Matthias MierschSPD - Ernährung und Landwirtschaft
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Wochen hat die wichtigste Stiftung in der Bundesrepublik Deutschland in dem Bereich, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, zwei jungen Frauen einen Ehrenpreis verliehen, nämlich Myriam Rapior , der früheren BUNDjugend-Vorständin, und Kathrin Muus als Vertreterin des Bundes der Deutschen Landjugend. Diese beiden jungen Frauen haben aus meiner Sicht das geschafft, was eigentlich der Schlüssel für unsere zukünftige Landwirtschaftspolitik sein muss, nämlich über die Gräben hinweg gemeinsam Formulierungen in der Zukunftskommission Landwirtschaft zu finden, bei denen Landwirtschaft nicht gegen Ökologie und gegen Ökonomie gedacht wird, sondern zusammen. Für die Sozialdemokratie kann ich sagen: Das ist unser Bild von Landwirtschaft. Es geht nur miteinander und nicht gegeneinander, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Lieber Herr Rief, wenn Sie dem Bundeslandwirtschaftsminister Talkshowauftritte vorwerfen,
(Josef Rief [CDU/CSU]: Nö!)
dann muss ich Ihnen schon sagen: Das, was ich die letzten vier Jahre mit einer Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner erlebt habe, war leider nicht nur Talkshow, sondern auch ganz viel Hochglanz ohne irgendeinen Inhalt drin. Insofern bin ich froh, dass dieser Landwirtschaftsminister nun liefert, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das ist ja lächerlich!)
– Herr Stegemann, wenn Sie jetzt sagen: „Das ist ja lächerlich“, muss ich antworten: Das, was Sie gesagt haben, fand ich ehrlicherweise auch etwas lächerlich. Wenn Sie uns hier vorwerfen, wir wüssten nicht, wie es auf Höfen in Deutschland aussieht, dann will ich Ihnen sagen: Sie wissen es vielleicht; aber wer sich die Hofstruktur der Landwirtschaftspolitikerinnen und ‑politiker der Union der letzten Jahre mal anguckt, kann sich schon die Frage stellen, für welche Art von Landwirtschaft eigentlich hier Politik und Lobbyismus gemacht worden ist.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Ganz fieser Stil, Herr Miersch! Das ist billig!)
Deswegen bin ich froh, dass hier jetzt etwas gelingt, das wir vier Jahre in der Großen Koalition nicht geschafft haben. Endlich schaffen wir im Bereich des Tierwohls ein verbindliches Tierwohllabel, das natürlich auch flankiert werden muss mit einer entsprechenden Finanzierung und mit baurechtlichen Anpassungen als Grundvoraussetzung, damit Landwirte tatsächlich in mehr Tierwohl investieren können, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Sie haben es beim letzten Mal doch verhindert!)
– Nein, wir haben es nicht verhindert, Herr Stegemann.
(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Doch, genau das haben Sie gemacht!)
– Ihre Ministerin war nicht in der Lage, die Grundlagen dafür zu schaffen. Wir werden noch im Dezember hier die Grundlagen diskutieren und dann in diesem Parlament eine verbindliche Kennzeichnung einschließlich der Finanzierung beschließen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Gucken wir!)
– Ja, das können Sie gerne beobachten. Sie können sich sogar konstruktiv mit einbringen; Sie sind herzlich eingeladen. Wir nehmen auch weiterhin gerne Anregungen mit auf.
Ich will aber neben dem Tierwohl hier auch ganz bewusst einen anderen Aspekt, der ein bisschen ein Rand- und Nischenthema ist, ansprechen. Wir erleben gerade in diesen Tagen und Wochen, dass neben Energie Wasser und Ernährung die zentralen Bestandteile unseres Zusammenlebens sind. Gestern haben hier in Berlin viele Menschen gegen die weitere Patentierung von Pflanzen und Lebewesen demonstriert. Das ist ein Nischenthema. Aber ich sage ganz bewusst: Es ist richtig, hier Gelder für Genforschung einzustellen und sich sehr genau mit den Gefahren und möglicherweise auch mit den Chancen zu beschäftigen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber ich sage auch ganz bewusst: Wer das tut, der muss gleichzeitig auch die Strategie von großen Konzernen der letzten Jahrzehnte im Blick haben und sich vergegenwärtigen, was mit neuen Züchtungsmethoden teilweise passiert ist. Wenn wir, ähnlich wie wir es im Energiesektor viele, viele Jahrzehnte hatten, auch im Bereich der Ernährung eine Konzentration des Saatguts auf wenige haben, dann haben wir Abhängigkeiten, die genau die Vielfalt der Landwirtschaft einschränken, sowohl international als auch national. Das dürfen wir nicht zulassen. Deswegen müssen wir diese Entwicklung ganz genau im Blick haben.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Präsident, der jetzt gerade mit der werten Präsidentin gewechselt hat, hat eben von „Genuss und Landwirtschaft“ gesprochen. Ja, da hat er recht. Aber wir sehen auch: Landwirtschaft der Zukunft ist die Schlüsselfrage dieser Gesellschaft. Insofern bedanke ich mich bei allen, die im ersten Jahr an dieser Landwirtschaftspolitik der Ampel mitgearbeitet haben. Wir haben noch eine Menge vor uns. Ich bin sicher: Wir werden in den nächsten drei Jahren noch Großes bewegen können.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort erhält Dr. Gero Clemens Hocker für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548632 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |