22.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 68 / Einzelplan 17

Paul LehriederCDU/CSU - Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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Sehr geehrter Herr Präsident Kubicki! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Das Ergebnis der stundenlangen Bereinigungssitzung vom 10. November dieses Jahres sind zusätzlich 45,6 Milliarden Euro Schulden. Damit sind es insgesamt 500 Milliarden Euro neue Schulden innerhalb eines Jahres. Das ist eine besorgniserregend hohe Summe, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

Gleichzeitig werden in dreistelliger Milliardenhöhe und unter Umgehung der Schuldenbremse Gelder in Sondervermögen geparkt. Haushalterisch ist dies gerade vor dem Hintergrund des aktuell vorliegenden Krisenmixes ein ziemlicher Spagat und eine enorme Belastung für unsere kommenden Generationen, die diese Schuldenberge eines Tages abzahlen müssen. Nicht umsonst heißt es: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen.

Jeder Mensch, jeder private Haushalt bemüht sich, zu sparen, gerade in der jetzigen Zeit. Aber bei der Ampelregierung findet sich nicht der Hauch einer Spur von Ausgabendisziplin oder gar notwendiger Prioritätensetzung. So etwas würde es mit der Union niemals geben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei allen spürbaren Differenzen, auch innerhalb der Koalition, eint sie ein Momentum – genau das sehen wir leider auch im Einzelplan 17 –: Bereits im Regierungsentwurf gab es einen Aufwuchs von rund 800 Millionen Euro gegenüber dem bis dahin geltenden Finanzplan. Nach der Bereinigungssitzung vor knapp zwei Wochen kamen noch mal rund 690 Millionen Euro dazu. Damit vergrößert sich der Etat auf fast 13,6 Milliarden Euro. Das bedeutet einen enormen Anstieg bei den gesetzlichen Leistungen, die mittlerweile über 90 Prozent des Etats ausmachen. Gerade Familienpolitik sollte doch aber eigentlich mehr sein als das bloße Auszahlen von Transferleistungen.

Neben den über 90 Prozent gesetzlich gebundenen Leistungen, die ausgebaut wurden, sinken die Programmausgaben sowohl absolut als auch relativ. Das merkt man vor allem bei den Förderungen in der Kinder- und Jugendpolitik – hier liegt ein Minus von 30 Prozent vor – und bei der Qualifizierungsoffensive, also Ihrem Kahlschlag bzw. der Mogelpackung, die Sie jetzt bei den Sprach-Kitas und bei der Kindertagespflege vorhaben.

Liebe Frau Ministerin, in den letzten Wochen war das Thema Sprach-Kitas, wann immer wir zusammengetroffen sind, natürlich unumgänglich. Noch in der ersten Lesung dieses Haushaltes drohte ein Ende dieses Programms zum 1. Januar 2023. Das haben Sie jetzt hier geschwind bis zum 1. Juli hinausgeschoben. Aber Fakt ist auch: Die 109 Millionen Euro, die im Haushalt für die Sprach-Kitas verankert sind, nehmen Sie doch – „Linke Tasche, rechte Tasche“ – wieder aus dem Gute-KiTa-Gesetz. Von den rund 2 Milliarden Euro, die im Gute-KiTa-Gesetz stehen, kommen 109 Millionen Euro quasi in die Sprach-Kitas, um sie bis zum Sommer zu retten, wohl wissend, dass bisher nicht alle Länder mitmachen, Frau Ministerin. Da müssen wir uns insofern, glaube ich, auch ehrlich machen.

Das ist ein tolles Programm, das wir in der Großen Koalition vor sechs Jahren eingeführt und seitdem mit großer Leidenschaft vorangebracht haben.

(Gyde Jensen [FDP]: Die Länder waren ja nicht kompromissbereit!)

– Sie können nach mir reden, wenn Sie wollen. – Dem droht ein Ende.

Immerhin: Über 7 000 Sprach-Kitas in Deutschland wissen nicht, wie es am 1. Juli 2023 weitergeht. Wir haben ein Moratorium von sechs Monaten; aber am 1. Juli 2023 werden viele Bundesländer noch nicht Klarheit darüber haben, wie sie mit ihren Beschäftigten in den Sprach-Kitas umgehen. Das haben die Kinder in Deutschland nicht verdient.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was macht denn Bayern?)

In der ersten Lesung habe ich hier den Kollegen Bsirske getroffen; er ist heute leider nicht da. Für die Bewältigung der Fachkräfteproblematik in zehn, zwölf Jahren legen wir heute den Grundstein, um Kinder, die es geistig und intellektuell an sich können, in der sprachlichen Förderung rechtzeitig an die Hand zu nehmen und ihnen zu helfen.

Und, ja: Meine Vorstellung war: 100, 75, 50 Prozent. Das heißt, nächstes Jahr übernehmen wir als Bund die 200 Millionen Euro für die Sprach-Kitas noch mal, dann gehen wir auf 75 Prozent runter, und danach gilt eine prozentuale Aufteilung zwischen Bund und Ländern von 50 : 50, sodass wir uns die Aufgabe der sprachlichen Förderung im Kitabereich teilen. Das halte ich für gut.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Ministerin, Sie haben ausgeführt, dafür bräuchten wir eine Grundgesetzänderung. Wir haben gerade eben im Plenum den Einzelplan 25 – Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen – diskutiert. Wir halten in diesem Jahr 790 Millionen Euro für die Städtebauförderung bereit. Das ist eine super Sache, von der viele Kommunen profitieren und bei der Bund und Länder zusammenarbeiten. Was wir bei der historischen Bausubstanz in den Gemeinden und Städten hinbekommen, sollten wir bei den kleinen Kindern auch hinbekommen, Frau Ministerin.

Ich glaube, es wäre ganz wichtig, dass wir uns diese Sache noch mal angucken, bevor dieses Programm komplett kaputtgeht. Deshalb mein Appell an Sie: Schauen Sie sich an, wie es mit den Sprach-Kitas nach dem 1. Juli 2023 aussieht. – Ich glaube, die für dieses Programm eingeplanten Mittel, das ist die Achillesferse des Einzelplans 17 in diesem Bundeshaushalt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Ministerin, Sie haben noch ein paar Tage Zeit; am kommenden Freitag wird der Haushalt verabschiedet. Wir sind zu Gesprächen bereit. Ich hoffe, dass es uns gelingt, dieses gute Programm, das wir gemeinsam über Jahre hier vorangebracht haben, zu retten. Die Kinder in Deutschland haben es verdient. Es verdient den Schweiß aller Edlen und Gerechten, sich um die Sprach-Kitas zu bemühen, bevor wir da im Sommer irreversible Schäden anrichten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Kollege Bruno Hönel, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548286
Wahlperiode 20
Sitzung 68
Tagesordnungspunkt Familie, Senioren, Frauen und Jugend
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