22.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 68 / Einzelplan 16

Daniel SchneiderSPD - Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Etat unseres Bundesumweltministeriums steckt echter Fortschritt für den nationalen Meeresschutz. Ich spreche noch einmal über die Bergung der rund 1,6 Millionen Tonnen alter Munition konventioneller Art – Bomben, Torpedos, Minen und Granaten – sowie der rund 5 000 Tonnen chemischer Kampfmittel in Nord- und Ostsee.

Diese Altlasten aus den beiden Weltkriegen wurden 1945 durch die Alliierten in konzentrierten Mengen vor unseren Küsten verklappt und bei Kampfhandlungen, Übungen oder Unfällen unkontrolliert im Meer verteilt. Von ihnen geht eine direkte Gefahr für Leib und Leben aus, und sie sind ein zunehmendes Risiko bei der Bewirtschaftung der Meere, in der Fischerei etwa oder in der Schifffahrt. Räumungen finden bisher nur anlassbezogen statt, etwa bei Fahrrinnenanpassungen durch die Nassbaggerei oder natürlich beim Bau der Offshorewindenergieanlagen.

Nun soll die geplante Entwicklung einer Spezialplattform den Einstieg in die flächendeckende Beräumung, also in die industrielle Bergung und Entsorgung der Kampfmittel, markieren. Für die Entwicklung und den Bau dieser ersten Pilotanlage haben wir im Einzelplan 16 nun die erforderlichen 100 Millionen Euro eingeplant. Deshalb geht auch mein Dank hier noch einmal an unsere Haushälter/-innen und die Mitglieder im Umweltausschuss sowie an die Kolleginnen und Kollegen im BMUV.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Auch das langjährige Engagement in den Ländern und in den verschiedenen Arbeitsgruppen ist zu würdigen. Mittlerweile liegen umfassende Erkenntnisse aus zahlreichen Forschungs- und Entwicklungsprojekten vor. Dabei geht es um innovative und nachhaltige Meerestechnik, um Sensorsysteme und toxikologische Untersuchungen.

Da möchte ich auch einmal das GEOMAR-Institut in Kiel anführen. Hier wird zum Beispiel erforscht, wie sich die Bedrohung für die Meeresumwelt durch die austretenden Gifte entwickelt. So werden TNT-Rückstände in Muscheln, in Wasserschnecken, in Speisefischen nachgewiesen, nicht etwa nur in einer Wassersäule, sondern auch in Fischen, die auf dem Markt eingekauft wurden. Der Verzehr ist für uns Menschen noch ungefährlich, es sei denn, wir essen 7 Kilo Fisch am Tag. Jedoch steigt die Gefahr tagtäglich; denn die Metallhüllen korrodieren ja nun schon seit fast 80 Jahren dort auf dem Meeresboden.

Es wird also Zeit, dass wir das Zeug da rausholen, als Erstes aus der Ostsee – die ist ein bisschen flacher und ruhiger –, später dann aus der Nordsee. Dafür gibt es einen Prioritätenplan. Eine robotergestützte Plattform soll die Altlasten am Meeresgrund lokalisieren, diese mit autonomen Unterwasserfahrzeugen an die Oberfläche holen und sie durch die Entfernung ihrer Zünder unschädlich machen. Anschließend sollen die Kampfmittel dann zerschnitten und in speziellen Verbrennungsöfen direkt an Bord verbrannt werden.

An Land ist übrigens die GEKA mbH in Munster die wichtigste Einrichtung für die Kampfmittelvernichtung. Als Gesellschaft des Bundes sollte sie bei neuen Systemen an Land und auf See eine führende Rolle einnehmen. Wir müssen sie nur rechtzeitig mit Mitteln ausstatten und ihren Auftrag auch entsprechend erweitern.

Überhaupt werden wir bei dieser gewaltigen Aufgabe der flächendeckenden Beräumung nur im Verbund erfolgreich sein. Die Kooperation vieler Industrieunternehmen ist erforderlich; sie findet auch schon langsam statt. Zunächst finanzieren wir ja auch nur das erste Pilotprojekt. Da gehört es zur Wahrheit dazu, dass wir zur kompletten Räumung der Altlasten aus Nord- und Ostsee möglicherweise zehn oder mehr Plattformen benötigen werden. Ihr gesamter Betrieb ab Fertigstellung ist noch zu konzipieren und langfristig zu finanzieren. Eine gute Koordination des Bundes mit den Küstenländern ist dafür natürlich essenziell wichtig.

Andererseits sehen wir große Chancen auf einen echten Exportschlager, einen maritimen Exportschlager „made in Germany“. Denn vergleichbare Gefahrenlagen finden wir überall auf der Welt, ob in Europa, Asien oder Australien – überall, wo große Konflikte stattgefunden haben. Munitionsaltlasten, meine Damen und Herren, sind eine globale Herausforderung.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend und danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

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Electoral Period 20
Session 68
Agenda Item Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
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