Josef RiefCDU/CSU - Ernährung und Landwirtschaft
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Der Regierungsentwurf für den Einzelplan 10 war mehr als enttäuschend. Es gab aber noch Hoffnung, dass Sie in den Haushaltsberatungen etwas mehr für die deutschen Bauern und den ländlichen Raum tun würden. Doch außer Lippenbekenntnissen nichts!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: So ist es! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Besser als der letzte ist er allemal!)
Auch weiterhin bleibt der Zuschuss zur Unfallversicherung für die Landwirte um 77 Millionen Euro reduziert. Die Betriebe müssen jetzt 18 Prozent mehr für die Versicherung bezahlen. Die aufgestockten EU-Hilfen hatten das in 2020 zwar noch etwas abgefedert, in 2023 schlägt das Ganze aber voll zu. Wir stellen heute noch einmal einen Antrag dazu. Liebe Ampelkolleginnen und ‑kollegen, das ist Ihre Chance, heute eine schlimme Fehlleistung zu heilen.
(Beifall des Abg. Albert Stegemann [CDU/CSU])
Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben mehr Tierwohl versprochen. Sie haben gesagt, Sie machen das jetzt. Das Gegenteil ist der Fall. Die völlig unzureichenden 150 Millionen Euro aus dem Regierungsentwurf müssen nun zu einem Drittel für laufende Kosten der Umstellung herhalten. Also stehen nur 100 Millionen Euro für den Stallumbau zur Verfügung und damit noch mal weniger. Ich war auf der EuroTier und habe mir das angeschaut. Wir brauchen so mindestens 30 Jahre, bis alle Ställe modernisiert sind.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo haben Sie denn rechnen gelernt?)
So wird das nie ein Erfolgsprogramm.
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: So ist das!)
Meine Damen und Herren, die Bauern sollen einen Porsche produzieren und der Landwirtschaftsminister will nur ein Mofa finanzieren. So geht das nicht.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)
Sie hätten das Geld zusätzlich von Herrn Lindner holen müssen. Und Sie verzichten auf die Kofinanzierung der Länder, die automatisch über die GAK bis zu 40 Prozent dazugegeben hätten.
Letztlich ist klar, dass Sie mit Ihrem Vorhaben scheitern werden. Das hilft den Tieren nicht und ruiniert die Bauern. Das verpflichtende Tierwohl-Label ohne zusätzliches Geld für die Tierwohl-Ställe heißt: Deutsches Fleisch wird teurer, und im Supermarkt liegt ungelabeltes Billigfleisch von irgendwo auf der Welt.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben nicht! Es ist verpflichtend!)
Wenn man Ihnen diese Woche bei Frau Maischberger zugehört hat, könnte man glauben, es sei alles in Butter: Es gibt große Probleme – da stimmen wir zu –, aber die lösen Sie, und wo es klemmt, liegt es an der Größe des Rades, das gedreht werden muss.
Sie beklagen die Umsatzeinbußen in Hofläden. Unseren Vorschlag, Liquiditätshilfen für Direktvermarkter und Ökobetriebe aufzulegen, hat Ihre Koalition im Haushaltsausschuss sogar zweimal abgelehnt. Eigene Lösung? Fehlanzeige! Es wäre ein Treppenwitz, wenn es Ihnen ginge wie Kollegin Künast, in deren Ministerzeit prozentual die meisten Betriebe aufgeben mussten.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch das ist falsch!)
Ihre Amtszeit könnte die Zeit sein, in der die meisten Ökobetriebe aufgeben müssen, weil Sie sie im Regen stehen lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: So ist es! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welcher Regen? Weil Sie keinen Klimaschutz machen, gibt es ja gar keinen Regen mehr!)
Wir haben vorgeschlagen, mit 100 Millionen Euro der Ausgabenreste, die im Agrarhaushalt zu erwarten sind, schnell zu helfen. Es darf doch nicht wahr sein, dass in Zukunft noch mehr Bioprodukte aus dem Ausland kommen. Wenn wir böse wären, würden wir, Herr Minister, Ihr Handeln als Schaulaufen bezeichnen. Deshalb: Zeigen Sie ein Herz für unsere Landwirtschaft, die unter Energiepreisen und Kriegsfolgen zu leiden hat, und für den ländlichen Raum.
Sie kürzen die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ gerade da, wo es um ländliche Räume geht. Das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung wird umbenannt, bekommt 3 Millionen Euro mehr, aber viel, viel mehr Aufgaben. Und erst von 2025 bis 2030 soll es dann im Programm tatsächlich auch wieder mehr Geld geben. Die Ampelkollegen feiern das in der Fachpresse, als hätte es die Mittel jetzt gegeben. Das ist Augenwischerei; denn langfristig soll das Budget des Bundeslandwirtschaftsministers Stück für Stück schrumpfen.
Herr Minister, wir brauchen jetzt Ihren entschlossenen Einsatz für die deutschen Bauern und für die Ernährungssicherung, nicht in Talkshows, sondern im Ministerium. Sorgen Sie für mehr Geld fürs Tierwohl und eine Kofinanzierung der Länder. Gehen Sie die Genehmigungsprobleme im Baurecht und beim Immissionsschutz an. Sichern Sie Qualität und Menge auf den Äckern und in den Ställen. Ein Zögern und Zaudern lassen wir Ihnen nicht nochmals durchgehen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Rede hätten Sie mal vor 16 Jahren halten sollen! Das wäre was gewesen!)
Gehen Sie die Probleme der Ernährungswirtschaft schnell und konsequent an, sonst könnten Sie als Minister und die Ampelkoalition mit der größten Anzahl an aufgebenden Betrieben in Deutschland schlechte Geschichte schreiben.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habt ihr doch zu verantworten!)
Das wollen wir nicht, und das können auch Sie nicht wollen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Vielen Dank, Herr Kollege Rief. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Sebastian Schäfer, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548622 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |