Helge BraunCDU/CSU - Gesundheit
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten den Einzelplan des Bundesministeriums für Gesundheit. Der größte Posten ist traditionell der Zuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung. Die gesetzliche Krankenversicherung erhält im kommenden Jahr neben dem Standardzuschuss weitere 2 Milliarden Euro. Darüber hinaus wird es trotzdem erforderlich sein, dass der durchschnittliche Krankenversicherungsbeitrag zum kommenden Jahr um 0,3 Prozent steigt. Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger – wir reden in diesen Tagen in diesem Haus eigentlich sehr viel darüber, dass die Bürgerinnen und Bürger entlastet werden müssen – werden nicht mehr, sondern weniger Netto vom Brutto haben. Das macht zum Ersten deutlich, dass die GKV-Finanzstabilisierung, die im Gesetz des Bundesministers vorgesehen ist, nur einen marginalen Teil beiträgt. Der Bundeshaushalt muss mehr leisten, und die Bürgerinnen und Bürger müssen mehr leisten. Die GKV- Finanzstabilisierung bleibt weit hinter dem zurück, was eigentlich erforderlich ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Große Sorgen haben in diesen Tagen die Krankenhäuser. Der Bundesgesundheitsminister hat selber in seiner letzten Rede hier darauf hingewiesen, dass bereits 40 Prozent unserer Krankenhäuser Liquiditätsprobleme haben. Deshalb wurde von der Ministerpräsidentenkonferenz auch angekündigt, dass es einen Härtefallfonds geben soll mit 6 Milliarden Euro im kommenden Jahr und 2 Milliarden im Jahr 2024, der den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen bei den Energiepreisen hilft. Bis heute liegt uns nichts vor.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Ja, die Ankünderitis hat mal wieder zugeschlagen!)
Krankenhäuser denken darüber nach, ob sie jetzt Insolvenz anmelden müssen, ob sie in Erwartung dieser Hilfe, von der weder klar ist, für welchen Zeitraum sie gewährt wird, noch, in welcher Höhe sie gewährt wird, weitermachen können oder ob sie sich der Insolvenzverschleppung schuldig machen. Deshalb ist es allerhöchste Zeit, dass die Ampel ihren Streit über die Frage, ob das Wirtschaftsministerium oder das Gesundheitsministerium das Ganze administriert, beilegt und stattdessen den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in Deutschland Gewissheit gibt, in welcher Höhe sie von diesem Fonds profitieren können. Denn nach den Belastungen der letzten Jahre haben die Krankenhäuser Planungssicherheit verdient und keine fortgesetzte Untätigkeit wegen des Streits in der Ampel.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Haushaltsentwurf, den die Bundesregierung vorgelegt hat, sagt sie sehr klar: „Für uns ist Corona erledigt“; denn sie hat an vielen Stellen keine Kosten mehr vorgesehen. Wir haben, wie wir heute im Haushaltsausschuss gesehen haben, die Situation, dass im nächsten Jahr wegen der Coronavirus-Testverordnung selbstverständlich weitere Ausgaben erforderlich sind. Deshalb ist der Sparstrumpf, nämlich die globale Mehrausgabe, die der Finanzminister eigentlich für Unsicherheiten im nächsten Jahr vorhalten wollte, für das Testen im nächsten Jahr schon in Höhe von 1,2 Milliarden Euro angeknabbert. Das heißt, auch hier ist nicht ausreichend Vorsorge getroffen worden. Was mich, ehrlich gesagt, aber am meisten mit Sorge erfüllt, ist – darauf habe ich in vielen Gesprächen hingewiesen –, dass im Haushalt für das nächste Jahr 3 Milliarden Euro für den Ankauf von Coronaimpfstoff vorgesehen sind. Das ist die Folge aus Verträgen, die die Europäische Kommission abgeschlossen hat. Wenn man das umrechnet, sind das ungefähr 150 Millionen Impfstoffdosen im nächsten Jahr. Wir könnten nächstes Jahr damit also 90 Prozent der Bevölkerung zweimal durchimpfen. An diese Verträge sind wir gebunden, und diese Verträge zu Beginn der Pandemie zu schließen – damit mich da keiner falsch versteht –, war richtig. Aber jetzt ist es notwendig, dass die Bundesregierung auf die Europäische Kommission und die Hersteller zugeht und eine deutliche Flexibilisierung dieser Verträge erreicht; denn wenn wir in dieser Größenordnung im nächsten Jahr Impfstoffe kaufen, dann ist bereits jetzt absehbar, dass wir mit großer Wahrscheinlichkeit das Allermeiste davon vernichten müssen. Das wäre nicht nur eine finanzpolitische Katastrophe, sondern auch unethisch im Hinblick auf die Ressourcen, die da eingesetzt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Tino Sorge [CDU/CSU]: Das wäre Geldverschwendung!)
Was ich ausdrücklich begrüße, ist die Tatsache, dass die Ampelkoalition diesen Haushalt an einigen Stellen deutlich verbessert; vieles davon haben wir in Anträgen deutlich gemacht. Was ich zum Beispiel nicht verstanden habe, ist, dass die Regierung angesichts der Tatsache, dass sie sich auf den Weg macht, Haschisch zu legalisieren, im Bereich der Drogenprävention eine deutliche Absenkung des Titels vorgesehen hat. Da hatten wir uns mehr vorgestellt. Es ist richtig, dass die Koalition an dieser Stelle reagiert hat und wir über eine Veränderung des Haushalts im Parlament jetzt wieder mehr Geld für die Prävention im Drogenbereich ausgeben.
Etwas, was mich nach wie vor sehr beschwert, ist, dass das Thema globale Gesundheit, eines der größten und wichtigsten Themen, die wir international haben, gerade jetzt im Ausgang der Pandemie unter Druck ist. Donald Trump mit seinem Versuch des Ausstiegs aus der WHO hat die internationale Gesundheit unter Druck gesetzt. Auch Boris Johnson war ein Regierungschef, der die Ausgaben in diesem Bereich zurückgefahren hat. Dass jetzt diese Bundesregierung einen Entwurf vorlegt, mit dem die Ausgaben für die internationale Gesundheit um 70 Prozent abgesenkt werden sollen, ist ein fatales Signal in die öffentliche Community. Das ist falsch.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Hier sitzen viele, die wie ich Mitglied im Unterausschuss Globale Gesundheit sind. Ich sage Ihnen: So etwas dürfen wir eigentlich nicht tun.
Ich bin froh und sage Danke dafür, dass die Koalition zumindest bei UNAIDS und beim Global Health Hub kleine Korrekturen vorgenommen hat. Was ich aber gar nicht verstehe, ist, dass die Ampelkoalition bei unserem Flaggschiff, dem World Health Summit, bei dem sie im letzten Haushalt noch gesagt hat: „Da stocken wir auf“, jetzt die Kürzung durch den Bundesgesundheitsminister –
Kommen Sie bitte zum Schluss.
– eins zu eins hingenommen hat. Das ist falsch. Globale Gesundheit ist ein zentrales Zukunftsthema; da tragen wir international Verantwortung.
Deshalb können wir diesem Einzelplan in der Summe so leider nicht zustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Svenja Stadler, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548489 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |