24.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 70 / Einzelplan 06

Andrea LindholzCDU/CSU - Inneres und Heimat, Datenschutzbeauftragter

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt für das Jahr 2023 ist auch eine Bilanz für das erste Amtsjahr der Bundesinnenministerin. Sie, Frau Faeser, haben vieles angekündigt, aber weniges ist in dieser Zeit passiert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Sommer dieses Jahres kündigten Sie zum Beispiel einen „Neustart im Bevölkerungsschutz“ an. In diesem Haushalt ist davon allerdings nichts zu sehen. Die Vorgängerregierung hatte als Reaktion auf die Coronapandemie ab dem Jahr 2020 eine halbe Milliarde Euro zusätzlich in das THW und Hunderte Millionen Euro in das BBK investiert.

Im März 2021 hatten wir die Neuausrichtung des BBK, das neue Kompetenzzentrum von Bund und Ländern, ein Sirenenprogramm, die Warnung per SMS, den sogenannten Cell Broadcast, und vieles mehr auf den Weg gebracht.

(Widerspruch des Abg. Manuel Höferlin [FDP])

Das war der „Neustart im Bevölkerungsschutz“, den Sie, die Ampel, mit diesem Haushalt jetzt abwürgen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Unter dem Strich sinken die Ausgaben für das THW und das BBK im kommenden Jahr um 190 Millionen Euro. Die Kürzungen wären sogar noch größer gewesen, wenn der Haushaltsausschuss nicht mit einigen guten Beschlüssen – dafür bin ich sehr dankbar – gegengesteuert hätte. Aber in die zivile Verteidigung, liebe Kolleginnen und Kollegen, investieren Sie keinen einzigen Cent – und das, obwohl Krieg in Europa herrscht. Das ist alles andere als ein Neustart. Das ist eine haushaltspolitische Vollbremsung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Angesichts von Corona, Flut und Krieg muss hier viel mehr passieren. Die Sicherheitslage hat sich seit 2019 fundamental verändert. Es reicht deshalb auch nicht, auf den Haushalt von 2019 zu verweisen. Fakt ist, dass der Bundeshaushalt des Innenministeriums sich im Vergleich zum Vorjahr um 1,8 Milliarden Euro reduziert und dass das in dieser Situation nicht akzeptabel ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Union hat mehr als 400 Millionen Euro zusätzlich für den Zivil- und Katastrophenschutz beantragt, weil es zum Beispiel wesentlich mehr Vorsorge für Stromausfälle braucht; das haben wir von BBK-Präsident Tiesler erst in diesen Tagen gehört. Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich lassen und müssen sich solche Mittel aus dem regulären Haushalt finanzieren. Man muss die richtigen Prioritäten setzen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Thorsten Lieb [FDP]: Machen wir!)

Die Bundesinnenministerin hat eine neue europäische Flüchtlingspolitik angekündigt. Die irreguläre Migration nach Deutschland steigt massiv an. Wir haben in diesem Bereich in diesem Jahr schon 160 000 Asylbewerber zusätzlich zu den rund 1,1 Millionen schutzbedürftigen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Die Tendenzen bei der irregulären Migration sind stark steigend. Wir befinden uns also in einer massiven Migrationskrise. Und Sie, liebe Frau Innenministerin, brauchen Wochen, um beispielsweise auf die illegale Migration aus der Schweiz, aus Tschechien oder auf die Visapolitik Serbiens zu reagieren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])

Die Kommunen und Länder sind längst am Limit. Wir konnten das gestern lesen. Es hat sich zum einen die Justizministerin Baden-Württembergs, Frau Gentges, an Sie gewandt, und zum anderen hat der Vizepräsident des Städtetages gestern geäußert: „Wir werden das aus eigener Kraft nicht schaffen.“ An dem sogenannten Flüchtlingsgipfel im Oktober, den ich nur „Flüchtlingsgipfelchen“ nenne, hat man unter anderem als Lösung weitere 56 Bundesimmobilien mit Platz für 4 000 Personen zur Verfügung gestellt. Das ist gut, aber das reicht nicht; denn allein im Oktober hatten wir 24 000 Asylanträge. Bereits wenige Tage nach dem Treffen mit den Ländern, die um Entlastung gebeten haben, wurde das neue Aufnahmeprogramm der Ampel für Afghanistan den Ländern vorgestellt. Sie wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich frage mich allen Ernstes: Welche Ignoranz besitzen Sie eigentlich gegenüber denjenigen, die das alles vor Ort stemmen müssen?

