25.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 71 / Tagesordnungspunkt II

Christian HaaseCDU/CSU - Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2023

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will einsteigen mit dem Dank an die Mitarbeiter, die uns seitens des Haushaltsausschusses während der Haushaltsberatungen begleitet haben, den Mitarbeitern in unseren Büros, die uns in der Vorbereitung viel Arbeit abgenommen haben, und natürlich den AG‑Mitarbeitern aus unserer Fraktion. Der Dank gilt natürlich auch allen Kolleginnen und Kollegen aus dem Haushaltsausschuss, insbesondere unserem Vorsitzenden Helge Braun.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich möchte in dieser Schlussrunde nicht mit einzelnen Anträgen rumwedeln, und es geht mir auch ausdrücklich nicht um die aktuelle Krisenhilfe. Ich möchte, dass wir zum Schluss noch einmal über die großen Linien diskutieren; denn ich glaube, in unserem Land läuft etwas schief. Die fetten Jahre sind vorbei. Dem mögen die meisten in diesem Haus noch zustimmen. Aber welche Konsequenzen ziehen wir denn daraus? Der Kanzler redet von „Führung“ und „Zeitenwende“, aber diese Regierung führt Deutschland nicht als Anführer aufs Feld. Da trägt niemand eine Kapitänsbinde. Wenn diese Regierung etwas trägt, meine Damen und Herren, dann ist es eine Augenbinde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Momentum im Frühjahr, dieses Land in eine neue Zeit zu führen, wurde verpennt – so hat es Friedrich Merz in der Generaldebatte richtigerweise kritisiert. Unser Land muss die Augenbinde endlich ablegen und aus dem Dornröschenschlaf erwachen.

Es treibt mich um – ganz persönlich –, dass wir Deutschen eine Vollkaskomentalität entwickelt haben.

(Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben Sie doch verstärkt!)

Die Sozialstaatsquote hat sich seit den Wirtschaftswunderzeiten fast verdoppelt. Zwei Drittel der Deutschen antworten auf die Frage, wer die Kosten der hohen Inflation tragen soll: der Staat.

(Stephan Brandner [AfD]: Der Staat hat sie ja auch verursacht! Wer soll sie denn sonst tragen?)

Diese Anspruchshaltung erleben wir nicht nur bei Verbrauchern, sondern mittlerweile auch bei Unternehmen. Immer mehr Zuwendungsempfänger hängen vom Geld des Bundes ab.

(Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Liegt das auch an Corona? – Stephan Brandner [AfD]: Wie wir Abgeordneten!)

Sind Eigenverantwortung und Selbsthilfe ein Relikt aus vergangenen Zeiten? Soll sich der Staat denn um alles kümmern müssen? Wenn der Staat uns auch noch das Denken abnimmt, dann nenne ich das Sozialismus und nicht mehr soziale Marktwirtschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: Merkelismus ist das!)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Mentalität ist uns nicht angeboren. Sie ist das Ergebnis einer langen wirtschaftlichen Erfolgsphase und der Illusion, der Staat löse Krisen und Herausforderungen zum Nulltarif. Das sage ich auch ein Stück weit mit Selbstkritik an meiner Partei. Was beim Aufbau Ost und der Finanzkrise 2009 noch gelungen ist, ist bei der Energiewende gründlich gescheitert. Trittins Kugel Eis ist leider längst in der Sonne geschmolzen.

Die Ampel heizt diese Entwicklung weiter an, anstatt sie zu stoppen. „ You will never walk alone“ und Doppel-Wumms sind das Motto. Das Bürgergeld signalisiert allein sprachlich, dass man sich ums Geld erst einmal keine Sorgen machen muss. Der ÖPNV soll möglichst kostenlos werden,

(Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 49 Euro! Nicht kostenlos!)

und im Energieministerium erleben wir Planwirtschaft. SPD und Grüne reiten voran, und für die FDP bleibt leider nur die Rolle des Steigbügelhalters. Olaf Gersemann schreibt dazu in einem Artikel in der „Welt“ – ich zitiere –:

Noch gravierender aber ist wohl die fiskalische Omnipotenz-Illusion, die die Ampelkoalition eifrig blank poliert. Wem ein „Never alone“, ein „Unterhaken“ versprochen wird, der geht im Zweifel gar nicht erst selbst los. Die Erwartung des Vollkasko-Schutzes in Katastrophenfällen aller Art kann nicht anders als lähmend wirken.

Diese Lähmung gilt in zweierlei Hinsicht. Zunächst lähmt dieses Vorgehen die Innovations- und Leistungsbereitschaft in unserer Gesellschaft. Die Folgen der deutschen Einheit und der Finanzkrise haben wir nur dadurch überwunden, weil Wirtschaftswachstum und fast Vollbeschäftigung die nötigen Steuern eingebracht haben. Die zweite Gefahr sind die sich anhäufenden Schuldenberge. Nicht umsonst heißt es: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. – Dabei sind wir schon jetzt ein Hochsteuerland.

Meine Damen und Herren, die Leute, die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, sind da viel weiter, als wir glauben. Sie spüren, dass wir hier überziehen. Sie machen sich Sorgen, wer denn die Schulden alle bezahlen soll. Sie wollen keinen Staat, der alles bestimmt. Sie spüren, dass es wieder Zeiten gibt, in denen wir uns alle anstrengen müssen – alle, wirklich alle in diesem Land.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, appelliere ich an Sie: Wecken Sie die Wachstumskräfte in diesem Land, anstatt sie ständig mit Vollkaskoideen, mit neuer Bürokratie und Steuervisionen zu verhindern! Hören Sie an dieser Stelle öfter einmal auf Ihren Finanzminister! Lassen Sie Forschung und Gründergeist zu, anstatt Ergebnisse politisch vorzugeben! Stärken Sie auf europäischer Ebene und in Deutschland die Schuldenbremse, anstatt dauernd zu überlegen, wie man sie umgehen kann! Deutschland kann mehr, man muss es nur wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Andreas Schwarz das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548737
Wahlperiode 20
Sitzung 71
Tagesordnungspunkt Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2023
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