11.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 67 / Zusatzpunkt 19

Anne KönigCDU/CSU - Energiesicherungsgesetz, Änderungsverträge zur Braunkohleverstromung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der zunächst für das Jahr 2038 geplante Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland ist das größte Einzelprojekt für Klimaschutz in Europa. Beschlossen wurde er von der CDU-geführten Bundesregierung unter Angela Merkel. Nun soll der Ausstieg in NRW noch einmal um acht Jahre auf das Jahr 2030 vorgezogen werden, und das geschah auf Initiative der CDU-geführten Landesregierung in NRW unter Hendrik Wüst. Das ist ein wichtiger Schritt für mehr Klimaschutz.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn wir aber acht Jahre früher aus der Kohle aussteigen, dann müssen wir logischerweise auch den Strukturwandel im Rheinischen Revier um acht Jahre vorziehen. Er muss damit doppelt so schnell umgesetzt werden; denn der noch frühere Ausstieg halbiert den Zeitraum, der jetzt noch zur Verfügung steht. Für das Rheinische Revier wird damit der Strukturwandel zur immensen Herausforderung. Das Ziel ist ehrgeizig; in Anbetracht der Folgen des Klimawandels ist es das richtige. Aber es muss auch richtig gemacht werden. „ Richtig gemacht werden“ heißt, dass es eben nicht mit der isolierten Abschaltung der Kraftwerke getan ist. Klimaschutz, Arbeitsplätze, Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung müssen zusammen gedacht und verfolgt werden. Das nennt man „nachhaltige Politik“. Nachhaltige Politik darf sich nicht allein auf die Abschaffung der Kohleverstromung beschränken. Ein ganzes System muss abgelöst und neugestaltet werden.

Es ist noch sehr viel zu tun, damit der Strukturwandel nicht scheitert. Hier ist vor allem die Bundesregierung in der Pflicht. Die unvollständige Liste der Aufgaben umfasst das Folgende:

Es geht erstens um den Ausbau von erneuerbaren Energien und von wasserstofffähigen Gaskraftwerken. Allein in den nächsten neun Jahren werden laut Experten an 250 Tagen jährlich die erneuerbaren Energien nicht ausreichen. Dafür muss Vorsorge getroffen werden.

Es geht zweitens um die Ertüchtigung der Infrastruktur – ich nenne nur Stichworte: Verkehr, Stromtrassen, Gaspipelines, Wasserwirtschaft.

Es geht drittens um die Transformation des regionalen Wirtschaftssystems. Es muss die Schaffung von Arbeitsplätzen beschleunigt und die Wertschöpfungskapazität bewahrt werden. 14 000 Beschäftigte in der Kohleindustrie und 93 000 Beschäftigte in der energieintensiven Industrie, insgesamt 2,5 Millionen Menschen aus dem Rheinischen Revier vertrauen auf die bereits gemachten Zusagen. Der Strukturwandel darf dem Ausstieg keinesfalls hinterherhinken. Deshalb muss Olaf Scholz das, wogegen er sich als Finanzminister noch gesperrt hat, jetzt als Kanzler endlich liefern, nämlich verlässliche und auskömmliche Fördertöpfe für den Strukturwandel.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nicht zuletzt geht es viertens um die Renaturierung des Tagebauumfelds und um die Zukunft der nun vom Braunkohleabbau verschonten Dörfer.

Zusammenfassend ergibt sich daraus eines: Das Gesetz darf nicht alleine stehen. Es muss zwingend Teil eines Gesamtkonzepts sein. Der Strukturwandel muss beschleunigt werden. Die Hilfen für diese Herkulesaufgabe müssen eher und planbarer bereitgestellt werden.

Ich sehe mit Sorge auf die Energiepolitik der Ampelregierung: Wie wollen Sie die beschleunigte Energiewende in den Griff bekommen? Wir hören zwar von Ihnen, die erneuerbaren Energien müssten weiter ausgebaut werden, doch derzeit fürchten zum Beispiel die Biogaserzeuger um ihre Existenz. Die von Ihnen geplante rückwirkende Erlösabschöpfung, die auf den Umsatz berechnet werden soll, zerstört das Vertrauen und die Lebensgrundlage derer, die auf diese Technologie gesetzt haben.

(Michael Kruse [FDP]: Kommt doch so gar nicht!)

Wer wie Sie seine energie- und finanzpolitischen Maßnahmen nicht im Zusammenhang denkt, macht keine gute Politik, macht keine nachhaltige Politik.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bin außerdem besorgt, weil Sie die Kernkraftwerke nur noch bis April im Streckbetrieb laufen lassen.

(Michael Kruse [FDP]: Sie haben doch heute Vormittag dagegengestimmt, Frau Kollegin! Sie hätten ja dafürstimmen können!)

Kernkraft und Biogas sorgen für gesicherte Leistung, die wir derzeit noch als Backup dringend benötigen. Wind und Sonne sind eben nicht immer verfügbar, und ausreichende Speicherkapazitäten fehlen bisher.

Wir werden daher die Beratung Ihres Gesetzentwurfs ebenso kritisch wie konstruktiv begleiten. Dieses Vorhaben muss ein Erfolg werden; das schulden Sie den Menschen im Rheinischen Revier. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion setzt sich darum für einen soliden Strukturwandel statt einer isolierten Abschaltung ein.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion hat nun Dr. Nina Scheer das Wort.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548168
Wahlperiode 20
Sitzung 67
Tagesordnungspunkt Energiesicherungsgesetz, Änderungsverträge zur Braunkohleverstromung
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