(Beifall bei der CDU/CSU – Jamila Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und welche Ignoranz haben Sie gegenüber Afghanen?)

Angesichts des Krieges in der Ukraine ist es gut, dass die Hilfsbereitschaft in unserem Land anhaltend hoch ist. Aber auch hier müssen wir mehr tun. Es ist möglich, dass noch mehr Menschen aus der Ukraine fliehen, weil sie im Winter ohne Strom, ohne Wärme und ohne Wasser auskommen müssen. Deutschland hat zehnmal so viele Flüchtlinge aufgenommen aus diesem Bereich wie Frankreich. Es muss mehr getan werden. Wir brauchen ein europäisches Verteilungssystem. Ihre Aktivitäten an dieser Stelle sind gleich null. Es gibt bis dato kein Verteilungssystem. Die Vorbereitungen in Deutschland werden nicht ausreichen; das zeigen uns auch die Stellungnahmen der Länder.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bezeichnend ist an dieser Stelle im Übrigen, dass der Bundeskanzler gestern in seiner Rede die größte Migrationskrise seit Bestehen der Republik mit keinem Wort erwähnt hat.

(Zuruf des Abg. Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD])

Ich will nur eines sagen: Man kann versuchen, Dinge totzuschweigen oder nicht zu nennen. Aber es wird am Ende nicht funktionieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben gleich zu Beginn im letzten Jahr einen Plan und Kampf gegen Rechtsextremismus angekündigt. Auf die Umsetzung des Aktionsplans warten wir noch heute. Es ist gut, dass unsere Maßnahmen aus der letzten Legislaturperiode offensichtlich wirken; denn aktuelle Studien aus Leipzig zeigen, dass harte rechtsextreme Einstellungen schon seit einiger Zeit abnehmen. Ich würde mir aber wünschen, dass an dieser Stelle noch mehr passiert.

Nicht nur Rechtsextremisten, auch Corona, die Flut, der Krieg, der Schutz kritischer Infrastrukturen, Klimakleber und Migration fordern unsere Sicherheitsbehörden.

(Zuruf der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Anstatt sie weiter zu stärken, ruht sich die Ampel auf den Aufwüchsen der Vergangenheit aus, auf dem, was wir über die letzten Jahre sukzessive jedes Jahr an Mitteln und Möglichkeiten zur Verfügung gestellt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gerade die von Ihnen großartig angekündigte Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage, für die ich Sie ausdrücklich gelobt habe und die ich ganz hervorragend finde, ist nach zwölf Monaten, liebe Ampelkollegen, immer noch nicht umgesetzt. Ich finde, unsere Polizistinnen und Polizisten können zu Recht erwarten, dass Sie Wort halten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Sie haben die Eckpunkte für das KRITIS-Dachgesetz vorgestellt. Das finde ich gut. Das ist ein richtiger, ein wichtiger Schritt, aber ich hoffe, dass diesen Eckpunkten in schnellen Schritten mehr folgt.

Lassen Sie mich, bevor ich zum Schluss komme, noch eine Frage stellen, die sich während der Haushaltsberatungen ergeben hat; vielleicht, Frau Innenminister, können Sie heute etwas zur Aufhellung beitragen.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Es steht die Frage im Raum, ob Sie und die Ampel die Stelle des Präsidenten der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung von B 6 auf B 8 gehoben haben, um die Versetzung von BSI-Chef Schönbohm vorzubereiten. Es geht hier immerhin um einen Betrag von 1 100 Euro pro Monat, vielleicht auch noch ein bisschen mehr. Vielleicht könnte man zu diesem Vorgang heute etwas sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Alles in allem empfinden wir den Haushalt als enttäuschend, die Bilanz nach dem ersten Amtsjahr ebenfalls. Ein sinkender Haushalt für das Innenministerium in diesen Zeiten ist kein gutes Zeichen. Damit wird man den sicherheitspolitischen Herausforderungen nicht gerecht. Wir werden ihn daher ablehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Herr Hoppenstedt, Sie können sich freundlicherweise schon einmal Gedanken machen, wem ich die Minute abziehen darf.

Als nächste Rednerin hat Frau Bundesministerin Nancy Faeser für die Bundesregierung das Wort.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548585
Wahlperiode 20
Sitzung 70
Tagesordnungspunkt Inneres und Heimat, Datenschutzbeauftragter
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