Dieter StierCDU/CSU - Bewerbung für die Ausrichtung der Olympischen Spiele
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute darüber, wie wir den Weg für die Ausrichtung Olympischer Spiele in Deutschland ebnen können. Lassen Sie hier auch mich zu Beginn meiner Ausführungen ganz klar sagen: Als Sportpolitiker wünsche ich mir kaum etwas anderes mehr als Olympische Spiele in Deutschland. Ich glaube, kein Athlet und keine Athletin wünscht sich etwas sehnlicher, als Sport im eigenen Land vor großer Kulisse auszuüben.
Olympische und Paralympische Spiele sind ein Dekadenprojekt für Investitionen in Sportstätten, in die beteiligten Städte und Regionen. Sie sind damit auch insgesamt gut für den Sport. Gerade jetzt nach Corona müssen wir die Menschen wieder für den Sport und für mehr Bewegung begeistern. Hier könnte die aktuelle Bundesregierung, übrigens unabhängig von einer Olympiabewerbung, deutlich mehr machen.
Aber, meine Damen und Herren, Olympische Spiele werden in Deutschland nicht deshalb Realität, weil es die Bundesregierung, wie von Ihnen gefordert, anweist. Der antragstellenden Fraktion sage ich: Das funktioniert vielleicht bei Ihrem Freund Putin, aber nicht bei uns.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zuständig für eine Bewerbung um Olympische Spiele – das haben wir heute schon gehört – ist in erster Linie der organisierte Sport in Autonomie und damit der DOSB. Da fällt es schon auf, dass Sie nicht auf die Ergebnisse der im Sportausschuss durchgeführten Anhörung zur Zukunft nationaler und internationaler Sportgroßveranstaltungen eingehen. Wir haben dort nämlich gehört, dass eine Olympiabewerbung für 2030, wie von Ihnen gefordert, überhaupt nicht mehr realistisch ist.
(Widerspruch des Abg. Jörn König [AfD])
Wir alle sind uns einig, dass die Unterstützung der Bevölkerung eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Olympiabewerbung ist. Auch Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die letzten Bemühungen um Olympische Spiele in Deutschland an diesem Punkt gescheitert sind. Leider haben Sie Ihren Antrag nicht dazu genutzt, hieraus Schlussfolgerungen zu ziehen und Konzepte anzubieten. Wahrscheinlich haben Sie beim Schreiben Ihrer Anträge diesem Thema weniger Zeit gewidmet als der Darstellung, wo seit 1972 überall Olympische Spiele stattgefunden haben.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie fordern zwar, dass die Bevölkerung frühzeitiger in den Bewerbungsprozess eingebunden wird. Sie fordern gleichzeitig aber auch, dass sich der DOSB für die voraussichtlich im nächsten Sommer zu vergebenden Olympischen Winterspiele 2030 bewerben soll. Das passt nicht zusammen, meine Damen und Herren. Entweder sind Sie so naiv, dass Sie eine aussichtsreiche Einbindung der Bevölkerung für möglich halten, oder Ihnen ist dieses Anliegen doch nicht so wichtig. Als naiv – es tut mir leid, Herr König, dass ich Ihnen das so sagen muss – bezeichne ich jedenfalls Ihre Behauptung, dass aufgrund der vorhandenen Sportstätten und der vorliegenden Planungen für München nur noch wenige strittige Punkte geklärt werden müssten. Auch Ihnen dürfte aufgefallen sein, dass aufgrund der aktuellen Inflation einige dieser Planungen nicht mehr einfach so übernommen werden können.
Ebenso dürften selbst Sie bemerkt haben – wir haben das in vielen Gesprächen bei den European Championships 2022 erfahren dürfen –, dass sich auch die Anforderungen an Sportstätten, an die Infrastruktur, an Nachhaltigkeit und an vieles mehr seit 1936 und seit 1972 deutlich verändert haben. Das sollten Sie bitte zur Kenntnis nehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Jörn König [AfD]: Wir haben doch acht Jahre Zeit! Acht Jahre!)
Dass Sie für die von Ihnen in München geforderten Winterspiele auch eine Beteiligung von Wintersportgebieten in Mitteldeutschland nur als eine denkbare Notlösung ins Spiel bringen, wenn es in den Regionen Garmisch-Partenkirchen oder Traunstein kein Interesse gibt, stellt für mich als Abgeordneten aus Sachsen-Anhalt eine grobe Geringschätzung der neuen Länder dar.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Philipp Hartewig [FDP] – Zuruf des Abg. Jörn König [AfD])
Ich, meine Damen und Herren, halte das Nachdenken über Spiele im Osten unseres Landes für eine gute Möglichkeit, wirtschaftsarme, vom Strukturwandel besonders betroffene Regionen zu unterstützen. Ich glaube, das würde auch der Zustimmung in der Bevölkerung – wir haben das vom Kollegen Lehmann gehört – überhaupt nicht abträglich sein.
Sie fordern möglichst schnell viele Bewerbungen. Wir fordern eine Olympiabewerbung mit Qualität anstelle von Quantität. Nur eine Olympiabewerbung, meine Damen und Herren, welche von den Sportverbänden, den austragenden Regionen und vor allem der Bevölkerung mitgetragen wird, hat auch Aussicht auf Erfolg. Ihre gewünschte übereilige Bewerbung wäre daher eher kontraproduktiv. Sie bringt uns dem Ziel von erfolgreichen Olympischen Spielen in Deutschland kein bisschen näher. Ihre Anträge werden deshalb von der Union heute abgelehnt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Jörn König [AfD]: Das war zu erwarten!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548840 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 72 |
Tagesordnungspunkt | Bewerbung für die Ausrichtung der Olympischen Spiele |