Claudia RaffelhüschenFDP - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon vor der Bereinigungssitzung für den Haushalt 2023 gab es noch mal eine beachtliche Aufstockung für die Entwicklungszusammenarbeit aus dem Haushalt 2022: Im Rahmen des Entlastungspakets III wird eine ganze Milliarde Euro für globale Ernährungssicherheit eingesetzt, davon 495 Millionen Euro durch das BMZ. Das Geld fließt in das Welternährungsprogramm und in die Umsetzung des Bündnisses für globale Ernährungssicherheit, das unter der deutschen G‑7-Präsidentschaft mit der Weltbank ins Leben gerufen wurde.
Das ist eine großartige Nachricht, und sie widerlegt all diejenigen Stimmen, die in den letzten Wochen und Monaten behauptet hatten, dass Deutschland zu wenig mache und seiner internationalen Verpflichtung nicht gerecht werde.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist schlicht und ergreifend falsch, und wir sollten uns unser großes Engagement – gerade auch im Vergleich mit den anderen westlichen Ländern – nicht kleinreden lassen.
Eine ganz hervorragende Nachricht war auch die Präsentation des Global Food and Nutrition Security Dashboards. Mit diesem Schlüsselinstrument kann das Bündnis für globale Ernährungssicherheit künftig noch schneller, koordinierter und effektiver auf Ernährungskrisen reagieren. Das Dashboard liefert uns quasi in Echtzeit Daten über die Ernährungssituation in einzelnen Regionen und zeigt auf, was bereits getan wird und was noch zu tun ist.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist technisch und auch politisch ein ganz wichtiger Schritt.
Denn zu tun gibt es weiterhin eine ganze Menge. Daher hat auch der Haushaltsausschuss für 2023 beschlossen, dem BMZ weitere Mittel in Höhe von 962,1 Millionen Euro aus der globalen Krisenvorsorge zur Verfügung zu stellen. Insgesamt liegt der Etat damit rund 1,1 Milliarden Euro über dem Regierungsentwurf und somit bei knapp 12,2 Milliarden Euro. Zusammen mit der erwähnten halben Milliarde Euro aus dem Entlastungspaket III nähern wir uns also einem Entwicklungsetat von 13 Milliarden Euro. Fast kein anderes Land leistet mehr, weder in totalen Zahlen noch in Relation zum Bruttoinlandsprodukt oder Bruttonationaleinkommen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dass diese Haushaltszahlen noch einmal ein ganz anderes Gewicht bekommen, wenn sie in die Realität umgesetzt werden, konnte ich im Oktober auf der Reise nach Polen, Moldau und die Ukraine erleben, die ich als Hauptberichterstatterin leiten durfte. Wir alle, die mit dabei waren, sind immer noch schwer beeindruckt von den zum Teil grausamen Schicksalen, aber auch von dem unglaublichen Kampfgeist und Optimismus, mit dem die Menschen vor Ort diese Herausforderungen annehmen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Egal mit wem wir gesprochen haben: Es gab kein Jammern oder Klagen, sondern es gab nur hochmotivierte Verantwortliche, die perfekt organisiert waren und sehr gut begründete Wünsche für konkrete Unterstützung an uns gerichtet haben.
Es ist daher ein ganz wunderbares Signal, dass wir im Rahmen der Bereinigung jetzt noch einmal helfen konnten:
(Beifall bei der FDP)
Die Stadt Lwiw bzw. Lemberg bekommt 10 Millionen Euro für Notstromaggregate und 12 Millionen Euro für den Ausbau eines Krankenhauses mit Prothesenwerkstatt. Die Pläne liegen schon beim Bürgermeister in der Schublade; es kann quasi sofort losgehen.
Es war für mich ein neues und auch sehr befriedigendes Gefühl, als Haushälterin mit eigenen Augen zu sehen, was gebraucht wird, und es dann so unmittelbar umsetzen zu können. An dieser Stelle daher noch mal mein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten, besonders an Bettina Hagedorn und alle Mitstreiter im BMZ und bei der GIZ, die das gemeinsam ermöglichen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Weniger erfreulich, aber deshalb mindestens genauso wichtig war es, auch einmal vor Ort vergleichen zu können, welche Hilfen wirklich gut sind und welche nur gut gemeint. Nachdem im Sommer der äußerst ernüchternde Bericht des Französischen Instituts für Internationale Beziehungen über die Arbeit einiger NGOs veröffentlicht wurde, hatte ich an uns alle appelliert, hier genauer hinzuschauen. Das haben wir nun getan und müssen dem Institut in Teilen leider recht geben.
Yoga- und Makrameekurse mögen in vielen Situationen und Ländern eine gute Sache sein. Als Hilfsangebot für traumatisierte Ukrainerinnen haben sie ihnen in der Form keinen Dienst geleistet und uns als Haushälter, ehrlich gesagt, fassungslos gemacht.
(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Es bleibt also unabdingbar, dass wir – damit meine ich uns Parlamentarier genauso wie die Regierung – immer wieder überprüfen und hinterfragen, wo unsere Gelder landen,
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Bettina Hagedorn [SPD])
was sich bewährt hat und wo NGOs, auch etablierte, gute NGOs, ihre Angebote präzisieren und auch praxistauglicher machen müssen.
Sehr begrüßenswert ist in diesem Zusammenhang auch der Maßgabebeschluss an das Auswärtige Amt und das BMZ, den Aufbau einer einheitlichen Länderdatenbank weiter zu forcieren.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Bettina Hagedorn [SPD])
Diese Datenbank soll uns Abgeordneten, aber auch anderen Akteuren in Zukunft alle relevanten Informationen über die Aktivitäten des Bundes im Ausland quasi auf Knopfdruck bereitstellen, also in welchem Land und in welcher Region, mit welchen Partnern zu welchen Themen mit wie viel Geld welche Projekte durchgeführt oder gefördert werden.
Ähnlich wie das Dashboard zur Ernährungssicherheit, das ich eben erwähnt hatte, wird dies ein weiterer wirklich wichtiger Schritt sein, um das deutsche Engagement der Entwicklungszusammenarbeit noch besser zu koordinieren, transparenter und effektiver zu machen.
Insofern bin ich zuversichtlich, dass nach den erfolgreichen Haushaltsverhandlungen nun auch weiterhin erfolgreiches Regierungshandeln folgen wird und wir mit den Geldern, die vom Parlament bereitgestellt wurden, eine Menge Hilfe leisten können. Der Dank aus Lwiw und anderen Städten und Regionen ist dafür, denke ich, die schönste Motivation.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Hermann Gröhe hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548447 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |