21.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 64 / Zusatzpunkt 6

Johannes ArltSPD - Aktuelle Stunde - Bundesstopp für die Gigabitförderung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Dr. Gräßle, Sie haben gerade von Schämen gesprochen.

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Fremdschämen!)

Wissen Sie, wofür ich mich schäme? Ich stehe 2022 am Rednerpult des Deutschen Bundestags

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

und schäme mich dafür, dass in der größten Wirtschaftsnation Europas nicht jeder Haushalt einen Internetanschluss hat,

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

keinen Breitbandanschluss, nicht einmal einen normalen Internetanschluss. Dafür schäme ich mich.

(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Deswegen stoppen Sie die Förderung!)

Wenn Sie als die Partei, die den Breitbandausbau, die Verfügbarkeit von Mobilfunk und die Digitalisierung jahrzehntelang behindert hat, eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragen, dann ist das nur noch lächerlich.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Was sagen Sie Ihren Bürgermeistern?)

Vielleicht darf ich Sie an Folgendes erinnern: 1982 – da war ich noch nicht mal geboren –

(Konstantin Kuhle [FDP]: Aber Scheuer war schon für die Digitalisierung zuständig!)

hat die sozialliberale Koalition das weltweit erste flächendeckende Glasfasernetz beschlossen. 1982! Dann kam die geistig-moralische Wende. Und was war der erste Regierungsbeschluss? Man hat den Ausbau des ersten Glasfasernetzes wieder zurückgenommen. Das ist das Fundament des Problems, über das wir heute diskutieren.

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Können Sie mal zum Thema reden vielleicht?)

Ihr Haus hat jahrelang

(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Was sagen Sie Ihren Bürgermeistern? – Zuruf der Abg. Nadine Schön [CDU/CSU])

durch Missmanagement verschleppt und behindert. Herr Minister Scheuer ist nicht durch gute Ideen aufgefallen, sondern hat gute Ideen sogar noch torpediert.

Schauen wir uns die Resultate Ihrer Politik an! Bei der Breitbandverfügbarkeit liegt Deutschland unter dem Durchschnitt der EU-Mitgliedstaaten. Bei der digitalen Wettbewerbsfähigkeit liegt Deutschland gemäß dem Digital Riser Report auf dem vorletzten Platz der G‑7-Staaten.

(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Zum Thema!)

Also: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Chuzpe, so eine Aktuelle Stunde zu beantragen!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf der Abg. Joana Cotar [AfD])

– Ja, wir haben uns durchgesetzt; sonst gäbe es das Graue-Flecken-Förderprogramm überhaupt nicht, Frau Cotar.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Das war die Vorgängerregierung! Ja, so eine Lüge!)

Wir sollten nicht vergessen: Das Programm ist ein enormer Erfolg. 2022 sind bereits Anträge mit einem Volumen von 3 Milliarden Euro gestellt worden.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Deswegen stellt ihr es ja jetzt auch ein!)

Damit sind die Mittel für dieses Jahr bereits ausgeschöpft. Das zeigt – Frau Piechotta hat darauf hingewiesen –

(Zuruf des Abg. Andreas Scheuer [CDU/CSU])

den enormen Erfolg und den immensen Nachholbedarf, den Sie von der CDU/CSU verursacht haben. Ich erinnere nochmals daran: Gegen Ihren Widerstand mussten wir dieses Programm durchsetzen, gegen die Widerstände Ihres Ministers Andreas Scheuer.

(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Das ist eine Lüge! Eine glatte Lüge! Nehmen Sie das sofort zurück!)

Wir werden mit diesem Programm 3,1 Millionen neue Anschlüsse schaffen, darunter für 12 300 Schulen, 710 Gewerbegebiete, 150 Krankenhäuser.

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wie notwendig das ist, möchte ich Ihnen anhand meines ländlich geprägten Wahlkreises, des größten deutschen Flächenwahlkreises, gern verdeutlichen.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Dass Sie sich nicht schämen! – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Sie reden wie der Blinde von der Farbe! Sie waren ja noch nicht einmal dabei!)

Ich bin mit drei SIM-Karten unterwegs wegen des schlechten Netzes. Offiziell habe ich 80 Prozent Netzabdeckung beim Mobilfunk, gefühlt eher 65 Prozent.

(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Sie verwechseln ja sogar Mobilfunk mit Breitband!)

Hotels können ihren Gästen kein WLAN anbieten, weil es kein Internet gibt, nicht mal Festnetzanschlüsse. Für die Landwirtschaft steht kein Breitband zur Verfügung.

(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Oh Gott!)

Neue Firmen siedeln sich nicht in einer digitalen Wüste an. Das zu ändern, ist eine riesige Aufgabe.

(Zuruf des Abg. Andreas Scheuer [CDU/CSU])

Allein in meinem Landkreis sind dafür 4 210 Kilometer Tiefbauarbeiten notwendig. Erledigt sind bisher 1 573 Kilometer.

Ich möchte auch einen Ausblick geben. Jetzt, nachdem wir frei von den Fesseln der CDU/CSU sind,

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

zeigen wir als Ampelkoalition, wie wir den Ausbau richtig anpacken.

(Konstantin Kuhle [FDP]: So ist es! – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Deswegen machen Sie einen Förderstopp!)

Wir schaffen den digitalen Überschallknall. Ab 2023 werden wir flächendeckend ohne Aufgreifschwelle fördern.

(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Ab wann 2023? Wann? Mitte? – Gegenruf von der SPD: Januar! – Gegenruf des Abg. Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Das stimmt ja nicht! Das stimmt nicht! Das ist ja das Problem!)

Das betrifft Haushalte, Schulen, Krankenhäuser, Gewerbegebiete, kleine und mittlere Unternehmen. Das sind europaweit einzigartige Förderbedingungen, das ist Debürokratisierung, und das ist auf Sicht endlich die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse für den ländlichen Raum, in dem ich selber lebe.

Also: Mit der verabschiedeten Gigabit-Strategie werden wir die Verfahren beschleunigen und digitalisieren. Wir werden neue Verlegetechniken zur Anwendung bringen. Wir werden für eine bessere Mobilfunkversorgung kämpfen,

(Thomas Seitz [AfD]: So ein Bullshit!)

auch an Bahnstrecken und anderen Verkehrswegen. Wir werden dafür sorgen, dass Breitbandanschlüsse in Zukunft wie Strom in jedem Haushalt Standard werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich bitte auch bei Zwischenrufen ein gewisses Niveau einzuhalten.

(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Aber bei Reden auch! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

– Das ging gerade eine andere Richtung. Ich glaube, die betreffende Person weiß auch, was gemeint ist.

Als Nächstes erhält das Wort Maik Außendorf für Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7547646
Wahlperiode 20
Sitzung 64
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Bundesstopp für die Gigabitförderung
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