Peter AumerCDU/CSU - Arbeit und Soziales
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, der Haushalt, Herr Minister, ist auch geeignet, über Prinzipien zu diskutieren – über Prinzipien, die unser Land in den letzten 70 Jahren getragen haben: der Sozialstaat und die soziale Marktwirtschaft. Sie in der Ampelkoalition sehen leider das „und“ dazwischen relativ starr und vergessen, dass wir Sozialstaat und soziale Marktwirtschaft gemeinsam sehen müssen.
Ich teile Ihre Einschätzung, dass Schutz und Chance in Verbindung gesehen werden, Herr Minister. Aber leider haben Sie und die Redner Ihrer Ampelkoalition heute auch Prinzipien hintanstehen lassen. Wenn man die Reden von Ihnen, lieber Herr Audretsch, Herr Kurth, anhört, dann, glaube ich, merkt man sehr deutlich, dass es hier nicht um die Sache geht,
(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
sondern darum, dass Sie gemerkt haben, dass die Mehrheit der Menschen in diesem Land nicht so denken wie Sie. Nicht wir haben vergessen, die Lebensleistung der Menschen zu schätzen, sondern Sie haben in Ihrem Regierungshandeln die Mehrheit der Menschen nicht hinter sich; und das ist in Ihren Reden sehr deutlich geworden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Beim Bürgergeld, um das noch mal aufzugreifen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es der Ampel vor allem darum gegangen, ein Trauma zu bewältigen – Hartz IV muss weg –
(Zuruf der Abg. Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
und den Einstieg in ein bedingungsloses Grundeinkommen zu schaffen, und bei der FDP war Totalausfall.
(Zuruf des Abg. Stephan Stracke [CDU/CSU])
Die Anrechnungen sind, denke ich, relativ gut, aber beim Rest haben Sie einfach mitgemacht, ohne zu schauen, welche Auswirkungen das für die Wirtschaft in unserem Land hat.
(Pascal Kober [FDP]: Das ist eine ganz schwache Rede!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade in der Zeit, in der wir leben, müssen wir stärker auf die Verbindung von Sozialstaat und sozialer Marktwirtschaft schauen. Wir müssen die drohende Rezession, die steigende Inflation, den Arbeits- und Fachkräftemangel in den Blick nehmen, aber auch die Situation der Sozialsysteme in unserem Land.
Ich möchte drei Beispiele aus dem Haushalt nennen.
Erstens. Herr Heil, Sie haben vorher so getan, als sei das Bürgergeld die Lösung für alles. Ich glaube, wenn man den Haushalt anschaut, dann wird deutlich, dass das nicht so ist. Herr Kurth, Sie haben gesagt, Sie würden gerne über viele Themen reden. Genau die Themen, über die Sie reden wollten, führe ich an. Sie kürzen im Haushalt den Titel zur Eingliederung in Arbeit beträchtlich und sagen dann: Uns geht es beim Bürgergeld darum, dass man die Menschen schneller in Arbeit bekommt, dass man sie ausbildet.
(Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)
Wir als Große Koalition haben Menschen, die Förderung brauchen, die Möglichkeit gegeben, sich über den sozialen Arbeitsmarkt langfristig zu integrieren.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie kürzen diesen Titel, und das, denke ich, ist fast schon schädlich; das zeigte auch die Debatte vorher.
(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es! Jawohl! – Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Kollege Aumer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, danke. Wir können dann später diskutieren. Jetzt bringt es, glaube ich, relativ wenig.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Er hat schon gesprochen!)
Sie haben in Ihrer Rede die Zeit gehabt und sie nicht genutzt, haben nur auf uns geschimpft. Dann müssen Sie sich das auch anhören.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es! Genau so!)
Zweitens. Die Haushaltstitel zur beruflichen Integration und Beratung von Zuwanderern und die berufsbezogene Deutschsprachförderung werden gekürzt. Meine sehr geehrten Damen und Herren der Ampel, bei 600 000 ukrainischen Flüchtlingen, die in das Grundsicherungssystem kommen, ist auch das verantwortungslos. Ich glaube, Sie widersprechen Ihrer Politik da deutlich.
Ein letztes Beispiel. Die Aktienrente – hochgelobt von der FDP – ist in diesem Haushalt wieder nicht zu finden. Es ist ja mittlerweile angekündigt, dass Sie sie über Kredite finanzieren wollen. Wenn man dann liest, dass die Rente enkelfit werden soll, dann zeigt das ein bisschen den Widerspruch zu Ihrer Arbeit. In der FDP-Pressemeldung zur Aktienrente steht, dass das die vielleicht größte Rentenreform seit Bismarck sein soll.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sicher nicht!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hätte Bismarck gearbeitet wie Sie, dann stünde der Sozialstaat nicht auf so starken Säulen, wie er das heute tut.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nicht zuletzt hat die Rednerin der FDP, Frau Raffelhüschen – –
(Zuruf des Abg. Dr. Christoph Hoffmann [FDP])
– Nein, das hat nichts mit Anstand zu tun, sondern mit Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Dr. Christoph Hoffmann [FDP]: Maßstab!)
Denn Sie haben die Kürzungen beim Transformationsprojekt „Arbeitswelt im Wandel“ groß herausgestellt; Sie haben da über 10 Millionen Euro gestrichen. In einer Zeit, in der unsere Wirtschaft vor einer großen Transformation steht, zeigt das, glaube ich, dass Ihnen, der FDP, Zukunftsprojekte weniger wichtig sind als der Titel Ihrer Koalition. Fortschrittskoalition zu sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, reicht nicht aus, wenn man unserem Land keine Zukunft gibt.
(Pascal Kober [FDP]: Wir warten vor allem auf Ihre oppositionellen Fortschritte! – Gegenruf der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Ich glaube, da müssen wir lange warten!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für uns ist das Motto „Fördern und Fordern“ ein ganz wesentlicher Punkt. Ich habe die letzten Wochen sehr intensiv überlegt, warum man da so streiten kann; denn eigentlich ist dieses Prinzip der Inbegriff dessen, was Deutschland in den letzten Jahrzehnten stark gemacht hat. „ Fördern und Fordern“ bedeutet die Verbindung von Sozialstaat und sozialer Marktwirtschaft. Wir als Union haben in den letzten Jahren und auch in den letzten Wochen ganz intensiv Wert darauf gelegt, und wir haben unseren Beitrag dazu geleistet, dass dieser Maßstab immer im Fokus geblieben ist.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, hat der Kollege Markus Kurth aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort zu einer Kurzintervention.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548478 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |