23.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 69 / Einzelplan 04

Christiane SchenderleinCDU/CSU - Bundeskanzleramt und Unabhängiger Kontrollrat

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In vier Tagen ist der erste Advent, die ersten Weihnachtsmärkte öffnen. Viele von uns hoffen auf besinnliche Tage in der Familie. Und doch ist die Zeit von Krisen überlagert, die besonders auch den Kulturbereich treffen, der dringendst auf Unterstützung des Bundes angewiesen ist.

Es gibt große Sorgen: Energiekosten, Inflation, Arbeitskräftemangel. Der Kreativwirtschaft fehlt es an Sicherheit. Für 2023 geplante Konzerte werden bereits wieder abgesagt. Das ist bitter. Leider gibt die Bundesregierung bislang keine ausreichenden Antworten auf die Notlage der Kreativen. Bereits im August hat Kulturstaatsministerin Claudia Roth Energiehilfen für Kultureinrichtungen angekündigt. Heute, drei Monate später und kurz vor dem Winter, ist immer noch nicht klar, wie und an wen das Geld fließen soll. Angekündigt wurde, dass dafür Restmittel aus dem Sonderfonds für Kulturveranstaltungen in Höhe von 1 Milliarde Euro verwendet werden sollen und man auch bei der Ausschüttung der Gelder auf der Struktur der Sonderfonds aufbauen will. Gegen diese Pläne oder – besser gesagt – diese Zweckentfremdung haben wir allerdings frühzeitig Bedenken geäußert. Zum einen brauchen die Kulturveranstalter weiterhin finanzielle Unterstützung aus diesem Sonderfonds, und zum anderen hat er sich als unglaublich bürokratisch erwiesen; die Mittel sind nicht bedarfsgerecht abgeflossen.

Die viel bessere Blaupause wäre aus unserer Sicht das Programm „Neustart Kultur“; denn hier wurden die Mittel über die Verbände passgenau administriert – ein Segen für viele private sowie öffentliche Kultureinrichtungen und Kulturschaffende. Auch bei den Energiehilfen muss der Kreis der Hilfeempfänger weit gefasst werden, das heißt die privaten Kulturorte und Freischaffenden mit einschließen. Und die Hilfe muss jetzt fließen und darf nicht erst rückwirkend in ein paar Monaten ankommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Erste private Kultureinrichtungen haben bereits angekündigt, über den Winter zu schließen. Das heißt, wir dürfen keine Zeit verlieren. Die Bundesregierung muss endlich Nägel mit Köpfen machen. Die Kultur braucht nicht nur Pläne, sondern Planbarkeit. Die Kultur braucht Hilfen, die auch helfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nachdem die Kreativwirtschaft monatelang auf den Ansprechpartner bei der Bundesregierung warten musste, werden jetzt immerhin Gespräche geführt. Diese müssen aber Ergebnisse liefern, sonst bleibt es beim Smalltalk. Geld ist offensichtlich da; die Erhöhung des Kulturhaushaltes begrüßen wir.

Im Bereich „Auswärtige Kulturpolitik“ hingegen wurde kräftig gestrichen, allein bei den Goethe-Instituten satte 25 Millionen Euro.

(Otto Fricke [FDP]: Hä?)

Wir haben im parlamentarischen Verfahren gemeinsam etwas auffangen können.

(Otto Fricke [FDP]: Ihr? Nichts habt ihr! – Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oppositionsunfähig!)

Der Fehler bleibt. Gerade in Zeiten internationaler Krisen ist die Arbeit der Goethe-Institute wichtiger denn je. Das Gleiche gilt auch für die Deutsche Welle, unseren Auslandssender. Propaganda und Desinformation nehmen zu,

(Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind Propaganda und Desinformation, was Sie hier äußern!)

doch die Ampel hat unseren Antrag auf zusätzliche Mittel für russisch-ukrainische Angebote abgelehnt.

(Nina Warken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Und das gilt auch für das Zukunftsprogramm Kino. Es ist das wichtigste Förderprogramm zum Erhalt der Kinoinfrastruktur.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christoph Meyer [FDP])

Das Kinosterben ist in vollem Gange. Daher ist jeder zusätzliche Euro notwendig und gut angelegt. Sie verkaufen den Kulturpass für 18‑Jährige jetzt als großen Wurf; aber wenn es kein Kino mehr gibt, hilft auch der Pass nicht mehr, ganz abgesehen davon, dass die 100 Millionen Euro noch gar nicht freigegeben sind, weil kein Konzept vorliegt. Nur die schöne Überschrift gibt es bereits.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und das Geld! – Otto Fricke [FDP]: Was denn jetzt?)

Und dann gibt es auch ganz schnell mal 70 Millionen Euro für ein Programm „Strukturen stärken“ ab – Achtung! – dem Jahr 2025. Was für ein falsches Verständnis von Weitsicht! Dabei fehlt es unseren großen Kultureinrichtungen von nationaler Bedeutung an Geld. Das Bundesarchiv sendet Notrufe. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat durch den Reformprozess Mehrbedarf, und auch die Grundfinanzierung beim Humboldt Forum ist nicht gesichert.

Die Bilanz nach einem Jahr Regieren fällt jedenfalls ungenügend aus. Anzahl der von der Ampel eingebrachten Initiativen in den Bundestag: zwei.

(Otto Fricke [FDP]: Hä?)

Das grundsätzliche Problem dieser Regierung zieht sich leider auch durch den Kulturbereich. Die Probleme werden gesehen, es sind Lösungen angedacht; aber die Umsetzung steht aus. Gut gedacht, noch nicht gemacht, das trifft es.

Ich zitiere Herrn Kilb aus der „FAZ“ vor einer Woche:

Als Claudia Roth im Dezember 2021 ihr Amt antrat, tauschte sie die Führungsebene ihrer Behörde fast vollständig aus. Die meisten ihrer persönlichen Referenten stammen, wie man hört, aus der Parteizentrale der Grünen

(Stephan Brandner [AfD]: Ach! Überraschung! Woher denn sonst?)

und hatten mit Kultur bislang wenig zu tun.

Nicht verwunderlich also, dass die meisten Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag bislang nur auf dem Papier stehen.

(Otto Fricke [FDP]: Sie haben keine Ahnung von Haushaltspolitik! Sie haben sich null um das gekümmert!)

Die Antwort der Bundesregierung auf meine Nachfrage zum geplanten Plenum Kultur im Juni war: Das weitere Vorgehen wird im Laufe des Jahres geklärt. – Jetzt haben wir November. Also, Frau Roth, liefern Sie, und binden Sie vor allen Dingen den Bundestag transparent ein!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das erste Jahr Ihrer Regierungszeit ist vorbei, und zum Glück für die Kultur kommen maximal nur noch drei Jahre dazu.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])

Das Wort hat die Kollegin Verena Hubertz für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Ann-Veruschka Jurisch [FDP])

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548390
Wahlperiode 20
Sitzung 69
Tagesordnungspunkt Bundeskanzleramt und Unabhängiger Kontrollrat
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