Johann WadephulCDU/CSU - Verteidigung
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Verteidigungsministerin Lambrecht hat am 1. Juni 2022 hier im Deutschen Bundestag gesagt – ich zitiere –: „Schluss … mit Kaputtsparen, mit Zögern und Zaudern, vor allen Dingen auch Schluss damit, dass wichtige Entscheidungen viel zu lange verschleppt wurden“.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ungefähr ein halbes Jahr danach müssen wir feststellen: Das ist alles nicht gelungen. Die Ministerin wirkt im Tagesgeschäft planlos, mit konzeptionellen Aufgaben völlig überfordert, sie spielt in internationalen und sicherheitspolitischen Debatten und Strukturen überhaupt keine Rolle.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir diskutieren den Haushalt. Der Verteidigungshaushalt zeigt drei Dinge: erstens einen Bundeskanzler, der sein Versprechen nicht einhalten kann, zweitens einen bündnispolitischen Offenbarungseid und drittens katastrophale Aussichten für die deutsche Bundeswehr.
(Dr. Kristian Klinck [SPD]: Märchenstunde! Alles frei erfunden!)
Die „Zeitenwende“, das große Wort, das der Bundeskanzler am 27. Februar 2022 angeführt hat, findet nicht statt, Herr Kollege. Und seine Ankündigung, von jetzt ab Jahr für Jahr – von jetzt ab, beginnend in diesem Jahr! – mehr als 2 Prozent für Verteidigung auszugeben, ist bestenfalls eine vollmundige Sonntagsrede geblieben oder eine grandiose Täuschung der deutschen Öffentlichkeit, der Soldatinnen und Soldaten unserer Bundeswehr und unserer Verbündeten und Partner.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Schockierende daran ist, dass die Bundesregierung noch nicht einmal den Versuch macht, dieses skandalöse Verhalten auch nur annähernd zu kaschieren. Aber damit setzen der ehemalige Finanzminister Scholz und die SPD ihre Politik der Missachtung gegenüber Bündniszusagen und Bedarfen der Bundeswehr fort, wie wir es ja schon in den vergangenen zwei Wahlperioden gelernt haben.
Es war die Union, die seit 2014 immer wieder verlangt hat, dass wir einen Haushalt vorlegen, der die Erfordernisse im Hinblick auf das 2‑Prozent-Ziel erfüllt. Es war immer wieder die sozialdemokratische Fraktion, die dieses verhindert hat,
(Zurufe von der SPD: Oh! – Marianne Schieder [SPD]: Oh je! So eine schwache Kanzlerin!)
auch wenn Sie sich jetzt den netten Dienst tun, das nicht zuzugeben. Das ist die Wahrheit; das wissen wir alles.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ihr Fraktionsvorsitzender hat im Sommer 2019 freimütig erklärt: Ich fühle mich an die 2 Prozent nicht gebunden. – So viel zu Ihrem „oh!“. Und er hat dann die F‑35, die, Herr Kollege Schwarz, hier erwähnt worden ist, und die F‑18 als US‑amerikanische Atombomber verunglimpft. Und noch am 26. Februar dieses Jahres, einen Tag vor der Rede des Bundeskanzlers, wird er zitiert mit der Aussage: „Immer noch mehr Aufrüstung kann nicht die Antwort sein“. Das Ergebnis ist: Die Sozialdemokratie hier im Deutschen Bundestag hat ein bigottes Verhältnis zur Bundeswehr, wenn man es nicht als schizophren bezeichnen will.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir müssen immer wieder feststellen: Am Ende stehen Sie nicht hinter der Bundeswehr.
Wir müssen darüber reden, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wie endlich umgesetzt wird, was in der konzeptionellen Planung für die deutsche Bundeswehr notwendig ist. Da ist natürlich das Allererste das Thema Beschaffung. Die Soldatinnen und Soldaten müssen – Herr Kollege Klein, im Gegensatz zu Ihren Ausführungen – feststellen: Unter der Führung von Verteidigungsministerin Lambrecht wird die Bundeswehr jeden Tag schwächer. Es kommt nichts an.
(Andreas Schwarz [SPD]: Das stimmt doch überhaupt nicht! Das ist doch Quatsch!)
Kein einziges Bestellungsvorhaben wird realisiert, überhaupt nichts wird ausgeliefert. Hinzu kommt: Die Bundeswehr hat mittlerweile einen katastrophalen Munitionsbestand.
