24.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 70 / Einzelplan 07

Elisabeth Winkelmeier-BeckerCDU/CSU - Justiz und Bundesverfassungsgericht

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es jetzt in dieser Debatte oft gehört: Der Justizhaushalt ist der kleinste Haushalt, roundabout 1 Milliarde Euro. Aber das spiegelt nicht wider, welche Bedeutung die Justiz hat, auch nicht, wie hoch die Kosten sind, die die Justiz verursacht und die getragen werden müssen. Die Bundesländer tragen hier den Löwenanteil von etwa 15 Milliarden Euro. Die genannten Summen zusammen sind dann doch mit anderen Bundeshaushalten vergleichbar, die in Bereichen angesiedelt sind, welche hauptsächlich vom Bund finanziert werden und in denen mehr Geld ausgegeben wird als im Bereich der Justiz. Wir haben schwerpunktmäßig einen Verwaltungshaushalt.

Recht und Justiz, das ist gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern. Deshalb ist der Pakt für den Rechtsstaat mit dem Digitalpakt für die Justiz so wichtig; er ist hier heute auch schon angesprochen worden. Sie haben versprochen, ihn fortzusetzen und vor allem auch um die Digitalkomponente zu erweitern. Das muss gelingen. Die E‑Akte ist angesprochen worden. Auf die Digitalisierung von Verzeichnissen warten viele Praktiker. All das muss gelingen. Ein Scheitern wäre für uns alle schlimm. Es ist sicherlich ein Unterschied, ob man ein einzelnes Patentgericht digitalisiert – das kann man schaffen – oder aber Hunderte von Gerichten im ganzen Land digitalisieren muss. Da ist der Finanzaufwand nicht vergleichbar. Wir sind da noch lange nicht fertig. Hierbei brauchen die Länder mehr Unterstützung.

Sie, Herr Justizminister, haben in diesen Tagen Gesetzentwürfe zur Digitalisierung oder zur Aufzeichnung der Verhandlungen in Zivil- und Strafprozessen vorgelegt. Wir werden uns sicherlich noch im Detail anschauen müssen, ob da die grundlegenden Verfahrensgrundsätze, die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten gewahrt sind, ob die Aufteilung zwischen den Instanzen weiterhin gewahrt ist. Aber das Ganze wird ja nur funktionieren, wenn die Ausstattung der Gerichte landesweit entsprechend ist. Deshalb ist mein Appell hier, die Länder noch einmal deutlich zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind hier oft im Austausch vor allem mit Richtern, Rechtsanwälten und Notaren, wenn wir ehrlich sind; aber die Umsetzung der Digitalisierung braucht auch die Mitwirkung der anderen Justizberufe. Deshalb möchte ich sie hier heute explizit erwähnen: Von den Gerichtsvollziehern über die Rechtspfleger, die Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, die Justizsekretäre bis hin zu den Notarassistenten – sie alle tragen einen ganz existenziellen Beitrag zum Funktionieren unserer Justiz bei. Dafür will ich heute einmal explizit Danke sagen. Ich will aber nicht beim Dank stehen bleiben, sondern Anliegen, die mir von dieser Seite angetragen worden sind, auch weitergeben. Es gibt Anlass, sich noch einmal anzuschauen, ob die Zuständigkeiten und Kompetenzen richtig verteilt oder ob da noch ungehobene Ressourcen sind. Ein starker Wunsch, der dort immer wieder formuliert wird, ist, bei der Ausbildung mehr zu tun, sie zu einem Fachhochschulstudium zu machen. Ich finde, wir sollten schauen, wie wir auch das ermöglichen können.

Meine lieben Kollegen, wir haben Verantwortung für den Rechtsstaat und auch für die Durchsetzung des Rechtsstaats. Hier kommt mir die Innenministerin gerade recht; denn ich will Sie loben

(Nancy Faeser, Bundesministerin: Oh, danke!)

und Ihnen dafür danken, dass Sie den Kampf gegen Cyberkriminalität so ernst nehmen. Es gibt – das geht aus den jährlichen Berichten des Bundeskriminalamts hervor – einen krassen Aufwuchs von Cyberkriminalität in all ihren Facetten. Es werden Unternehmen, kritische Infrastruktur gehackt; es wird erpresst. Bürger sind Opfer von Identitätsdiebstahl, Hetze und Beleidigungen; das wurde schon erwähnt. Es gibt organisierte Kriminalität bis hin zu feindlichen Attacken. Und wir tun im Kampf gegen Kindesmissbrauch und Missbrauchsdarstellungen im Internet nicht alles, was wir tun könnten, wenn wir auf naheliegende Ermittlungsansätze wie retrograde – sprich: gespeicherte – IP‑Adressen verzichten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir fordern die Speicherung natürlich nur in dem Umfang, den das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof erlaubt haben.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: So ist es!)

Da muss ich wirklich sagen, dass Ihr Vergleich mit chinesischer Überwachungspolitik, Herr Minister,

(Konstantin Kuhle [FDP]: Sehr, sehr guter Vergleich!)

wirklich komplett daneben und absurd ist. Wie können Sie das vergleichen: chinesische totale Inhaltskontrolle, personenbezogen, versus die Zuordnung von Zahlenkolonnen,

(Stephan Brandner [AfD]: Damit kennt er sich ja aus, der Minister!)

mit denen für sich genommen keiner etwas anfangen kann? Wie können Sie die dezentrale Speicherung von Daten, die einfach für eine Weile da bleiben, wo sie entstehen, dezentral bei den Providern, mit einer chinesischen Zusammenfassung aller Daten vergleichen?

Kollegin.

Wie können Sie das vergleichen, wenn hier der Zugriff auf diese Daten immer vom Richtervorbehalt abhängig ist? Was halten Sie eigentlich von Ihren Ermittlern, was halten Sie von den Richtern und ihrer Bindung an Gesetz und Ordnung, wenn Sie das vergleichen? Das frage ich mich wirklich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mir bleibt nicht mehr die Zeit –

Kollegin Winkelmeier-Becker, das geht jetzt nicht. Sie müssen den Punkt setzen.

– für das Lob, das ich noch aussprechen wollte.

Ich danke Ihnen für das Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Luiza Licina-Bode das Wort.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548573
Wahlperiode 20
Sitzung 70
Tagesordnungspunkt Justiz und Bundesverfassungsgericht
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