Steffen BilgerCDU/CSU - Änderung des Atomgesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Ebner, Sie reden mir zu viel über die Vergangenheit. Sie reden nicht wirklich über die Zukunft. Sie reden vielleicht darüber, wie wir über den Winter kommen wollen, über diesen Winter; aber Sie haben nichts dazu gesagt, wie wir über den darauffolgenden Winter kommen sollen.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit erneuerbaren Energien!)
Denn da stellen sich die Probleme noch viel mehr. Da fehlen Ihre Antworten, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen.
Auf der einen Seite steht heute der Gesetzentwurf der Bundesregierung: ein Minimalkonsens, Ergebnis einer zermürbenden, monatelangen Debatte innerhalb der Ampelkoalition, beendet durch ein inszeniertes Machtwort des Bundeskanzlers. Ich sage es ganz deutlich: Ein Weiterlaufen der Kernkraftwerke bis Mitte April 2023 bringt zu wenig. Es bringt zu wenig Versorgungssicherheit, auch mit Blick eben auf den übernächsten Winter.
(Timon Gremmels [SPD]: Das ist nicht das Einzige, was wir machen!)
Es bringt zu wenig preisliche Entlastung für Verbraucher und Unternehmen, und es ist auch zu wenig europäische Solidarität. Das Ganze ist ein Zu-wenig-Gesetzentwurf.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auf der anderen Seite steht der Gesetzentwurf von CDU und CSU. Dieser ist eine angemessene und maßvolle Antwort auf die gegenwärtige Energiekrise: Es bleibt beim Ausstieg aus der Kernenergie, aber die Laufzeiten werden bis zum Ende des übernächsten Jahres verlängert.
(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sicherheitsrisiko Union! Gefährlich!)
Das schafft Versorgungssicherheit; das senkt die Strompreise; das hilft der gesamten europäischen Energieversorgung.
(Timon Gremmels [SPD]: Das schafft mehr Atommüll!)
Unser Vorschlag erspart der Atmosphäre zudem viele zusätzliche Millionen Tonnen CO2, die diese Bundesregierung mit dem Wiederhochfahren der Kohlekraftwerke offensichtlich in Kauf nimmt. Unser Gesetzentwurf ist deshalb ein Genau-richtig-Gesetzentwurf.
(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Wo gehobelt wird, fallen Späne!“)
Jetzt kamen hier ein paar Zwischenrufe, was denn mit der Endlagerthematik sei. Die Anhörung im Umweltausschuss hat klar ergeben, dass ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke vorübergehend absolut verantwortbar ist, auch im Hinblick auf die Endlagerung.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: War der Herr Bilger da?)
Es geht jetzt um die richtige Antwort in dieser Energiekrise.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und weil die Sache ja eigentlich so klar ist, ist die Meinung der Menschen auch ganz klar: Sie stützen unseren Kurs eines befristeten Weiterbetriebs.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Menschen in unserem Land haben kein Verständnis für Ihr parteipolitisches Taktieren, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will auch deutlich an die Adresse der FDP sagen: Dieser Entscheidung heute zwischen klaren Alternativen kann niemand ausweichen, auch nicht die Abgeordneten der FDP. Wer jetzt nicht für eine echte Laufzeitverlängerung stimmt, wer jetzt nicht für die Beschaffung neuer Brennelemente stimmt,
(Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: … der handelt verantwortungslos?)
der nimmt billigend in Kauf, dass Deutschland in der Energiekrise ein noch größeres Energieproblem bekommt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen sage ich klipp und klar: Diese Bundesregierung, dieser grüne Energieminister, diese grüne Umweltministerin tragen die Verantwortung dafür, wenn Deutschland nicht gut durch diesen und den nächsten Winter kommt. Wenn die Lichter ausgehen, dann werden Sie dafür die politischen Konsequenzen tragen müssen, Herr Habeck und Frau Lemke.
(Beifall bei der CDU/CSU – Timon Gremmels [SPD]: Ihre verfehlte Energiepolitik der letzten 16 Jahre!)
– 20 Jahre von 24 Jahren mit der SPD. Bitte kehren Sie auch vor der eigenen Haustür.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Nina Scheer [SPD]: Wir wissen genau, wer das blockiert hat! Das waren Sie!)
Sie tragen jetzt schon die Verantwortung für unnötig hohe Energiepreise. Bis zu 14 Prozent höhere Stromkosten prognostizieren Experten ohne eine echte Laufzeitverlängerung. Beim Anblick der Stromrechnung kann sich dann jeder Verbraucher, kann sich dann jeder Unternehmer bei dieser Bundesregierung und bei dieser Ampelkoalition bedanken.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Viel zu lange haben Sie für Ihren Minimalkonsens gebraucht – Niedersachsen-Wahl, Grünenparteitag, sonstige Befindlichkeiten. So kann man ein Land nicht durch eine Krise führen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Minister Habeck hat ja kürzlich öffentlich die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter in seinem Ministerium beklagt. Da habe ich gedacht: Respektable Geste, ein Minister, der auch an seine Leute denkt. Mir war aber nicht klar, dass es in Wahrheit ganz anders ist, dass es schlimm ist in diesem Ministerium. Die Fachleute arbeiten hart, aber offensichtlich auch für die Tonne, zumindest dann, wenn es nicht in die grüne Parteiprogrammatik passt.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Unfug!)
Das zeigt der sogenannte Prüfvermerk, den das Bundeswirtschafts- und das Bundesumweltministerium im März angeblich ergebnisoffen und ohne ideologische Denkverbote in wenigen Tagen erstellt haben.
(Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner [SPD])
Heute wissen wir: Das war eine politische Auftragsarbeit. Vom Gegenteil hat uns die Bundesumweltministerin auch vorgestern bei der Regierungsbefragung nicht überzeugen können. Antworten auf berechtigte Fragen zu Transparenz und Objektivität: Fehlanzeige!
(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ja eine fulminante Rede bisher! Richtig überzeugend!)
Es stellt sich klar heraus: Wichtige Aspekte wie der Strompreis, der Klimaschutz wurden bewusst ausgeblendet und – noch schlimmer – nicht ins Konzept passende Meinungen, von Fachbeamten in Entwürfe geschriebene Fakten wurden herausgestrichen,
(Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
zum Beispiel, dass wir mit dem Weiterbetrieb der Kernkraftwerke 25 bis 30 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen können. Das scheint bei den Grünen mittlerweile keine Rolle mehr zu spielen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Habeck hat in einer Videogrußbotschaft zur Weltklimakonferenz gesagt, beim Klimaschutz gehe es um das Überleben der Menschheit, die Weltgemeinschaft bewege sich nicht schnell genug, es müssten endlich Ergebnisse geliefert werden usw. Das passt doch nicht zusammen. Einerseits die Welt zu belehren und hier gleichzeitig die Kernkraftwerke abzuschalten und Kohlekraftwerke zusätzlich ans Netz zu nehmen, das versteht niemand, noch nicht einmal Greta Thunberg. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Carsten Träger.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548095 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 67 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Atomgesetzes |