Silke LaunertCDU/CSU - Arbeit und Soziales
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In wenigen Tagen beginnt die Adventszeit, eine Zeit der Besinnung und der Vorfreude. Gespannt öffnen die Kinder jeden Tag ein Türchen des Adventskalenders, und es gipfelt dann im Weihnachtsfest, heutzutage auch ein Fest der Geschenke.
In diesem Jahr ist aber vieles anders; denn für die meisten wird es wohl deutlich weniger unter dem Weihnachtsbaum geben. Die explodierenden Gas- und Lebensmittelpreise betreffen jeden in allen Bereichen, jeden einzelnen Haushalt, jede Familie, und zwar nicht nur bei den Geschenken, sondern auch bei den ganz existenziellen Sachen: Strom, Gas, Miete, Lebensmittel. Es geht schlicht bei vielen Menschen darum, ob sie frieren und ob sie sich noch gesundes Essen leisten können.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!)
Schaut man sich allerdings den Haushaltsplan unserer Bundesregierung an, könnte man durchaus meinen: Alles ist wie immer, nein, sogar besser. Der Gabentisch ist reich gefüllt, und die Wünsche der Koalitionäre finden da auch ihren Platz. Dabei, so könnte man meinen, ist die frohe Botschaft der Ampel: Dem weihnachtlichen Koalitionsfrieden steht nichts entgegen. Wie gesagt, die Wünsche werden erfüllt bis hin zu den Millionen für das Rettungsschiff des Partners von Frau Katrin Göring-Eckardt.
(Beifall des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])
Dabei ist die Lage, wenn man ehrlich ist, doch eine andere. Wir haben es unter diesem Finanzminister in diesem Jahr geschafft – natürlich verteilt auf mehrere Haushalte; clever gemacht –, fast 550 Milliarden Euro neue Schulden anzuvisieren. Im vorliegenden Bundeshaushalt für nächstes Jahr sind es 45,6 Milliarden Euro Neuverschuldung. Die Schuldenobergrenze wird bis an die Grenze ausgereizt in einer Situation, wo jeder Bürger, jeder Haushalt, jedes Unternehmen gucken muss, sparen muss, umschichten muss, Prioritäten setzen muss.
Es ist nicht so, dass wir dieses Hilfspaket und auch die 200 Milliarden Euro zum Überbrücken in der Sache nicht unterstützen. Wir haben schon frühzeitig – ich glaube, im März und im Juni – im Plenum Anträge für eine Gas- und Strompreisbremse gestellt.
(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Sie wollten doch ein Gasembargo!)
Da haben Sie noch monatelang nichts getan. Aber es ist doch klar: Es ist eine Überbrückung. Wir können auf Dauer nicht einfach nur ganz große Milliardenbeträge in den Raum stellen und glauben, dass das das Problem löst.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist also wichtig: Schwerpunkte setzen statt Gießkanne, verantwortliches langfristiges Planen statt Koalitionsfrieden, Sparen statt Angst vor Auseinandersetzung und – das ist und bleibt entscheidend; man kann es nicht oft genug sagen – nicht nur Symptombehandlung, sondern auch Ursachenbekämpfung. Wir müssen das Energieangebot erhöhen – ideologieoffen. Wir haben keine andere Wahl.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Von einem ernsthaften Bemühen, Prioritäten zu setzen, kann ich jetzt hier bei dem Einzelplan nicht ausgehen, auch beim Gesamtetat nicht. Im Gegenteil: Insgesamt schafft die Ampel in ihrem ersten Jahr über 10 000 zusätzliche Stellen für ihre Ministerien und Behörden. Und ganz ehrlich, dieses Angebot, jetzt 1,5, 1,6 Prozent der Stellen zu streichen, gleicht diese über 10 000 zum Teil teuren Stellen nicht ansatzweise aus. In dieser Zeit, wo jeder sparen muss, über 10 000 zusätzliche Stellen!
In dieser Situation wurde das Bürgergeld hier mehrheitlich beschlossen. Wir alle suchen händeringend Leute, egal wo: Gastro, Handwerk, Verkauf, Pflege. Also, man müsste Anreize setzen und zeigen: Mehr Arbeit lohnt sich. Mehr Menschen in Arbeit, das wäre das Richtige. Was machen wir? Das Bürgergeld. Das Gegenteil wurde hier mehrheitlich beschlossen: Im ersten halben Jahr fast keine Sanktionen, bei einer Familie bis 150 000 Euro Schonvermögen. Das wäre ein völlig falsches Signal.
(Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Zum Glück, sage ich mal, haben die unionsregierten Länder das im Bundesrat gestoppt. Es sind ja auch die Grünen in Regierungen dabei. Offensichtlich ist man da näher an den Menschen und stellt sich die Frage: Wie müssen das die Menschen empfinden, die das alles finanzieren und die auch nicht viel mehr haben, die sich abrackern und die auch Kinder erziehen nebenher und die auch oft am Limit sind und die auch ihre Gesundheit riskieren? Das zu bedenken, ist auch zur Wahrung des gesamtgesellschaftlichen Friedens wichtig. An diese Menschen haben Sie nämlich nicht gedacht. Deshalb ist der Kompromiss jetzt da. Zum Glück kommt natürlich ein inflationsbedingter Ausgleich für die Hartz‑IV-Empfänger; das ist völlig richtig. Aber klar ist auch, dass es beim Grundsatz „Fördern und Fordern“ bleiben muss. Das Schlimmste wurde zum Glück verhindert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wie gesagt, es muss mehr Anreize geben, in Arbeit zu gehen. Die Menschen müssen motiviert werden – wir haben in der Bereinigungssitzung zahlreiche Anträge dazu eingebracht –, zum Beispiel durch attraktivere Arbeitsbedingungen für ältere Beschäftigte, um sie länger im Betrieb zu halten, den Ausbau digitaler Angebote, um die Ausbildungsplätze, gerade für die jungen Leute, besser zu koordinieren und natürlich auch durch ein inklusives Digitalpaket für berufliche Bildung. Auch Menschen mit Handicap sind wertvoll. Sie können super Onlinejobs machen und unseren Arbeitsmarkt bereichern.
(Zuruf der Abg. Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das alles geht. Wir haben gesagt: Wir wollen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit; denn auch da bremsen wir die Leute aus, die mehr leisten wollen.
Darum gibt es das Signal: Wir können aus dieser Krise raus. Wir können unseren Wohlstand auch erhalten. Aber jedem muss klar sein: Das geht nur, wenn wir anpacken, die Ärmel hochkrempeln, bereit sind, mehr zu arbeiten. Wir dürfen den Leuten nicht suggerieren: Ja, ja, wir zahlen schon für euren Nachteil. – Diese Rechnung wird nicht aufgehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Viele Menschen in diesem Land werden ihren Lieben dieses Jahr zu Weihnachten weniger schenken können. Bitte, liebe Vertreter der Ampelkoalition, treffen auch Sie zumindest im nächsten Haushalt – für diesen ist es schon zu spät – die richtige Wahl beim Bestücken des Gabentisches: nicht nur Symptombehandlung, sondern Ursachenbekämpfung, Angebot erhöhen, ideologieoffen. Nichts anderes hilft, und von diesem Geschenk haben die Menschen wirklich länger etwas.
(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren noch nicht mal dabei!)
Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Kathrin Michel.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548466 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |