.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Was ist los an diesem Freitag? Ich weiß es auch nicht. – Jetzt hat der Kollege Bernd Schattner für die AfD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7547572
Wahlperiode 20
Sitzung 64
Tagesordnungspunkt Deutschlands Rohstoffabhängigkeit
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