22.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 68 / Einzelplan 08

Ingeborg GräßleCDU/CSU - Finanzen, Bundesrechnungshof

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass nicht nur die Regierung, der Finanzminister, sondern auch die Koalitionsfraktionen überfordert sind, so haben wir ihn, glaube ich, heute Morgen gesehen: Alle sind gleichmäßig überfordert. Die einen flüchten sich, Herr Minister, in die Dampfplauderei, die anderen in die Phrasendrescherei,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

und auch die Weihrauchfassschwenker sind heute wieder unterwegs.

Herr Kollege Rudolph, auch ich bin katholisch, aber bitte, ich finde, wir sind es uns hier schuldig, dass wir mit den Dingen doch ernsthaft umgehen. Und von Ihnen kam kein einziger Vorstoß zu der Frage: Was machen wir denn mit diesen Rekordschulden, die Sie zurzeit aufhäufen?

(Zurufe von der SPD)

Wir erwarten Antworten. Herr Bundesfinanzminister, von Ihnen wären Konsolidierungsbemühungen doch angezeigt. Wir müssen diesen Schuldenberg doch zusammen abräumen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kay Gottschalk [AfD]: Lohnsteuer erhöhen!)

Wir wollen, dass dieser Schuldenberg abgeräumt wird. Die Leute wollen das auch, weil alle wissen, dass sie diese Schulden ja bezahlen müssen. Die lösen sich ja nicht in Luft auf,

(Stephan Brandner [AfD]: Doch, in der Inflation! – Kay Gottschalk [AfD]: Mit der Inflation!)

sondern das sind Steuern von morgen. Das wissen alle.

(Bettina Hagedorn [SPD]: Das habt ihr doch in der Coronapandemie auch gemacht!)

Und es wissen auch alle, dass jede Wohltat, die verteilt wird, aus dem Steuersäckel, aus dem bereits Erwirtschafteten kommt.

(Zurufe von der SPD)

So, ich möchte auf den Bundesrechnungshof zurückkommen, dessen Haushalt wir ja auch heute beraten, und möchte mich beim Bundesrechnungshof sehr herzlich bedanken: für die Arbeit, für die Analysen, ohne die wir die Regierung nicht kontrollieren könnten; das muss man wirklich ganz, ganz offen feststellen.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt einfach nicht! – Stephan Brandner [AfD]: Das ist seit 20 Jahren so, Frau Gräßle!)

Das ist ein Umstand, der mich schon beschäftigt, weil das Reporting, die Berichterstattung der Regierung, die Rechenschaftspflicht so ausgelegt werden, dass wir der Regierung, Herr Minister, leider nichts glauben können.

Warum haben wir eine Regierung, der wir nichts glauben können? Das ist ein Umstand, der mich wirklich beschäftigt. Und ich halte es für dringend geboten, dass dieses Parlament sich Gedanken darüber macht, wie wir die Informationsbasis verbreitern, damit wir uns selber einen besseren Eindruck verschaffen können über das, was in den Programmen passiert.

Wir haben viele Änderungsanträge vorgelegt, die Sie alle abgelehnt haben.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das nennt man Demokratie!)

Der Kollege Haase hat seine ganze Rede damit bestritten, unsere Änderungsanträge vorzustellen.

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur weil da „Änderungsantrag“ draufsteht, hat das nicht gleich Substanz!)

Sie wollten diese Änderungsanträge nicht akzeptieren. Warum nicht?

(Stephan Brandner [AfD]: Sie hatten 16 Jahre Zeit und haben sie nicht genutzt!)

Es ist Standard in Europa; in der europäischen Verwaltung sind Leistungsbilanzen und Managementbilanzen Standard. Hier kontrollieren wir mit Mitteln der Vergangenheit; das heißt, wir kontrollieren gar nicht. Wir müssen unsere eigene Kontrollbasis verbessern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nur dann würden wir es übrigens auch schaffen, wirklich eine Zeitenwende auch bei den Finanzen hinzukriegen. Die Finanzlage muss Sie doch mindestens genauso umtreiben wie uns, weil Sie so in den kommenden Jahren ja gar nicht weitermachen können.

Wer heute im Haushaltsausschuss war – lieber Kollege Kindler, ich war eigentlich immer da, ich bin auch immer da –, der sah ein erschreckendes Zeichen von geballter Ahnungslosigkeit bei der Frage der Ausgestaltung der Gaspreisbremse. Sie bunkern Geld, Sie schichten Schulden auf Schulden, Milliarden um Milliarden, in der Hoffnung, dass es dann irgendwann mal reicht, wenn Sie vielleicht dann doch wissen, wie es gehen kann. Ich bin bestürzt darüber, ganz ehrlich bestürzt, dass Sie da mitmachen, das Weihrauchfass schwenkend oder den Mist parfümierend, den Ihnen die Regierung hinlegt. Das beschäftigt mich sehr, weil ich glaube, dass man es genau so nicht machen kann und auch nicht machen sollte.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Minister, ich möchte meine verbliebene Redezeit dazu verwenden, Ihnen ein paar Fragen zu stellen. Ich bin schon besorgt, dass es Ihnen nicht gelingt, politische Vorstellungen zu konkretisieren. Hinsichtlich des Haushalts haben Sie uns im Sommerloch mit der Idee eines Bundesfinanzkriminalamtes – das war schön – und dem Hinweis unterhalten, dass sich 300 Behörden um die Bekämpfung der Geldwäsche kümmern. Und jetzt braucht es offensichtlich eine 301. Behörde, die die Dinge dann angeblich aufs richtige Gleis setzt.

(Zuruf des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bis heute ist diese Idee nicht konkretisiert. Wir, auch ich, haben viele Fragen gestellt. Wir wissen immer noch nichts. Wir wissen nicht, wie diese neue Behörde in die vorhandene Landschaft der Bekämpfung von Geldwäsche passt. Wir haben ja neue Behörden am Start, deutsche und europäische Behörden: die Glücksspielbehörde, die AMLA, die EPPO, die europäische Finanzstaatsanwaltschaft. Wir haben das Zollkriminalamt, den Zollfahndungsdienst; wir haben die Financial Intelligence Unit. Also, es wäre schon schön, wenn wir wüssten, was Sie sich so vorstellen, und Sie es uns auch sagen würden, statt die Sache einem Influencer zu überlassen. Die letzte Meinungsäußerung aus dem BMF kam von einem Influencer Anfang November.

Wir haben eine Vielzahl von Meldungen zum Thema Geldwäsche. Da gibt es Probleme und wenig Ermittlungen; auch da keine Konkretisierung. Mich beschäftigt das, weil der Eindruck der Führungslosigkeit in diesem Sektor herrscht, zum Schaden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihr Bestes geben und in der Öffentlichkeit die Sündenböcke sind. Das haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich nicht verdient.

Noch ein Satz zur Digitalisierung der Verwaltung.

Aber nur noch einen, bitte.

Auch hier tragen Sie die Verantwortung für die Standardisierung der Rechenzentren. Da gibt es dramatische Rückschritte; da darf jedes Ministerium tun, was es will, und dadurch natürlich höhere Kosten produzieren. Sie haben sogar darauf verzichtet, diese höheren Kosten festzustellen, auch eine der Untätigkeiten und der Fehler aus Ihrem Hause. Es wäre schön, wenn sich das ändern würde, –

Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss.

– übrigens auch mit unserer Hilfe.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Letzte Rednerin ist Frauke Heiligenstadt für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548257
Wahlperiode 20
Sitzung 68
Tagesordnungspunkt Finanzen, Bundesrechnungshof
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