23.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 69 / Einzelplan 14

Michael EspendillerAfD - Verteidigung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und bei Youtube! 50,1 Milliarden Euro groß wird der reguläre Etat des Verteidigungsministeriums im Jahr 2023 sein. Weitere 8,5 Milliarden Euro kommen aus dem sogenannten Sondervermögen. Das ist schon eine stolze Summe. Deutschland nähert sich damit dem 2‑Prozent-Ziel der NATO ordentlich an.

Die Union, die dieses Thema jahrzehntelang hat schleifen lassen, will das 2‑Prozent-Ziel jetzt plötzlich auf Biegen und Brechen peinlich genau einhalten. Ich kann ja verstehen, dass diese Forderung gut klingt – das kann man wunderbar vor sich hertragen –, aber ist das überhaupt klug und in der aktuellen Situation angemessen?

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Na, sicher!)

Seit dem Krieg in der Ukraine hat nicht nur die allgemeine Inflation zugenommen, sondern im besonderen Maße auch die Inflation bei Rüstungsgütern. Es gibt eine erheblich gestiegene Nachfrage, die zu steigenden Preisen geführt hat, und das bei beschränkten Produktionskapazitäten, die man nicht mal eben erweitern kann. Dazu kommen immer noch andauernde Lieferkettenprobleme und Rohstoffengpässe. Einfach gesagt: Wir bekommen für unser Geld weniger, und das ist schlecht; denn wir brauchen von allem viel.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Obendrein veranstaltet die internationale Rüstungsindustrie gerade einen großen Ausverkauf, will auch noch alte Ladenhüter loswerden. Das bedeutet aber nicht, dass diese Ware vom Grabbeltisch auch das Richtige für unsere Bundeswehr ist. In diesem Marktumfeld sklavisch an der jährlichen Veranschlagung von 2 Prozent des BIPs festzuhalten, würde zu Ineffizienzen und Verschwendung führen. Das wäre sogar kontraproduktiv, wenn man will, dass die Bundeswehr richtig ausgestattet wird.

Abgesehen davon hat mir noch keiner von Ihnen überhaupt erklärt, wie Sie denn das Ganze finanzieren wollen. Zur Gegenfinanzierung schweigen Sie sich nämlich aus. Die einzige Fraktion, die darauf eine Antwort hat, das sind im Übrigen wieder einmal wir. Wir erzählen Ihnen hier seit einem dreiviertel Jahr, dass Sie den Investitionsbedarf im Einzelplan 14 durch Einsparungen in anderen Einzelplänen finanzieren müssen

(Andreas Schwarz [SPD]: Nein!)

und auch können, zum Beispiel durch Einsparungen in den Etats des Auswärtigen Amtes bzw. des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung; da geben Sie die Euros mit vollen Händen aus.

Auch der Union kann es gar nicht schnell genug gehen, wenn Geld aus Deutschland rausgeschafft werden soll. Obendrein stellt die Union beim Verteidigungsetat auch noch Änderungsanträge, die nicht mal mehr populistisch sind – Ihre Forderungen waren ganz und gar realitätsfremd und jenseits aller haushalterischer Vernunft.

(Beifall bei der AfD – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch!)

– Mit Verlaub, Herr Kollege, nach der Lektüre Ihrer Anträge hatte ich kurzzeitig den Eindruck, dass die Union von kriegslüsternen Warlords unterwandert wurde, die bereits morgen in die Schlacht ziehen wollen.

Neben der Union wollen wir noch die Ampel erwähnen. Dass diese Regierung in der jetzigen Situation weiterhin auf Eskalation statt auf Verhandlungen setzt, ist und bleibt sicherheitspolitisch weiter alles andere als klug; das haben wir Ihnen hier letztes Mal schon erklärt. In den Haushaltsberatungen ist aber auch besonders klar zutage getreten, dass Ihre Haltung nicht nur unvernünftig, sondern auch verdammt teuer ist. Das schlägt sich in allen Einzelplänen nieder und lässt sich mit einem Zitat des englischen Dichters Alexander Pope zusammenfassen: Der teuerste Frieden ist billiger als der billigste Krieg. – Schon allein aus diesen Gründen sollten Sie endlich Verhandlungen aufnehmen!

(Beifall bei der AfD – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Oh Gott! – Florian Hahn [CDU/CSU]: Das ist Bullshit!)

Aber uns treibt noch eine andere Sorge um. Das Vorhaben, die Bundeswehr endlich vernünftig auszustatten, ist sehr richtig und wird von uns auch unterstützt. Natürlich bedarf es noch immer einer grundlegenden Reform der Truppe, und da werden wir weiterhin Forderungen aufstellen. Auch wenn uns in der Zielvorstellung noch so manches trennen mag, muss man sagen, dass diese Regierung auf einem gar nicht so schlechten Weg ist. Oder soll ich besser sagen „war“? Denn anstatt sich zu einhundert Prozent auf das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr zu konzentrieren, mischen sich in den letzten Wochen auch ganz andere Töne in die Debatte ein: Von energetischer Sanierung ist die Rede, von Nachhaltigkeit, es solle geprüft werden – ich zitiere –, ob im Flugbetrieb nichtfossile Energiequellen eingesetzt werden können; denn das Ziel sollte die Verwendung von bis zu 100 Prozent nichtfossilen Flugkraftstoffen sein. – Bitte, was? Ökokampfjets, ist das jetzt Ihr Ernst?

(Heiterkeit des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

Ich sage es mal ganz direkt: Angenommen, der Russe stände tatsächlich vor Berlin, dann wird es mit Sicherheit unsere letzte Sorge sein, ob auf den Dächern der deutschen Kasernen auch ordentliche Solaranlagen angebracht sind oder ob unsere nicht vorhandenen Flugzeuge alle auf Öko umgestellt sind.

(Beifall bei der AfD – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt Leute, die können mehrere Probleme gleichzeitig lösen! – Marianne Schieder [SPD]: Das ist so blöd!)

Derartiger grüner Schwachsinn ist dem Ernst der Lage nicht angemessen. Und ich hoffe, dass die Regierung wenigstens bei diesem hochsensiblen Thema Verteidigung einigermaßen bei Verstand bleibt, sonst werden wir hier demnächst nämlich Militärfahrräder und keine Panzer bestellen.

(Beifall bei der AfD – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Mann, Mann, Mann! Da macht es ja noch nicht mal mehr Spaß, Zwischenrufe zu machen, so blöd ist das!)

Wir jedenfalls haben klargemacht, was wir wollen, liebe FDP: schnellere Verfahren, das Auffüllen der Munitionsvorräte und eine dauerhafte und nachhaltige Finanzierung der Bundeswehr – nicht aus Schulden. Wenn Sie das nicht hinkriegen, fragen Sie uns. Wir wissen, wie das geht.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Für Bündnis 90/Die Grünen erteile ich das Wort Dr. Sebastian Schäfer.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548424
Wahlperiode 20
Sitzung 69
Tagesordnungspunkt Verteidigung
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