Carsten KörberCDU/CSU - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorletzte Woche fand die Bereinigungssitzung statt. Übermorgen wird die Ampel voraussichtlich den Bundeshaushalt für das nächste Jahr beschließen. So weit, so gut. Aber beschließt die Ampel nach einer historisch langen Bereinigungssitzung denn auch einen historisch guten Haushalt?
(Bettina Hagedorn [SPD]: Na klar! – Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was denn sonst?)
Nein, das glaube ich nicht. Angesichts der Vielzahl an Herausforderungen wie natürlich dem Ukrainekrieg und der Ernährungskatastrophe war der Regierungsentwurf zum BMZ mit einem Abwuchs von alles in allem 17 Prozent eine einzige Katastrophe. Wieder hat sich gezeigt, dass das BMZ und Ministerin Schulze schlecht verhandelt haben.
Immerhin – und das rettet diesen Etat – hat die Ampel kurz vor knapp in der Bereinigungssitzung noch eine dringend benötigte Milliarde on top gesetzt. Das ist gut, aber das ist nicht so gut, wie es klingt. Aus der globalen Krisenvorsorge von 5 Milliarden Euro im Einzelplan 60 hatte das Auswärtige Amt einen Mehrbedarf von 1,5 Milliarden Euro und das BMZ 3,3 Milliarden Euro beantragt. Am Ende des Tages bekommen beide Häuser jeweils 1 Milliarde Euro. Dabei ist der Etat des Auswärtigen Amtes ungefähr nur halb so groß wie der des BMZ. Merken Sie was?
(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Ja, das ist das Problem!)
Das zeigt leider den Stellenwert, den das BMZ allen Beteuerungen zum Trotz in der Koalition, beim Kanzler und beim Finanzminister genießt.
In den Beratungen hat die Bundesregierung leider wieder eine ungute Rolle gespielt.
(Thomas Rachel [CDU/CSU]: So ist es!)
Wir alle kennen das Spiel – das Spiel ist alt, aber es ist jedes Mal lästig –: Die Regierung hat im Regierungsentwurf in den Titeln gekürzt, von denen sie genau weiß, dass die Haushälter der Koalition das gar nicht so stehen lassen können. Sie kürzt in den Titeln, in denen es ganz offensichtlich nicht verantwortbar ist. Das ist unredlich, das ist unseriös, und das ist, wie ich finde, auch einfach überflüssig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zugleich aber ist die Ampel großartig im Geldausgeben. Jeder Koalitionspartner bekommt einfach das, was er möchte. Die Ampel weigert sich ganz offensichtlich, den Haushalt zu konsolidieren. Sie kann oder will die Kraft nicht dazu aufbringen, bestimmte Aufgaben zu priorisieren und andere Aufgaben zwangsläufig zu posteriorisieren. Das ist ambitionslos und mit Blick auf die nächste Generation einfach nur traurig.
Aber – und so ehrlich will ich sein – es gibt auch Positives zu vermelden. So konnte sich die Ampel dazu durchringen, die Mittel für UNIDO, die UN-Organisation für industrielle Entwicklung, zu stärken. Deren Generaldirektor ist ja bekanntlich unser ehemaliger Minister im BMZ, Gerd Müller. Ob diese Tatsache der Grund dafür war, ihm beim letzten Haushalt die Unterstützung zu verweigern, obwohl er der einzige Deutsche an der Spitze einer UN-Organisation ist,
(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Nein! Achim Steiner, UNDP!)
weiß ich schlicht und ergreifend nicht.
(Zuruf von der SPD: Hat es ihm geholfen, oder nicht?)
Jedenfalls hat er sich schon seit seinem Amtsantritt eines zum Ziel gesetzt, nämlich den chinesischen Einfluss in dieser Organisation zurückzudrängen, und ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch aller Unterstützung wert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie mich noch auf die Reise der Berichterstatterinnen und Berichterstatter für den Einzelplan 23 von Ende Oktober zu sprechen kommen. Wir sind gemeinsam in die Republik Moldau, in die Ukraine und nach Polen gereist. Die Gespräche, die wir in Chisinau und Lemberg geführt haben – ich erlaube mir jetzt mal, für alle Kollegen, die dabei waren, zu sprechen –, haben wohl niemanden von uns kaltgelassen.
Die Republik Moldau hat in Europa die höchste Flüchtlingsquote, nunmehr eine Inflation von 35 Prozent, und seit Anfang des Jahres haben sich die Gaspreise versiebenfacht. Seit gut einem Jahr regiert dort die erste proeuropäische Regierung seit der Unabhängigkeit 1991, und das mit absoluter Mehrheit.
(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Das ist sehr gut!)
Genau seit einem guten Jahr plant Moskau den Umsturz in der Republik Moldau. Das dürfen wir als Europäer nicht zulassen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ganz besonders beeindruckend, aber auch bedrückend war unser Besuch im westukrainischen Lemberg. Während unseres Aufenthaltes dort gab es allein viermal Luftalarm. Ich habe dort eine absolut faszinierende Beobachtung gemacht: Ich hatte das Gefühl, dass mit jedem Luftalarm die Entschlossenheit der Ukrainerinnen und Ukrainer, diesen Krieg gegen Putin zu gewinnen, wächst.
Anschließend sprachen wir mit dem Bürgermeister Lembergs. Er berichtete uns über die gezielten russischen Luftangriffe auf die zivile Infrastruktur und die daraus resultierenden Energieprobleme. Er berichtete uns zudem vom Aufbau einer Prothesenwerkstatt, in der Prothesen für die leider viel zu zahlreichen Kriegsverletzten hergestellt werden sollen.
Das fand ich einen ganz tollen Vorgang. Noch vor Ort einigten wir uns als Berichterstatter überfraktionell darauf, den Aufbau der Prothesenwerkstatt und die Lieferung von 1 000 Stromgeneratoren für die Region Lemberg mit insgesamt 22 Millionen Euro zu unterstützen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Diese Entscheidung war ein direktes Ergebnis unserer Gespräche vor Ort. Die ehrliche Freude und Dankbarkeit, die uns nach diesem Beschluss aus Lemberg erreicht haben, haben mich nicht nur sehr gefreut, sondern sie haben mich auch sehr berührt. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie das oft abstrakte Tun von uns Haushältern manchmal auch eine schnelle und konkrete Hilfe vor Ort bedeuten kann.
Ich bedanke mich beim BMZ und bei meinen Kolleginnen und Kollegen Mitberichterstattern für die gute und konstruktive Zusammenarbeit.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion hat das Wort Bettina Hagedorn.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548442 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |