21.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 64 / Tagesordnungspunkt 30

Klaus MackCDU/CSU - Meeresschutzgebiet im Weddellmeer der Antarktis

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 14 000 Kilometer von Berlin entfernt befindet sich ein faszinierender Kontinent, die Antarktis. Sie kommt uns manchmal vor wie ein ferner, fremder Planet. Das Festland ist fast völlig überdeckt von einer dicken Eisschicht. 90 Prozent des Eises der Erde befinden sich hier. Das Eis der Antarktis ist deshalb auch ein Gradmesser der globalen Erwärmung. Die Anzeichen der Erderwärmung konnten wir in Deutschland in diesem Jahr mit einem weiteren Hitzesommer spüren. Aber auch in der Antarktis gibt es erste Anzeichen des Klimawandels, wenn auch nicht so stark wie am Nordpol. Doch wenn nur 10 Prozent der Inlandseisfläche schmelzen würden, stünde Hamburg bereits unter Wasser.

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Die Bedeutung des Südpols für unser Klima und die Artenvielfalt wollen wir deshalb heute mit unserem gemeinsamen Antrag zum Weddellmeer unterstreichen.

Es geht darum, eines der 14 Randmeere der Antarktis zu einem Meeresschutzgebiet zu erklären, und zwar zum mit Abstand größten Meeresschutzgebiet der Welt. Ich danke allen beteiligten Fraktionen, dass wir dies gemeinsam und in großer Einigkeit auf den Weg bringen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Weddellmeer ist ein einzigartiges maritimes Ökosystem, sechsmal so groß wie Deutschland. Das natürliche Gleichgewicht wird dort kaum von menschlichen Aktivitäten beeinflusst. Die Artenvielfalt gleicht der eines tropischen Korallenriffs. Kaiserpinguine gibt es zum Beispiel nur in der Antarktis. Ein Drittel dieser Tiere erblickt auf dem Meereis das Licht der Welt; aber auch Robben und Wale sind dokumentiert.

„Die Uhren des Lebens gehen hier langsamer“, schreibt das Alfred-Wegener-Institut; denn Meerestiere müssen sich hier besonders anpassen. Eisfische beispielsweise bilden Frostschutzproteine, die ein Gefrieren des Blutes verhindern. Ganz aktuell haben deutsche Forscher während der „Polarstern“-Expedition einen überraschenden Fund gemacht: 60 Millionen Fischnester befinden sich auf dem Grund des Weddellmeers. Das ist das räumlich größte entdeckte Fischbrutgebiet der Welt. Wir sprechen hier also von einer wahren Schatztruhe der Artenvielfalt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Philipp Hartewig [FDP])

Auch für unser Klima leistet das Weddellmeer einen entscheidenden Beitrag. Unsere Ozeane nehmen jedes Jahr rund ein Drittel des menschengemachten CO2 auf und speichern es. Das funktioniert – wir haben es gehört – über die sogenannte marine Kohlenstoffpumpe. Kaltes Wasser hat eine hohe Dichte. Die Wassermassen sinken damit ab und nehmen das CO2 mit in die Tiefe. Dort wird es dann über Jahrhunderte gespeichert. Das Meeresgebiet rund um die Antarktis speichert so pro Jahr knapp 2 Milliarden Tonnen an Kohlendioxid. Das ist mehr als der jährliche CO2-Ausstoß Russlands, des viertgrößten CO2-Emittenten der Welt.

Im Weddellmeer kommt die biologische CO2-Pumpe hinzu. Winzige, an der Wasseroberfläche schwimmende Algen nutzen die Energie der Sonne, um mit dem CO2 aus der Atmosphäre Biomasse aufzubauen. Stirbt das Phytoplankton ab, sinkt es. Dieser sogenannte Meeresschnee speichert damit das gebundene CO2 auf dem Meeresboden. Faszination Natur! Wir haben also alle eine große Verantwortung, dieses komplexe System zu erhalten, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

Bereits im Jahr 2011 wurde auf internationaler Ebene beschlossen, weltweit ein Netzwerk an Schutzgebieten zu schaffen. Der Schutz des Rossmeeres wurde 2015 noch von China und Russland abgelehnt, aber 2016 dann doch beschlossen. Auch beim Weddellmeer gehen die Bemühungen bis 2016 zurück. Aber auch bei der letzten Antarktis-Konferenz im Jahr 2020 sollte kein Durchbruch gelingen. Vermutlich wollten sich China und Russland die schmelzenden Polkappen für Rohstoffabbau und größere Fischgründe zunutze machen.

Jetzt also ein neuer Anlauf: Bis 2030 sollen 30 Prozent der Erde unter Schutz gestellt werden. Ohne Meeresschutzgebiete ist das nicht erreichbar; deshalb ist der Schutz des Weddellmeers entscheidend. Für die nächste Antarktis-Konferenz braucht die Bundesregierung deshalb eine breite Rückendeckung in diesem Haus.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Denn eines gehört zur Wahrheit dazu: Die geopolitische Lage ist im Vergleich zu 2020 weitaus schwerer geworden. Wenn das Vorhaben überhaupt gelingen kann, dann nur, wenn das Projekt auf höchster politischer Ebene angesiedelt wird. Unser Bundeskanzler und die Außenministerin müssen sich persönlich für das Weddellmeer starkmachen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Ausweisung des Weddellmeers muss zur Chefsache werden, meine Damen und Herren.

Auch wenn sich gerade die Machtverhältnisse in der Welt verschieben, die internationalen Herausforderungen größer werden, dürfen wir die Biodiversitätsziele nicht aus den Augen verlieren. Der Klimawandel und der Verlust der Artenvielfalt lassen sich in totalitären Staaten vielleicht zum Teil totschweigen. Die Auswirkungen werden aber auch dort spürbar werden. Deshalb sollten wir uns nicht entmutigen lassen. Wir haben die Aufgabe, unseren Planeten zu schützen. Das sind wir unseren nachfolgenden Generationen schuldig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Helmut Kohl sagte bereits 1982 im Deutschen Bundestag:

Wir stehen in der Pflicht, unsere natürlichen Lebensgrundlagen auch für künftige Generationen zu erhalten.

Ich danke den Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit. Wenn man gemeinsam anpackt, kann man etwas Großes erreichen. Setzen wir uns dafür ein, dass auch unsere Kinder und Enkel die Faszination von Kaiserpinguinen, Walen und Fischschwärmen im Weddellmeer noch erforschen dürfen und dass sie davon nicht nur in den Geschichtsbüchern lesen können!

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Mack. – Nächster Redner ist der Kollege Daniel Schneider, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Philipp Hartewig [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7547619
Wahlperiode 20
Sitzung 64
Tagesordnungspunkt Meeresschutzgebiet im Weddellmeer der Antarktis
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