11.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 67 / Tagesordnungspunkt 28

Christian Lindner - Sanktionsdurchsetzungsgesetz II

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Staat muss stark sein. Mein Verständnis eines starken Staates ist aber nicht, dass wir ihm immer neue Betätigungsfelder suchen, sondern er sollte stark sein im Sinne von „handlungsfähig“, und dies insbesondere in seinen Kernbereichen. Dazu gehört ganz elementar und zentral die Handlungsfähigkeit des Rechtsstaates.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Kernbereich stellen wir unseren Staat neu auf und beseitigen mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz II Handlungsdefizite.

Im Zuge des russischen Angriffs sind für unseren Rechtsstaat neue und bisher nicht gekannte Aufgaben hinzugetreten. In breiter europäischer Einigkeit haben wir umfassende Sanktionen gegen das System Putin verhängt. Wir beschneiden nicht nur die finanziellen Profite der russischen Wirtschaft und die finanzielle Handlungsfähigkeit des russischen Staatswesens. Wir nehmen auch auf individueller Ebene jene in den Blick, die aus diesem autokratischen System ihren ökonomischen Nutzen ziehen. Wer Putin unterstützt, der soll seine Dividende nicht hier in der Sicherheit der Demokratie leben dürfen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dafür haben wir bereits im Mai mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz I ein erstes Maßnahmenpaket beschlossen. Damit haben wir den Zoll und die zuständigen Behörden rechtlich und administrativ in die Lage versetzt, ihre neuen Aufgaben wahrnehmen zu können. Schon damals war aber klar: Es braucht langfristig strukturelle Verbesserungen, damit die Sanktionen wirksam durchgesetzt werden können. Wir stellen den Vollzug jetzt auf rechtlich umfängliche, stabile Grundlagen, und wir schaffen gewissermaßen nach der Ad-hoc-Krisenreaktion auf diesem Feld eine neue gute Staatspraxis.

Wir gehen eine ganze Reihe umfassender struktureller Reformen an. Dabei steht eines im Zentrum: mehr Effizienz und mehr Schlagkraft durch Digitalisierung und die Bündelung von Kompetenzen. Der Rechtsstaat muss besser organisiert sein als diejenigen, die Gesetze brechen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir gründen eine neue Zentralstelle für die Sanktionsdurchsetzung, die die Zuständigkeiten für die Ermittlung und die Überwachung eingefrorener Vermögenswerte ordnet. Diese Bündelung von Daten und die koordinierte Steuerung aus einer Hand nutzt Synergien und beendet ein leider bestehendes Kompetenzwirrwarr. Das ist die in Gesetz gegossene Verschlankung der Verwaltung. Ein handlungsfähiger Staat ist eben nicht groß und kompliziert, sondern schnell und schlagkräftig.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zudem nutzen wir die neuen Möglichkeiten, die uns die Digitalisierung bietet. Wir verknüpfen die für die Klärung von Eigentumsverhältnissen und Vermögenswerten relevanten Quellen, etwa indem die Immobiliendaten aus den Grundbüchern in das Transparenzregister aufgenommen werden. Damit beenden wir die Ära der Aktenordner und bringen die Bekämpfung der Finanzkriminalität ins 21. Jahrhundert.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir gehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Gesetzentwurf aber auch über die konkrete Sanktionsdurchsetzung im Zuge dieses Angriffskriegs hinaus. Wir betätigen weitere Hebel zur Bekämpfung der Finanzkriminalität insgesamt.

Zum Beispiel war es mir persönlich während der Verhandlungen über die Bildung einer Ampelkoalition ein Anliegen, dass wir insbesondere im Immobilienbereich Möglichkeiten der Geldwäsche beschränken. Damit ist auf gar keinen Fall eine Pauschalverurteilung verbunden. Unverändert sind wir der Auffassung, dass Bargeld eine gedruckte und geprägte, demnächst auch digital verfügbare Form von Freiheit ist. Allerdings eines ist zu bezweifeln, dass nämlich alle diejenigen, die eine Immobilie mit Bargeld bezahlen, wirklich von freiheitlichen Gedanken geleitet sind.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Diese Einschränkung, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Freiheit, Bargeld zu nutzen, wird die Freiheitsbilanz unserer Gesellschaft insgesamt nicht negativ beeinflussen, sondern eher dafür Sorge tragen, dass nicht die Ehrlichen diejenigen sind, die von denen, die die Regeln brechen, geschädigt werden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich verrate kein Staatsgeheimnis, wenn ich feststelle: Die Partnerinnen und Partner der Ampelkoalition haben bisweilen unterschiedliche Vorstellungen in der Steuer- und Finanzpolitik. Aber in einer Sache stimmen wir überein, und da kann es keinen Zweifel geben: Uns eint die Entschlossenheit zur Bekämpfung der Finanzkriminalität. Wir haben einen gemeinsamen Kompass: Geldwäsche und im Übrigen auch Steuerhinterziehung ist nicht nur Betrug am Fiskus, sondern das ist Betrug an der gesamten Gesellschaft. Die Ehrlichen sollen den Findigen gegenüber nicht im Nachteil bleiben.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Nächster Redner ist der Kollege Matthias Hauer, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548136
Wahlperiode 20
Sitzung 67
Tagesordnungspunkt Sanktionsdurchsetzungsgesetz II
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine