Christoph SchmidSPD - Sahel-Zone als Schlüsselregion für Europas Sicherheit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie es vermutlich schon geahnt haben oder wissen – ich bestätige es Ihnen gerne –: Ich komme aus Bayern. Und wenn es eine Konstante in der bayerischen Landespolitik gibt, dann die Tatsache, dass dort im Landtag gute und sinnvolle, noch dazu vernünftig ausgearbeitete Anträge der Oppositionsparteien zunächst von der CSU niedergestimmt und dann ein halbes Jahr später als eigene Anträge und Ideen verkauft werden. Das ist tatsächlich die einzige Konstante, die es dort gibt.
Dreimal dürfen Sie raten, worauf ich heute gehofft hatte, als es hieß: Von der Union kommt ein Antrag zur Sahelzone. Zwar arbeiten wir schon lange an Lösungen für die Situation in der Sahelzone, aber ich gebe zu: Ich hatte eine gewisse Hoffnung, eine kleine Hoffnung, dass in Ihrem Antrag der eine oder andere Aspekt enthalten sein könnte oder ausgearbeitet würde, den man in die Überlegungen miteinfließen lassen könnte. – So kann man sich täuschen. Das, was Sie uns da vorgesetzt haben, ist inhaltlich weder relevant noch neu, und sprachlich ist es zumindest in Teilen fragwürdig.
Den Einsatz militärisch zum Erfolg führen zu wollen, klingt für mich und für viele andere dann doch zu sehr nach billigem Säbelrasseln, wenn der Erfolg, den man sich dann erwartet, überhaupt nicht klar und präzise definiert wird. Und das haben Sie ganz einfach nicht gemacht. Also mache ich es für Sie. Was bedeutet für Sie politischer Erfolg, und was erhoffen Sie sich von militärischem Erfolg? Weil Sie es eben nicht ausbuchstabiert haben, kann ich es nur zwischen den Zeilen des Antrags herauslesen. Ich will es an zwei Beispielen greifbar machen. Sie schreiben, dass für eine Wirkung in der Breite des Landes – ich zitiere – „zum einen das Engagement der internationalen Gemeinschaft und zum anderen die innenpolitische Stabilität Malis sowie die Mitwirkungsbereitschaft der malischen Regierung nicht groß genug“ waren.
Wäre jetzt also die Änderung dieses Zustands der von Ihnen erhoffte politische Erfolg? Zumindest vermute ich das. Warum sagen Sie das dann aber nicht? Vor allem aber sagen Sie uns nicht, wie Sie das erreichen wollen.
Beim militärischen Erfolg, den Sie erringen wollen, würde ich folgenden Satz als Messlatte für die von Ihnen erhofften Verbesserungen nehmen. Ich zitiere:
De facto gibt es nun keine robuste Mission unter westlicher Führung, die einen Verfolgungsdruck gegenüber den terroristischen Gruppen aufrechterhält.
Mal unabhängig davon, dass man hier hineininterpretieren könnte, dass Sie von der Bundeswehr eine aktive Rolle bei der Terrorbekämpfung in Mali erwarten würden, hätte ich in einem möglicherweise ein wenig naiven Politikverständnis jetzt erwartet, dass Sie dann zumindest auch beschreiben, wie Sie diesen militärischen Erfolg anstreben – aber auch hier: War wohl nichts.
Sie folgen dem Rest Ihres Antrages, nämlich schwammig zu formulieren, nichts präzise zu definieren und vorab leider auch nicht genügend zu recherchieren; denn am Ende Ihres Antrags stellen Sie zwei Forderungen auf, mit denen sich der Deutsche Bundestag jetzt an die Regierung wenden soll. Davon sind die meisten entweder durch vergangenes oder andauerndes Regierungshandeln bereits erledigt, liegen in der Zuständigkeit der EU oder der UNO und eben nicht bei uns, oder es sind schlicht und ergreifend Plattitüden. Beispiele gefällig? – Gerne.
Forderung 1 bis 4: Die Sahelstrategie ist, wie von Frau Spellerberg erwähnt, längst in Arbeit. Auch die Gespräche mit der Regierung in Niger zu einer möglichen Nachfolge für die Mission Gazelle laufen auf Hochtouren.
Bei Forderung 4 haben Sie anscheinend vergessen, warum wir, im Übrigen mit Ihrer Zustimmung, gemeinsam entschieden haben, EUTM auslaufen zu lassen und so gut wie beendet haben.
Die Forderungen 11 und 12 liegen dagegen ganz und gar in der Verantwortung der Vereinten Nationen, nämlich MINUSMA tatsächlich so auszugestalten, wie es die UN auch erwarten würde.
Umso wichtiger ist es, dass die Verteidigungsministerin und auch die Außenministerin – und da bin ich ihnen sehr dankbar – in den Gremien der UNO und bei den Gesprächen auf internationaler Ebene auch den Finger in die Wunde legen und definieren, wo wir den Nachholbedarf sehen: Probleme bei der Rotation, fehlende Überfluggenehmigungen, aufgrund der fehlenden Luftunterstützung geringere, ja manchmal auch kaum mehr vorhandene Operationsfähigkeit. Das ist für unsere Soldatinnen und Soldaten nicht nur ärgerlich, sondern im schlimmsten Fall sogar ein Risiko.
Darum bin ich der Bundesministerin, aber auch der Wehrbeauftragten sehr dankbar, dass sie klar artikuliert haben, dass wir dort schnelle Lösungen erwarten. Ich darf an der Stelle allen Soldatinnen und Soldaten danken, die in Mali im Einsatz sind oder waren: Ich versichere Ihnen, dass wir um unsere Verantwortung für Ihren Einsatz wissen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Welche Lösungen gibt es aber nun? Sicherlich nicht die platteste aller Antworten, wie von Herrn Wundrak formuliert,
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist überhaupt nicht platt, das ist vernünftig!)
nämlich sofort abzuziehen. Wir wissen alle, dass es keine Schwarz-Weiß- oder Ja-Nein-Antworten gibt.
Ja, Herr Kollege Schwarz, für Lösungen und für Entscheidungen braucht man Grundlagen. Ich glaube, Karamba Diaby hat bereits den sehr guten Vorschlag erwähnt, den auch Gabriela Heinrich aufgegriffen hat: das Ganze tatsächlich in eine robuste Mission der AU, der Afrikanischen Union, zu überführen. Dafür braucht es aber auch eine Übergangsperspektive und ein aktives Engagement Deutschlands in der Region. Wir werden als SPD-Fraktion daher gemeinsam mit der Regierung an echten Lösungen arbeiten, die in Mali und der Sahelzone eben nicht so leicht zu erreichen sind.
Nach der Kritik aber gerne auch das Angebot: Ich freue mich, wenn die Parteien aus der Mitte des Hauses gemeinsam Deutschlands internationaler Verantwortung, der Verantwortung für die Sahelregion und der Verantwortung für unsere Soldatinnen und Soldaten gerecht werden wollen. Ich freue mich daher auf die weiteren Diskussionen im Ausschuss; vielleicht kommt da noch was Konstruktiveres.
Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Letzter Redner in dieser Debatte ist Thomas Silberhorn für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie können ein bisschen was gutmachen, indem Sie vielleicht nicht ganz so lange reden.
(Zuruf von der CDU/CSU: Er hat doch noch nicht mal angefangen!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548186 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 67 |
Tagesordnungspunkt | Sahel-Zone als Schlüsselregion für Europas Sicherheit |