Nils SchmidSPD - Unterstützung der Protestbewegung im Iran
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist bedauerlich, dass die große Einigkeit, die in der Sache besteht, jetzt nicht dazu geführt hat, dass wir diese Debatte auch mit großer Geschlossenheit entlang des Antrags der Koalitionsfraktionen geführt haben; denn es stört mich schon, liebe CDU/CSU-Fraktion, dass feministische Außenpolitik dann hier am Redepult vorkommt, wenn es einem parteitaktisch passt, aber man sonst von Ihnen bei feministischer Außenpolitik keinen Mucks hört.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN – Thomas Erndl [CDU/CSU]: Das sind doch Selbstverständlichkeiten, die keiner infrage stellt! – Zuruf der Abg. Dr. Katja Leikert [CDU/CSU])
Man kann sich über Antragsüberschriften streiten. Aber dass dieser Antrag klar benennt, dass es eben nicht eine der üblichen Protestbewegungen ist, sondern ein alle gesellschaftlichen Schichten ergreifender Prozess der Umgestaltung und der Ablehnung des Regimes im Kern, das ist doch klar ausgesprochen.
Ich finde es auch bedauerlich, dass Sie nicht anerkennen wollen, dass es bei Sanktionspolitik eben nicht reicht, große Reden zu schwingen, sondern dass wir sehr konkret Rechtssicherheit für entsprechende Sanktionen brauchen. Und das letzte Wort ist ja noch gar nicht gesagt; es geht ja weiter. Die Außenministerin hat unsere volle Unterstützung, weitere konkrete Sanktionspakete mit Listungen vorzubereiten und durchzusetzen, zum Beispiel auch gegenüber den Parlamentarierinnen und Parlamentariern im iranischen Parlament, die jetzt die Todesstrafe durchsetzen wollen – so wie wir die russischen Parlamentarier sanktioniert haben, die die Annexion der Krim und den Eroberungskrieg in der Ukraine unterstützen. Dagegen spricht doch überhaupt nichts. Und wir werden das mit großer Entschiedenheit und Geschlossenheit vorantreiben. Deshalb hätte ich mir gewünscht, dass wir da mehr Geschlossenheit zeigen, um auch ein eindeutiges Signal in die iranische Gesellschaft hinein zu senden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Thomas Erndl [CDU/CSU]: Dann hätten Sie sich unserem Antrag von vor vier Wochen anschließen können!)
Ich bin ausdrücklich dankbar, dass wir uns beim Nuklearabkommen einig sind; denn das iranische Mullah-Regime ist furchtbar und schlimm. Aber ein Mullah-Regime mit Atombomben wäre noch schlimmer und noch furchtbarer für die Iranerinnen und Iraner, für die Region. Deshalb ist es gut, dass wir die Bemühungen um einen atombombenfreien Iran weiter unterstützen; denn wir sehen am Beispiel Nordkoreas, wo es endet, wenn diese Bemühungen scheitern.
(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, oder Pakistan! – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Sie gehen von der Fortsetzung des Regimes aus! Das ist der schwere Fehler!)
Die völlige Unantastbarkeit eines Regimes mit Atombombe kann nicht unser Ziel sein.
Ich will ein Letztes sagen – und dazu will ich uns alle einladen –: Ja, es gab auch Fehleinschätzungen, was die innere Entwicklung des Irans anbelangt. Wir haben vielleicht zu lange daran geglaubt, dass Reformkräfte sich tatsächlich durchsetzen können. Vielleicht haben wir auch zu große Hoffnungen in den Abschluss des Atomabkommens gesetzt, was die Effekte außerhalb der Atomwaffenfrage – Stichwort „Öffnung des Irans“ – anbelangt. Die innere Verhärtung des Irans stammt ja nicht von vorgestern, sondern war ein langwieriger Prozess. Deshalb sind auch Liberalisierungsspielräume, die wir durch dieses Abkommen versucht haben anzustoßen, vielleicht schon bei Abschluss des Abkommens gar nicht so groß gewesen, wie wir sie damals eingeschätzt haben.
Ich glaube, diese Selbstkritik, was die Einschätzung eines autoritären bis totalitären Regimes anbelangt, steht uns auch gut an, wenn wir heute in den Iran schauen. In diesem Sinne bitte ich um Unterstützung für diesen Antrag der Koalitionsfraktionen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, einen schönen guten Abend von meiner Seite, auch an die Besucherinnen und Besucher auf den Zuschauertribünen.
Ich schließe damit die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 6.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547750 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 65 |
Tagesordnungspunkt | Unterstützung der Protestbewegung im Iran |