Ulrike Schielke-ZiesingAfD - Arbeit und Soziales
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Verehrte Bürger! Eins vorweg: Es ist gerade einmal zwei Wochen her, da standen wir hier und debattierten über das sogenannte Bürgergeld. Ich war geradezu entsetzt über diesen Tiefpunkt der Debattenkultur. Solche Beschimpfungen, mit denen Sie die Einwände der Opposition abgebügelt haben, gehören nicht hierhin.
(Beifall bei der AfD)
Aber diese Dünnhäutigkeit zeigte auch: Mit der massiven Kritik, die ja nicht nur von den Verbänden und dem Bundesrechnungshof kam, sondern auch von der Basis Ihrer Parteien, haben Sie nicht gerechnet. Nur so ist die Erleichterung zu erklären, mit der Sie sich gezwungenermaßen von einigen der gröbsten Schnitzer verabschieden dürfen.
Doch das, was übrig bleibt, ist leider kaum besser. Es bleibt dabei: Das Bürgergeld ist kontraproduktiv; es lädt zu Missbrauch ein, und es ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die jeden Morgen aufstehen, um sich ihr Einkommen selbst zu erarbeiten.
(Beifall bei der AfD)
Noch schlimmer: Es erhöht die Gefahr drastisch, dass Menschen in der Langzeitarbeitslosigkeit landen und dort bleiben. Wer das bestreitet, hat lange nicht mehr mit Mitarbeitern in den Jobcentern gesprochen, und das in einer Zeit, in der es kaum etwas Wichtigeres gibt, als so viele Menschen wie möglich in Arbeit zu bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute sprechen wir aber darüber, was das alles kostet und wie das finanziert werden soll. Und siehe da: Wo im Gesetzentwurf für Einzelplan 11 noch 4,8 Milliarden Euro veranschlagt werden, finden sich jetzt nur noch rund 3 Milliarden Euro. Schon die Heizkosten müssen Sie aus dem 60er finanzieren, und das im ersten Jahr der Einführung. Was kommt danach? Schaffen Sie das Bürgergeld dann wieder ab, wenn die Einnahmen wegbrechen, wie das jetzt absehbar ist?
Wir stehen bekanntlich am Anfang einer schweren Rezession und einer Welle von Firmeninsolvenzen. Viele Menschen werden ihre Arbeit verlieren. Die Inflation steigt weiter und damit auch die Kosten für die Lebenshaltung. Wer das nicht mehr stemmen kann, landet bald im Sozialsystem. Das alles muss in Zukunft auch bezahlt werden. Ich frage mich allmählich: Wovon?
Die Ampel regiert nach dem Motto „Pi mal Daumen – nach Kassenlage“ und hofft mit geschlossenen Augen auf das Beste. All das erinnert an die Grundrente. Dort wurde ja auch ein eigentlich richtiges Anliegen, nämlich die Erhöhung der Mittel für sozial Bedürftige, ideologisch überfrachtet und entgegen aller Vernunft ins Gegenteil verkehrt.
(Beifall bei der AfD)
Auch die Grundrente war ein Prestigeobjekt von Herrn Heil. Aber, um Herrn Habeck zu zitieren, es ist ja „nur Geld“. Diese geradezu metaphysische Einstellung erklärt, mit welcher Großzügigkeit mit dem Geld der Steuerzahler umgegangen wird.
Die Ampel hat sich bereits im ersten Jahr ihrer Regierung mit rund 550 Milliarden Euro verschuldet. Nicht genug: Im Schatten daneben türmen sich rund 28 kreativ betitelte Sondervermögen für dies und das in Milliardenhöhe – Schulden, die nicht im Bundeshaushalt auftauchen, die aber zurückgezahlt werden müssen von unseren Kindern und Enkeln –, seit Neuestem auch für die Aktienrente. Grundsätzlich ist es richtig, über eine langfristige Ergänzung der Umlagefinanzierung in der Rentenversicherung nachzudenken. Aber so zu tun, als ob man mit einem Anschub von 10 Milliarden Euro die Rentenversicherung demografiefest machen könnte, ist lächerlich.
Zum Vergleich: Das Volumen der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt schon heute rund 330 Milliarden Euro pro Jahr; ein Drittel davon sind Steuerzuschüsse. Daran gemessen ist die Summe, um die es hier geht, nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein. Für einen nennenswerten Effekt müsste man also einen weit höheren Betrag als feste Ausgabe einplanen, und zwar jährlich – wenn man das Geld denn hätte. Stattdessen muss sogar der Anschub von 10 Milliarden Euro auf Kredit finanziert werden. Herr Lindner zockt also mit der Erwartung, dass die Erträge dieser Kapitalanlagen langfristig die Kosten übersteigen, die er wegen steigender Zinsen dafür zahlen muss. Das ist gefährlich.
(Beifall bei der AfD)
Die Alternative ist dagegen unbequem: Umsteuern und sparen, was das Zeug hält. Sämtliche Ausgaben müssen auf den Prüfstand unter der Vorgabe: Was ist wirklich notwendig und sinnvoll? Was brauchen wir, um die wirtschaftlichen Grundlagen des Landes zu sichern? Wovon müssen wir uns verabschieden?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nichts davon ist zu erkennen, nichts davon ist gewollt. Das ist beängstigend; denn es schadet unserem Land dauerhaft.
(Beifall bei der AfD)
So werden weiterhin Milliarden für ideologischen Unsinn versenkt, während am anderen Ende das Geld fehlt, zum Beispiel für die angemessene Ausstattung des Härtefallfonds. Das betrifft Hunderttausende Ostrentner, die vielfach in Armut leben, weil ihnen bekanntlich durch Verfahrensfehler bei der Überleitung ins westdeutsche Rentenrecht ein Teil ihrer Rente genommen wurde.
Die angedachte Lösung bleibt finanziell weit hinter den berechtigten Erwartungen zurück. Sogar Ihr SPD-Kollege Dulig bezeichnete sie als – Zitat – „politischen Kompromiss auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner“. Das ist zu wenig, das hilft nicht, und das ist den Menschen, die so lange auf Unterstützung warten, nicht angemessen. Deshalb appelliere ich an Sie: Vergrößern Sie diesen gemeinsamen Nenner! Tun Sie, was richtig ist! Für andere Dinge ist ja anscheinend auch Geld da.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Markus Kurth.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548468 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |