Stefan Seidlerfraktionslos - Ernährung und Landwirtschaft
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, Ihnen zuzuhören, wenn man noch kein Abendessen gehabt hat. Aber vielen Dank dafür!
(Heiterkeit)
Lassen Sie mich bei diesem Einzelplan einen besonderen Blick auf einen ganz anderen Bereich werfen, nämlich den Küstenschutz, für den Ihr Haus auch zuständig ist, Herr Minister Özdemir. Vor wenigen Tagen, am 12. und 13. November, gedachten wir im Norden an vielen Orten entlang der Ostseeküste der Opfer des großen Sturmhochwassers von 1872. Damals verloren über 270 Menschen über Nacht ihr Leben, Tausende Familien wurden obdachlos, ganze Orte wurden weggespült. In Flensburg, in Eckernförde und in anderen Orten an unserer Ostseeküste stiegen die Pegel um über 3 Meter. Heute wissen wir, dass zu hohe Pegelstände und Hochwasser aufgrund des Anstiegs des Meeresspiegels und des Klimawandels bald häufiger bei uns auftreten werden.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Was war es denn damals?)
Die Menschen im Norden sind alarmiert. Bei einer Katastrophe wie vor 150 Jahren wäre heute ein Vielfaches an Opfern und Schäden zu beklagen. Hunderttausende Menschen und Milliarden Euro an Sachwerten sind an unseren Küsten bedroht. Das zeigt: Küstenschutz hat höchste Priorität verdient.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP] und Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])
Die Aufstockung um 25 Millionen Euro für den Küstenschutz im vorliegenden Haushalt ist eine begrüßenswerte Steigerung und ein klares Signal von Ihnen. Vielen Dank! Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist leider nur ein kleiner Tropfen in die große Nordsee oder in unsere Ostsee. Die Ausgaben, vor denen wir stehen, für die Ertüchtigung von Deichen, für die Sicherung von Dünenlandschaften, für Entwässerung und für Schleusen sind massiv, und sie werden steigen. Hinzu kommt ein strukturelles Problem bei der Finanzierung. Der Bund fördert nämlich nur Neubaumaßnahmen und nicht den Unterhalt. Küstenschutz ist eine Aufgabe von Bund und Ländern. Es braucht gemeinsame Verantwortung, auch beim Unterhalt. Aber – und jetzt kommt ein Satz, der in der Haushaltswoche vermutlich nicht so oft fällt – mehr Geld alleine wird das Problem nicht lösen.
(Frank Schäffler [FDP]: Sehr gut! – Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr! Guter Mann!)
Auch der Fachkräftemangel trifft den Küstenschutz. Tatkräftige Expertinnen und Experten für den Deichbau sind stark umworben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim Küstenschutz stehen wir durch den Klimawandel vor einer Jahrhundertaufgabe. Trotzdem verlieren wir uns noch zu oft im politischen und administrativen Klein-Klein zwischen Berlin, den Küstenländern und den Kommunen im Norden. Wir brauchen Lösungen für die Menschen an der Küste und klare Strukturen. Ich denke in erster Linie an eine bessere Koordinierung. Wir müssen die strukturellen Probleme des Küstenschutzes gemeinsam anpacken. Wir brauchen eine koordinierende Stelle. Herr Minister, ich denke, es ist Zeit für einen Bundesbeauftragten oder eine Bundesbeauftragte für den Küstenschutz.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Gyde Jensen [FDP] und Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])
Die letzte Rednerin in dieser Debatte ist Dr. Franziska Kersten für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548640 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |