Esther DilcherSPD - Justiz und Bundesverfassungsgericht
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Buschmann! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf den Tribünen! Sehr geehrter Vertreter auf der Bundesratsbank! Im Justizhaushalt, also im Einzelplan 07, haben wir – das ist schon mehrfach gesagt worden – Gesamtausgaben von 953 Millionen Euro eingestellt, Einnahmen von rund 640 Millionen Euro.
Frau Hoppermann, ich gebe Ihnen recht: Es kann eigentlich immer wieder nur darauf hingewiesen werden, wie klein der Haushalt ist, und auch darauf, wie sich die Ausgaben für Personal darstellen, nämlich mit 65 Prozent. Viele Mittel sind also gebunden, aber es gibt mit 67 Prozent auch eine hohe Deckungsquote. Ich finde, man kann es nicht oft genug sagen, damit es irgendwann auch mal ankommt. Deswegen ist es logisch, dass es da nur sehr wenig Spielraum für Projekte, Förderprogramme oder zusätzliche neue Aufgaben gibt im Gegensatz zu anderen Haushaltsplänen, wo doch wesentlich mehr Geld zur Verfügung steht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Was uns in der Großen Koalition leider nicht gelungen ist, haben wir jetzt aber umsetzen können. Es ist nur ein kleiner Betrag, aber trotzdem eine Anerkennung: 75 000 Euro für die Initiative „European Lawyers in Lesvos“, die vom Deutschen Anwaltsverein unterstützt wird. Die Kollegen und Kolleginnen werden dazu noch mehr ausführen. Herzliche Grüße an Frau Dr. Kindermann. Steter Tropfen höhlt den Stein. Es hat sich gelohnt, das Geld wird jetzt endlich bereitgestellt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Thorsten Lieb [FDP])
500 000 Euro, auch ein kleiner Betrag, gehen an die Deutsche Stiftung für Internationale Rechtliche Zusammenarbeit. Damit sollen EU-Beitrittskandidaten auf ihrem Weg in die EU unterstützt werden – auch das ist ein sinnvolles Projekt, zu dem meine Kollegen und Kolleginnen noch ausführen werden.
Aufgrund der Haushaltslage konnten natürlich nicht alle Projekte in dem Umfang unterstützt werden, wie es wünschenswert gewesen wäre. Herr Dr. Espendiller, ich möchte da gerade zur Stiftung Forum Recht noch weiter ausführen, allerdings vielleicht etwas anders, als Sie es angekündigt haben.
(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja erfreulich!)
Diese Stiftung des Parlaments soll langfristig weiter aufwachsen. Das ist uns allen – nur vielleicht nicht Ihnen; siehe Ihr Antrag, die Stiftung aufzulösen – ein wichtiges Anliegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Thorsten Lieb [FDP])
Aber – so ehrlich muss man sein –: Selbst wenn man Geld bereitstellt – und zu den 3,5 Millionen Euro stehen wir –, gibt es durchaus die ein oder andere Kritik, bis so was ins Laufen kommt. Ich denke – ich sehe mal Renate Künast an –, das werden wir sehr konstruktiv begleiten.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind da nicht derselben Meinung! Sorry! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
– Ja, wir werden das trotzdem konstruktiv begleiten.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Da kann ich vermitteln!)
Und dass die Stiftung aufwachsen soll, darüber sind wir uns schon einig.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das Direktorium hat am 5. Oktober das Kuratorium – ich glaube, Herr Seitz, Sie waren auch da – über den Stiftungshaushalt in Höhe von 5,2 Millionen Euro beschließen lassen, obwohl im Regierungsentwurf ein Betrag von 3,5 Millionen Euro für die Stiftung eingestellt war. Das kann man noch als Hoffnung auf positive Veränderungen in der Bereinigungssitzung einordnen. Das Kuratorium wurde aber zu diesem Zeitpunkt nicht einmal davon in Kenntnis gesetzt, dass der Bundesrechnungshof eine umfangreiche Prüfungsmitteilung an die Stiftung übersandt hatte, und diese Mitteilung wurde auch auf Nachfrage der Kuratoriumsmitglieder nicht zur Verfügung gestellt. Unter anderem aus diesem Grund haben wir im Stiftungshaushalt einen Betrag von zunächst 200 000 Euro gesperrt, bis zumindest nach der Stellungnahme des Direktoriums an den Bundesrechnungshof dessen abschließender Bericht dem Haushaltsausschuss vorgelegt wird.
Ich will weiter darauf hinweisen: Wir haben diese Stiftung als Parlament auf den Weg gebracht aufgrund der Initiative und eines enormen ehrenamtlichen Engagements der Zivilgesellschaft in Karlsruhe. Und ich stehe dazu. Wir wollen sie auch weiterhin aktiv begleiten. Ansonsten könnten wir ja dem Antrag der AfD stattgeben, und das wollen wir ja nicht. Ich gehe davon aus, dass wir hier alle an einem Strang ziehen, um dieses Leuchtturmprojekt als sicheren und vertrauensvollen Wegweiser in unserem Rechtsstaat zu etablieren. Ich gehe aber auch davon aus, dass eine Stiftung, die vom Parlament gegründet wird, dann auch das Parlament an allen Stellen entsprechend einbindet. Fragen Sie Ihre Kollegin Elisabeth Winkelmeier-Becker! Sie war auch nicht ganz begeistert, als wir über diese Leitbilddiskussion im Kuratorium einfach nur abstimmen sollten und gar nicht eingebunden waren.
