10.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 66 / Tagesordnungspunkt 10

Jens PeickSPD - Bürgergeld-Gesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Um wen geht es eigentlich bei dieser Debatte? Ich habe es hier schon in der letzten Debatte bei der ersten Lesung gesagt: Ich bin ein Kind des Ruhrgebiets. Ich weiß, was es heißt, wenn Menschen ihren Job verlieren. Strukturwandel, Zechenschließungen, Werksschließung bei Thyssen: Auf einmal waren Tausende Menschen arbeitslos, die vorher nie daran gedacht hätten, dass sie arbeitslos werden könnten.

Und damit ist das Ruhrgebiet ja nicht allein. In Ostdeutschland gab es nach der Wende ganz ähnliche Erfahrungen. Irgendein neunmalkluger Investor kam und hat Unternehmen geschlossen, und plötzlich waren Menschen arbeitslos. Deshalb ist das Sozialstaatsprinzip nach Artikel 20 unseres Grundgesetzes so wichtig. Das Bekenntnis zum Sozialstaat ist ein Versprechen an uns alle. Dieses Versprechen heißt: Wenn du deine Arbeit verlierst, lassen wir dich nicht fallen. – Dieses Versprechen, auch an die arbeitende Mitte in dieser Gesellschaft, werden wir hier und heute mit der Einführung des Bürgergeldes erneuern.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben jetzt viel zum Thema Arbeit gehört. Wir haben gehört, Arbeit würde sich nicht mehr lohnen.

(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Sigmar Gabriel!)

Und ja, als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wissen wir, dass es Probleme auf dem Arbeitsmarkt gibt. Aber die Probleme sind doch der Niedriglohnsektor; schlechte Bezahlung, miese Arbeitsbedingungen. Und deswegen ist es umso unredlicher, dass die Union sich dem Mindestlohn verweigert hat.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir laden Sie ein: Kämpfen Sie mit uns, wie Saskia Esken es gesagt hat, für bessere Tarifbindungen. Wir tun was. Auch deswegen schaffen wir den Vermittlungsvorrang ab. Die Abschaffung des Vermittlungsvorrangs ist eine Kampfansage an den Niedriglohnsektor in diesem Land.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Keine Vermittlung mehr in schlechte Jobs, wenn es eine langfristige Perspektive durch Aus- und Weiterbildung gibt, Ausbildung statt Aushilfsjob, Perspektive statt Prekariat – das ist die neue Stoßrichtung des Bürgergeldes.

Und um wen geht es eigentlich? Ich sage Ihnen – da bin ich mir ganz sicher –: Heute hören zum Beispiel auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Galeria Karstadt Kaufhof sehr aufmerksam zu. Sie haben in den letzten Jahren geschuftet, um den Konzern zu retten und über die Runden zu kommen. Trotzdem droht jetzt vielleicht wegen Managementfehlern unverschuldet die Arbeitslosigkeit. Und trotzdem, obwohl sie sich Mühe gegeben und hart gearbeitet haben, brauchen sie vielleicht Unterstützung. Deshalb schaffen wir mit dem Bürgergeld einen Sozialstaat, der die arbeitende Mitte nicht vergisst,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

einen Sozialstaat, der mit Schonvermögen und Karenzzeit die Lebensleistung dieser Menschen anerkennt. Das ist der notwendige Kulturwandel.

Trotzdem möchte die Union, wie auch schon beim Mindestlohn, diesem Gesetz nicht zustimmen. Trotzdem wollen Sie es blockieren und verzögern. Herr Gröhe sprach von einer Liste, die es ab heute gibt und auf der dann steht, wer zugestimmt hat und wer nicht. Ich sage Ihnen: Diese Liste fällt auf Sie zurück.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen appelliere ich an Sie: Übernehmen Sie Verantwortung für die Menschen in diesem Land, für den Sozialstaat, stimmen Sie zu, und sorgen Sie dafür, dass das auch Ihre Länder im Bundesrat tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Personen

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7547812
Wahlperiode 20
Sitzung 66
Tagesordnungspunkt Bürgergeld-Gesetz
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