(Andreas Schwarz [SPD]: Schauen Sie sich mal die Munitionskäufe unter Ihrer Regierung an!)
Die Artillerietruppe ist im Grunde ohne Munition und kann überhaupt nicht mehr den scharfen Schuss üben. Dafür tragen Sie die politische Verantwortung. Das Geld haben wir zur Verfügung gestellt, aber Beschaffungen sind von Ihnen nicht ermöglicht worden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Andreas Schwarz [SPD]: Stimmt doch alles nicht!)
Was die Konzeption der Bundeswehr angeht, erwarte ich von der Bundesverteidigungsministerin, dass sie mal klarlegt, welche Bundeswehr der Zukunft sie denn will. Wir haben immer noch die Struktur einer Afghanistan-Armee, einer Armee, die dafür ausgerüstet ist, insbesondere Einsätze im Ausland zu realisieren. Mittlerweile ist allen klar: Landes- und Bündnisverteidigung muss Priorität haben. Dafür gibt es Papiere, die von der Bundeswehr noch in der letzten Legislaturperiode erarbeitet worden sind. Aber weil die ideologische Verblendung so groß ist, sind die Papiere sofort in die Schublade gelegt worden.
(Andreas Schwarz [SPD]: Weil sie schlecht waren!)
Einzelne Teile sind wieder herausgeholt worden, einzelne Teile werden umgesetzt.
(Zuruf des Abg. Dr. Joe Weingarten [SPD])
Aber eine Umstrukturierung zu einer Bundeswehr, die führungsfähig ist und wirklich Bündnis- und Landesverteidigung leisten kann, findet nicht statt. Und deswegen sage ich: Konzeptionell ist diese Verteidigungsministerin völlig überfordert. Sie liefert nicht ab, was die Soldatinnen und Soldaten in dieser Zeit verdient hätten und was dringend notwendig gewesen wäre.
(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Das Letzte, was die Bundeswehr braucht, sind noch mehr Reformen, die nicht umgesetzt werden, wie unter der Unionsregierung!)
Ich komme zum internationalen Bereich. Mal abgesehen davon, dass die Verteidigungsministerin im Gegensatz zu vielen Vorgängern steht, übrigens auch aus der Sozialdemokratie – ich erinnere an die Verteidigungsminister von Georg Leber bis zu Peter Struck, die wirklich viel geleistet haben und hohe Anerkennung hatten –
(Andreas Schwarz [SPD]: Gute Männer!)
– ja, das wäre mal ein Vorbild gewesen –, nimmt sie auch an keiner internationalen sicherheitspolitischen Debatte mehr teil. Es finden Konferenzen über Konferenzen statt: Manama-Dialog, Halifax International Security Forum. Verteidigungsministerinnen und Verteidigungsminister aus ganz Europa, aus der ganzen Welt, aus der NATO sind da. Wer nie da ist, ist Christine Lambrecht.
(Marianne Schieder [SPD]: Eijeijei!)
Dann ist es auch kein Wunder, dass die Ideenwelt, mit der man jetzt an den MINUSMA-Einsatz herangeht, völlig ungeordnet ist. Im Frühsommer fabulierte sie darüber: Wir ziehen im Sommer ab, wenn die Hubschrauber nicht auf die Zahl ergänzt werden, wie Deutschland sie hatte. – Was stellen wir fest? Gibt es einen entsprechenden Hubschraubereinsatz? Nein. Trotzdem bleiben wir da. Jetzt gibt es ein Verlängerungsmandat für anderthalb Jahre, obwohl die Soldatinnen und Soldaten den Auftrag, den sie bekommen sollen, gar nicht vollständig erfüllen können. Was sollen die Soldatinnen und Soldaten dann noch da?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dann ziehen Sie sie gleich ab! Als Feigenblatt taugen unsere Soldatinnen und Soldaten nicht.
Nach gut einem Jahr im Amt muss ich konstatieren: Frau Ministerin, Sie haben gesagt, wenn es einfach wäre, würden es andere machen. Ich glaube, es wäre wirklich besser, es würden andere machen.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Bundesregierung erteile ich das Wort der Bundesministerin Christine Lambrecht.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
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Electoral Period | 20 |
Session | 69 |
Agenda Item | Verteidigung |