Reinhard BrandlCDU/CSU - Digitale Souveränität
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Souveränität Europas wird auch im Weltraum entschieden. Im Moment verlieren wir dort jeden Tag an Einfluss und an Souveränität. Alleine Elon Musk hat 2022 1 500 Satelliten ins All geschossen, aus Europa kamen ungefähr 10. Aber das ist nicht nur eine wirtschaftliche Frage oder eine Frage von wirtschaftlicher Abhängigkeit, sondern es ist auch eine Frage von Geopolitik geworden. Ohne die Unterstützung von Elon Musk und seiner Starlink-Satelliten hätte es die Ukraine sehr viel schwerer im Krieg gegen Russland. Die Frage, wie lange diese Unterstützung andauert, entscheidet im Ergebnis nur er. Deswegen ist es wichtig, dass Europa in diesem Bereich endlich die Initiative ergreift und aktiver wird. Deswegen begrüßen wir, meine Fraktion, diese europäische Satelliteninitiative ausdrücklich.
Es geht jetzt nicht darum, Elon Musk und Jeff Bezos im Massenmarkt zu überholen – das wird nicht funktionieren –, und es wird auch nicht funktionieren, dass wir politisch ein neues Google bauen; dafür sind sie zu weit weg. Aber was gelingen muss, ist, dass wir ein hochsicheres System entwickeln, mit dem wir besonders kritische Kommunikation absichern können. Was auch gelingen muss, ist, dass wir eigene Startkapazitäten in Europa voranbringen, mit denen es auch mal möglich ist, kurzfristig einen kompromittierten Satelliten aus dem All zu ersetzen. Wir reden heute über Angriffe auf Tiefseekabel, über Angriffe auf Pipelines. Wir werden morgen über Angriffe auf Satelliten sprechen, und ich will diese Debatte darüber, wie wir unsere Infrastruktur im All schützen wollen, nicht erst morgen führen, wenn es zu spät ist, sondern jetzt.
Meine Damen und Herren, es gibt einen ganz zentralen Punkt, bei dem wir uns von den USA viel abschauen können. Die großen Innovationen kommen dort nicht vom Staat und auch nicht immer nur von den großen Platzhirschen. Vielmehr sind es oft die kleinen und mittleren Unternehmen, die den großen Fortschritt bringen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und wir haben in Deutschland das große Glück, dass wir eine breite Palette von Start-ups und kleineren Unternehmen im New-Space-Bereich haben, die allesamt vor dem Sprung ins All stehen. Von denen wird vielleicht nur einer von zehn durchkommen. Aber die, die durchkommen, werden in zehn oder zwanzig Jahren den Unterschied für Deutschland und Europa machen. Ob sie durchkommen, entscheidet sich erstens danach, ob ihnen diese Initiative faire Wettbewerbsbedingungen schafft. Es muss klar sein: Es dürfen nicht nur die größten Anbieter gefördert werden, sondern es müssen vor allem die besten Ideen gefördert werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, gerade für die deutschen Unternehmen entscheidet es sich zweitens auch danach, ob sich Deutschland ambitioniert an dieser Initiative beteiligt. Die Entscheidung darüber wird in den nächsten Wochen auf der ESA-Ministerratskonferenz fallen. Wir haben das Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt, weil wir die Aufmerksamkeit darauf lenken wollen, dass dort eine wichtige Weichenstellung ansteht. Wenn sich Deutschland hierbei hinten anstellt, kommt es später nicht mehr nach vorne.
Die Bundesregierung handelt an dieser Stelle für uns bei Weitem zu unambitioniert. Wir wünschen uns, dass Deutschland gerade im Bereich der Satelliteninitiative eine Führungsrolle einnimmt, investiert und damit auch die Chance hat, die Leitlinien mitzubestimmen. Die anderen Länder Europas warten nicht auf uns, und unser Anspruch sollte doch zumindest sein, dass wir auf Augenhöhe mit Frankreich agieren. Aber diese Ambitionen sehe ich in der Bundesregierung nicht, und ich sehe sie schon gar nicht im Bundeshaushalt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer im Weltraum erfolgreich sein will, der braucht Mut, der braucht Energie, der braucht Begeisterung, und der braucht eine Vision. Ich habe jetzt schon oft New-Space-Unternehmen besucht, und ich erlebe es immer wieder, dass die Mitarbeiter förmlich dafür brennen, dass irgendwann einmal ein Produkt von ihnen ins All geschossen wird, um die Erde kreist und von dort aus das Leben auf unserem Planeten besser und sicherer macht. Dieses Bild vermisse ich in der Bundesregierung. Man kann sagen, da brennt die ganze Hütte. Aber es brennt kein Minister für die Raumfahrt. Da geht noch mehr.
(Heiterkeit des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU])
In diesem Sinne: Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich wünsche mir eine ambitionierte deutsche Bundesregierung bei der nächsten ESA-Ministerratskonferenz.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Johannes Schätzl hat das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547597 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Digitale Souveränität |