(Elisabeth Winkelmeier-Becker [CDU/CSU]: Kann ich bestätigen!)
Deswegen müssen wir uns zusammenraufen, um das wirklich gut auf den Weg zu bringen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Thorsten Lieb [FDP])
Wir haben diese Woche bereits mehrfach darüber gesprochen, ob und in welchem Umfang und auf welcher Grundlage wir als Bund verpflichtet sein könnten, die Länder bei der Erfüllung ihrer ureigenen Aufgaben zu unterstützen. Inhaltlich geht es bei diesen Mischfinanzierungstatbeständen im Einzelplan 07 um den Pakt für den Rechtsstaat, der in der letzten Legislatur geschmiedet wurde. Ein gut funktionierender Rechtsstaat ist wichtig für einen guten gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dafür ist ausreichend Personal eine wichtige Grundvoraussetzung. Ich glaube, darüber gibt es überhaupt keinen Streit. Mit dem Pakt sollten 2 000 Stellen in der Justiz neu geschaffen werden, wohlgemerkt Personal in der Länderjustiz. Pakt für den Rechtsstaat, das hört sich erst einmal sehr modern und zukunftsorientiert an. Gemäß Artikel 30 unseres Grundgesetzes ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Für den Bereich „Personal in der Länderjustiz“ findet sich aber keine andere Regelung im Grundgesetz. In der letzten Legislatur wurde den Ländern dann aber nicht über den Bundesjustizhaushalt, sondern über die Umsatzsteuerverteilung das Geld für dieses Personal zur Verfügung gestellt. Im Bundeshaushalt des Justizministeriums ist eben verfassungsrechtlich kein Raum, um diesen Personalaufwuchs in den Ländern zu finanzieren.
(Beifall des Abg. Otto Fricke [FDP])
Zur Umsetzung des Koalitionsvertrages finden wir nach der Bereinigungssitzung nun einen Betrag von 50 Millionen Euro – der Kollege Lieb hat dazu schon ausgeführt – für 2023 sowie Verpflichtungsermächtigungen für die laufenden Jahre zur Digitalisierung der Justiz, und zwar im Rahmen des Pakts für den digitalen Rechtsstaat. Jetzt kann man darüber streiten: Was ist eine Erweiterung des Pakts für den Rechtsstaat? Erfordert sie, dass zwei Pakte nebeneinander bestehen bleiben, oder kann man sie auch gut zusammenführen? Ich finde die Ausführungen vom Kollegen Lieb dazu sehr überzeugend, dass ein Rechtsstaat ohne Digitalisierung in der heutigen Gesellschaft nicht mehr denkbar ist,
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Man kann das nicht schönreden!)
dass sie also Grundvoraussetzung ist. Dieses Angebot der Unterstützung bei der Digitalisierung finde ich auch sehr gut.
Im Rahmen von Projekten können Ländervorhaben gefördert werden, wenn die entwickelten Anwendungen später von der gesamten Justiz genutzt werden können. Dazu hatte vorhin jemand gerufen – ich glaube, Sie waren es, Frau Hoppermann –: Na ja, da werden nur Projekte des Ministers auf Bundesebene gefördert. – Nein, das ist nicht so. Das Eckpunktepapier besteht aus vier Säulen. Die zweite Säule beinhaltet gemeinsame Vorhaben von Bund und Ländern.
(Franziska Hoppermann [CDU/CSU]: Das sind aber ganz neue Projekte vom Bundesjustizminister!)
Da wird davon ausgegangen, dass 80 Prozent der Mittel abfließen. Wir sind mal gespannt, wie das umgesetzt wird; wir als Parlamentarier und Berichterstatter haben da ja auch den Finger drauf.
Ich möchte dann noch mal zu der berüchtigten Bereinigungssitzung kommen, in der uns Frau Gallina morgens um halb drei erzählt hat, welche Forderungen die Justizminister in der Justizministerkonferenz gestellt haben und wie wichtig es sei, dass weiterhin 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden.
(Otto Fricke [FDP]: Sie wollte viel mehr haben!)
Wenn ich mir die Gesprächskultur ansehe, die da in der Bereinigungssitzung geherrscht hat, dann kann ich mir ansatzweise vorstellen – obwohl ich nicht dabei war –, wie eine Justizministerkonferenz abläuft, wenn 16 Justizminister der Länder anwesend sind und Forderungen stellen, und der Justizminister sagt: Ja, das ist eigentlich so nicht möglich. Lasst uns das doch zusammen auf den Weg bringen. – Es sind gute Projekte, die vorgelegt werden sollen. Wir als Parlament werden die Hand drauf haben. Deswegen haben wir die Sitzung unterbrochen und die 50 Millionen Euro gesperrt. Wir werden also ein wachsames Auge darauf haben, dass das Geld auch bei den Ländern ankommt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat die Kollegin Susanne Hennig-Wellsow für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548561 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Justiz und Bundesverfassungsgericht |